Nam June Paik
Seit einigen Jahren fasziniert mich Video- und Medienkunst. Ein Teilgebiet der ausstellenden Kunst, die man nur im Raum erleben kann. Was bedeutet, dass man überhaupt keine Wahl hat: Man muss in Museen gehen. Zu hause, aus Büchern oder TV-Dokumentationen wird man nicht schlau. Auf Videokunst muss man sich einlassen, alle Sinne auf Durchlauf schalten und die rationale Gehirnhälfte abschalten.
Im letzten Jahr hatte ich mit Julian Rosefeldt (http://lomax.over-blog.de/article-julian-rosefeldt-american-night-42203916.html) meinen ersten Referenzkünstler gefunden. Rosefeld beeindruckte durch cineastisch nachvollziehbarer Medienkunst. Bei dem Koreaner stellt sich der erste Eindruck etwas verwirrender dar.
Paik (1932 – 2006) gilt als der Begründer der Videokunst und initiierte als ausgebildeter Komponist, experimentelle Musikaufführungen. Diese für damalige Zeiten aufrüttelnden Konzerte sind natürlich schwer nachvollziehbar, wenn man nicht zu der Zeit gelebt hat, als John Cage, Charloote Moorman, Karl-Heinz Stockhausen und Joseph Beuys ihr „Unwesen“ trieben.
Im Museum Kunst Palast zu Düsseldorf kann man derzeit versuchen dies alles nachzuvollziehen. So kann man auch in einem Film Joseph Beuys sehen, wie er in einem gemeinsamen Konzert mit Nam June Paik Klavier spielt. Beuys ein Weggefährte Paiks und ewiger Provokateur sitzt mit Rucksack und Wanderstock am Klavier und spielt unsinnige Läufe, die keinen melodischen Zusammenhang haben. Interessant, wie immer bei solchen Aufführungen, sind die Zuschauer, die mit gequälten Blick dem Spiel lauschen. Was zählte war die schöpferische Idee, nicht der Anspruch des Handwerks!
Somit ist „Fluxus“ auch ständiger Begriff der Ausstellung. Und vielleicht gelingt das „fließende“ in Düsseldorf tatsächlich.
Man kann sich völlig unwissend in die Vielzahl der skulpturalen Werke von Paik werfen und sich teils verzaubern, abschrecken und amüsieren lassen. Höhepunkt dürfte die Installation „Laser Cone“ sein, in dem der Besucher selbst zum Teil der beeindruckenden Lasertechnik wird.
Die Ausstellungskuratoren haben zwei wesentliche Dinge berücksichtigt: Nämlich nicht davon auszugehen, dass ein jeder Besucher Paik kennt und versteht. So gibt es zahlreiche Dokumente, Briefe, Fotos und Filme zu sehen, die einen Einblick in das Leben des offensichtlich schrägen, aber beherzt amüsanten Künstlers geben. Außerdem wurden die unfassbaren architektonischen Möglichkeiten der großen Räume des Kunstpalastes im Ehrenhof genutzt, so dass man die Eindrücke und Anstöße von Paik tatsächlich fließen lassen kann.
Sehr zu empfehlen! Die Ausstellung in Düsseldorf läuft noch bis zum 21. November 2010.
„Our Life is half natural and half technological. Half-and-half is good. You cannot deny that high-tech is progress. We need it for jobs. Yet if you make only hightech, you make war. So we must have a strong human element to keep modesty and natural life“ Nam June Paik
Alan Lomax