Nachhaltigkeit ist ein Trugschluss, eine Ausrede
Man stelle sich folgende Notiz in seinem Kalender vor:
05:00 Uhr Aufstehen (Wecker halbe Stunde vorstellen)
05:30 Uhr Frühstücken (Eintrag einen Abend zu vor: Brot vorschmieren, um schneller zu sein)
06:00 Uhr Ankunft Flughafen Düsseldorf (anderthalb Stunden vor Abflug, obwohl am Vorabend schon Online eingecheckt), um Parkplatz im zum Gate nahen Parkhaus 3 zu bekommen
07:00 Uhr Zu spät am Gate. Eine Stunde Parkplatz in P3 gesucht. Keinen gefunden, zwischen zeitlich 2x !! wieder raus gefahren
07:15 Uhr Sitzplatz am Gang eingenommen
08:15 Uhr Ankunft München Flughafen (zwischen zeitlich warme Laugenstange und Kaffee eingenommen und wie alle Passagiere kurz Zeitung gelesen)
08:30 Uhr Einstieg S8 in Richtung München Marienplatz. Fahrt eine Stunde (nach einem dreißig Minuten Sprint von Terminal 1 zu Terminal 2 und komplizierten Fahrkartenkauf, da 2 von 4 Ticketautomaten defekt waren
09:30 Uhr Ankunft Marienplatz, Umsteigen in U-Bahn (nachdem ich eine Stunde, zwischen ca. 1.000 Männern in der Bahn stand, die bis dahin die selbe Leidensgeschichte hinter sich haben wie ich und sich nur dadurch unterscheiden, dass sie Krawaten tragen!)
10:00 Uhr Ankunft Termin. Tatsächlich noch eine halbe Stunde Zeit! Erste Zigarettenrauchmöglichkeit nach 5 Stunden! …und verzweifelte Suche nach einem WC
12:00 Uhr Ende Kundenpräsentation
12:05 Uhr Zweite Zigarette, endlich mal durch atmen.
…aber nur 2 Stunden Zeit um wieder zurück zum Flughafen zu kommen!
Also los, keine Zeit um etwas zu Essen!
12:10 Uhr Zweites U-Bahn Ticket des Tages, € 9,60 (geht bestimmt auch billiger, aber wer hat schon Zeit, sich die unterschiedlichen Tarife in der Kürze durchzulesen)
12:20 Uhr Marienplatz, Umsteigen in S8. Bahnsteige und Bahnen sind so voll, dass ich nun erst den zweiten Zug in Richtung Flughafen nehmen kann. Im Hintergrund läuft klassische Musik. Die Menschen auf den Bahnsteigen schweigen. Kaum jemand ist zu zweit unterwegs. Unerträgliche Stille
13:45 Uhr Ankunft Flughafen (diesmal einen Sitzplatz ergattert,aber komplett abgelengt von einem Sitznachbarn der mit seiner Reisestelle telefoniert, um die kommenden Tage zubesprechen. Wichtig für ihn sind weniger die komfortablen Zeiten, als dass seine Meilenbonuskarte berücksichtigt wird)
14:00 Uhr Check In Terminal 1 (ich entscheide mich gegen die Quick-Check Computer, weil ich eine menschliche Stimme hören möchte. Diese fragt mich, warum ich mich nicht Online einchecke!
14:15 Uhr Sicherheitskontrolle (obligate Frage, haben Sie ein Notebook dabei?)
14:30 Uhr Laugenbrezel und Weißbier am Stand des Hofbräuhauses
14:45 Uhr Abflug München (wieder Gangplatz, diesmal allerdings sind alle drei Plätze besetzt. Neben mir sitzt ein ca. 1,90 m großer Mann der wie ich über 100 Kg wiegt. Neben ihm am Fenster eine Frau die ca. 1,80 m groß ist und doppelt soviel wiegt, wie wir 2 Männer. Sie benötigt einen Zusatzgurt. Zwischen den Sitzen, verteilt sich nur menschliche Masse
14:45 Uhr kurz über Frankfurt die immer gleiche Frage. Möchten Sie was trinken? Ja, einen Kaffee! Schwarz! Schwarz? Schwarz!! Was kaltes dazu? Nein, danke! Süss oder Salzig? Salzig! (die Flugkellnerin der Airline meint den allseits beliebten Snack, der kostenfrei verabreicht wird). Mein dritter Snack des Tages
15:25 Uhr Landung in Düsseldorf.
15:55 Uhr 20 Minuten später, darf ich mich wieder hinstellen. 20 Minuten hat es gedauert, bis ich an der Reihe bin auszusteigen!
16:05 Uhr Parkautomat! 24 EURO bitte!
16:15 Uhr nach 10 Minuten Auto gefunden!
16:30 Uhr Autobahn Richtung Köln
18:00 Uhr nach andert halb Stunden Stau, Ankunft zu hause.
Fazit
13 Stunden unterwegs gewesen
60 Minuten netto Kundenpräsentation
138,20 EUR verursachte Kosten
1 Jahr gefühltes Leben verloren
2 kg real Gewicht verloren
4 Tage Nachfolge-Müdigkeit aufgrund:
- Zeitmangel
- fehlender gesunder Nahrungsaufnahme
- fehlender geistreicher Unterhaltung
- permanenter Hetze
- völliger Unfähigkeit überhaupt festzustellen, dass Individuen um einen herum sind.
Solche Tage sind Alltag für mich! Ich kann Sie nicht vermeiden. Sie kommen ca. 1 x im Monat vor. Das geht noch. Ich kenne Menschen, die tun sich das 2x und häufiger die Woche an. Der Ablauf ist immer der gleiche. Die Menschen habe alle die gleiche Kleidung, gehen die gleichen Wege, bewegen sich gleichförmig.
Das alles hat nichts mehr mit komfortablen Reisen zu tun. Um diese Beschreibung zu toppen! Die Menschen und Geschäftsreisende, haben das Reisekosten einsparen entdeckt! Dabei wird ihnen von Verkehrsbetrieben, Airlines, Hotels und der Systemgastronomie vorgegaukelt, günstig, aber doch qualitativ hochwertig unterwegs zu sein.
Ein schlimmes Beispiel dafür sind kostengünstige Designerhotels. Diese nennen sich auch Motels mit einer niedrigen Zahl dahinter. In diesen Hotels übernachten Reisende aus allen Managementklassen, aller Berufsgattungen. Ein Gesprächsthema auf jedem Flughafen, ein Übernachtungshype. Das alles für ca. 60 Euro. Die Hotels sind angeblich designgerecht eingerichtet. In Wirklichkeit sieht man billiges Material, dass allerdings zeitgemäß ist. In diesen Hotels gibt es keinen Service. Noch nicht mal einen Weckservice. Da die Zimmer keine Telefone haben. Man kann sich allerdings einen Wecker ausleihen. Das Frühstück ist qualitativ unter dem Niveau eines ungesunden Analogessens. Günstig und katastrophal. Die Snacks die Abends an der Bar verabreicht werden, hat ein bekannter Fernsehkoch kriert. Sie schmecken fürchterlich.
Was müssen das noch für Zeit gewesen sein, in den siebziger und achtziger Jahre, als „nur“ wichtige Bosse und leitende Angestellte auf Geschäftsreisen gefahren sind. Das wahrscheinlich in Lufthansa-Maschinen mit einem leckeren Essen und hübschen sehr gut bezahlten Flugzeugkellnerinnen. Wahrscheinlich wurde man am Flughafen abgeholt. Man fuhr in ein schickes Innenstadthotel, machte sich frisch, bevor man zu einem sehr guten Essen mit seinem Geschäftspartner oder Kunden ging. Am nächsten Tag, wurde dann konferiert. Man trank frisch servierten Filterkaffee (keinen Milchkaffee oder ähnliches) und es gab lecker belegte Brötchen. Danach rauchte man eine gute Zigarre oder Zigarette. Man lies sich wieder zum Flughafen bringen. Dort erwartet einen bereits eine leere Lounge und eine schöne Zeitung mit individuell geschriebenen Artikeln. Dann hob man ab, flog nach Hause. Am nächsten Tag im Büro, bat man seine Sekretärin zum Diktat. Die Gespräche der vergangenen Tage wurde so dokumentiert. Es erwarteten einen keine 200 Emails von denen nur 2 relevant sind. Keine unnötigen Informationen und Geschäfte und Aufgaben die sowieso kaum jemand benötigt, aber trotzdem kauft. Aber das ist eine andere Geschichte. Es ist die Geschichte von unnötigen Dingen, die wir jeden Tag machen, konsumieren und einreden, dass wir ohne nicht mehr zu recht kommen.
Dabei ist das einzige was der Gesellschaft fehlt Zeit und Qualität. Die Rückbesinnung zur Langsamkeit und gegenwärtiger Freude. Nachhaltigkeit ist ein Trugschluss, eine Ausrede. Denkt mal drüber nach…
Alan Lomax