My Name ist Nobody - ?
Die Verwirrung des gesamten Werkes fängt bereits bei dem Titel an. My Name IS Nobody, My Name IST Nobody, MEIN Name ist Nobody.... Genau so weiter geht es mit der tatsächlichen Autorität des Regisseurs. Ist es nun tatsöchlich der Maestro Leone gewesen der für die großen Momente in diesem Film zuständig gewesen ist oder hat Tonino Valerii nur genial abgekupfert und ist aber für die fürchterlichen Sequenzen (Spiegelkabinett und laufende Soldaten hinter dem Zug) zuständig bzw. hat sie verbrochen. Ein bis heute ungeklärtes Rätsel. Selbst Terence Hill äußerte sich in einem Interview mit Thorsten Kaiser geheimnisvoll und sagt nicht eindeutig, dass Leone nicht nur Ideengeber und Produzent war, sondern sich auch massiv am Set eingemischt hat, ja sogar die gesamte Regie geführt hat.
Die innere Zerrissenheit des Filmes spürt man permanent. Wenn man aufmerksam zu sieht, kann man sogar während des großartigen Mimenspiels von Henry Fonda einige Fragezeichen entdecken. Gleichsam der Handlung der er folgt.
Il mio name è Nessuno sollte der große Abgesang auf den Western werden. Die prophetische Idee den Revolverhelden Henry Fonda als Ende einer Ära des größten aller Kinogenres einzusetzen und Terence Hill als Zukunft mit komödiantischen Anleihen und Bezug auf die Trinity/Bambino-Filme (eigentlich Trinità und Bambino) und alle ca. 3.000 gefühlte Italowestern. Dies ist aus Sicht fast aller Kinokenner grandios gescheitert. Kaum ein Kritiker hat den Film zu seiner Zeit verstanden und auch nachdem Tarantino mit gleichen Motivationen Pulp Ficiton drehte und berühmt wurde, hat der Film nicht den wiederaufflammenden Respekt bekommen den er eigentlich verdient hätte.
Den in Wirklichkeit ist „Nobody“ einer der interessantesten, widersprüchlichsten und visionärsten Filme in der Geschichte des Kinos.
Interessant weil es einige Sequenzen gibt die einem atemlos zurücklassen. Wer begeistert von der Eröffnungssequenz in Inglourious Basterds ist und den Anfang von Spiel mir das Lied vom Tod liebt, muss förmlich anfangen zu weinen, wenn er das erste Mal die Rasiermesseszene in Nobody mit den besten Schnittfolgen und einer bis zur Unerträglichkeit hochgedrehten Spannung verfolgt.
Die Musik von Ennio Morricone ist an Mut, Hommage, Leichtigkeit und Themen bezogener Interpretation kaum zu übertreffen. Die lustigen, leichten und sympathischen Sequenzen gefolgt von bitteren Zitaten und der mystischen „Wilden Horde“ und die licht durchfluteten Sequenzen der Prärie im stetigen Wechsel mit dem sich verändernden Alltag im sprichwörtlichem Westen sind meisterhaft umgesetzt.
Der Hinweis von Leone, dass sich das Kino ab den siebziger Jahren radikal verändern wird und man einen Weg zwischen Kunst und Kommerz finden muss, ist aber der für mich wichtigste Aspekt für diesen Film. Leone hat damit einen weiteren Meilenstein für das Kino gelegt. Das sich die ganze arrogante Cineastenschar und Kinokritiker nicht damit abfinden können und wollen ist und bleibt unverständlich, aber auch nachvollziehbar, wenn man sich die derzeitige Entwicklung im kommerziellen Kino ansieht. Es findet eine erneute Trennung zwischen Anspruch und Unterhaltung statt. Große epische Filme für ein Massenpublikum werden kaum noch gedreht, weil man versucht, zielgruppen-spezifische Filme, die sich dann auch konsequenter vermarkten lassen zu drehen. Oder wo sind die großen epischen Filme geblieben?
Alan Lomax