MOTETTE, Freitag, 30. März 2012, Thomaskirche, Leipzig - Ensemble Nobiles

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  3. April 2012, 16:43  -  #Konzerte

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Unter einer Motette versteht man einen mehrstimmigen Gesang ohne Instrumental-Begleitung. Es ist vorwiegend geistliche, kirchliche Musik. Ich vernahm dieser Art Töne in Leipzig das erste Mal in meinem Leben. Ausführende waren der Thomasorganist Ullrich Böhme und das Ensemble Nobiles: Christian Pohlers und Paul Heller, Tenor, Felix Hübner, Lucas Heller und Lukas Lomtscher, Bass. Es wurden Werke vorgetragen von Johann Sebastian Bach, Georg Christoph Biller, Michael Praetorius, Peter Cornelius, Erhard Mauersberger und Guillaume de Machaut.

http://www.ensemblenobiles.de/index.php/de/

Die menschliche Stimme ist das schönste Instrument auf der Erde.

Wie schön eine solche Stimme, mehrere Stimmen klingen können, das wurde mir an diesem Abend bewusst. Das Ensemble Nobiles war ausserordentlich beeindruckend. Nach einem, im positiven Sinne, aufreibenden Tag war innere Einkehr notwendig. Diese eine Stunde in der Thomaskirche hatte meditativen Charakter. Ich schloss die Augen und lauschte gebannt dem Vortrag. Es war harmonische Musik. Sie hatte einen äusserst beruhigenden Charakter und doch zwang sie mich meine Konzentration nicht zu verlieren. Harmonische Musik vermindert die neuronale Aktivität im Gehirn und so wurde ich innerlich immer ruhiger.

Faszinierend, wie erhaben und vielschichtig Musik klingen kann, wenn nur eine Stimme Töne formt. Ich fragte mich immer wieder über welche profunden Kenntnisse die Komponisten verfügen mussten, um so etwas schönes zu komponieren? Besonders deutlich wurde mir die Wirkung dieses Gattungsbegriffes der Motette in dem Gebet 'Kyrie' von Guillaume de Machaut (1300 bis 1377):

Kyrie eleison (Herr, erbarme dich).

Christe eleison (Christe, erbarme dich).

Kyrie eleison (Herr, erbarme dich).

Als ich das Programm zu Beginn in den Händen hielt wunderte ich mich, wie das wohl auf mich wirken würde? Der Effekt war beeindruckend! Die Konsonanten und Vokale wurden in die Länge gezogen, ja jeder Buchstabe wurde eine unfassbar lange Zeit gehalten sowie in Tonhöhe und -länge variiert. Das erfordert neben einem ausgezeichneten Gehör und Konzentration auch sicherlich ein großes Maß ein Training, Atemtraining. Ein Gebet bestehend aus 6 Wörtern gesungen über mehrere Minuten: ich war überwältigt!

Ein sehr berührender Moment dieser stillen Tage in Leipzig.

"Die Musik meines Vaters hat höhere Absichten, sie soll nicht das Ohr füllen sondern das Herz in Bewegung setzen."

Carl Philip Emanuel Bach, 1714-1788

Das tat sie.

Rick Deckard

Bildquelle: © www.leibzig.de

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