Moby Dick - John Huston

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  3. September 2010, 06:58  -  #Filme

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Was macht die Kunst aus, die ein Kameramann zu einem guten Film beitragen kann? Die Schwierigkeit der Antwort, liegt an der Komplexität des Inhaltes.

 

Die hauptsächliche Aufgabe ist natürlich die Kameraführung. Dass jeder Mensch seine Arbeit aus einer anderen Motivation verrichtet, dürften wir alle täglich an uns selbst oder an Kollegen erleben. Einen guten Kameramann macht aus meiner Sicht, auch die Fähigkeit ein Bild zu gestalten aus. Gestaltungselemente wie Farbe, Kontraste, Formen, Harmonien und Räume richtig zu komponieren und in eine Gewichtung zu bringen, ist dann das, was man als hohe Kunst bezeichnen kann. Wie kein zweiter beherrschte diese Kunst der englische Kameramann Oswald Morris, der auch für John Hustons Moby Dick arbeitete.

 

In dem Film Moby Dick (John Huston 1956) heuert der Matrose Ismael auf dem Walfangschiff „Pequod“ an. Im Laufe der Schiffsreise, stellt Ismael fest, dass Kapitän Ahab nicht auf einen großen Fang aus ist, sondern lediglich DEN Wal erlegen will der ihn zum Krüppel gemacht hat,  Moby Dick!

 

Eine der Schlüsselszenen des Filmes ist die Aussage Ahab’s, dass er sogar die Sonne angreifen würde, wenn sie ihm etwas zuleide täte. In einem furiosen Dialog mit seinem ersten Steuermann Starbuck (Leo Genn) an einem ruhigen Tag auf See, macht er seine Ziel eindeutig klar, hinterfragt sich allerdings auch selbst. Starbuck steht hinter Ahab, will ihn erschiessen. Tut es dann aber nicht, weil er ein letzten Rest Menschlichkeit in ihm entdeckt. Eine der besten Szenen der Filmgeschichte in der Kategorie "Zwei Männer unterhalten sich". Es bleibt einem förmlich der Atem stocken, bei dieser eindringlichen Darstellung der menschlichen Abgründe. Der digitale Fernsehsender TNT Film zeigte den Streifen gestern in seiner Reihe „50 Filme, die man gesehen haben sollte, bevor man stirbt“. Ich bin einverstanden damit!

 

Die hier oberflächliche Beschreibung für die an sich sehr komplexe Buchvorlage von Herman Melville, bitte ich zu entschuldigen, aber dies hier ist kein Literaturblog. Das ganze Werk (OF) umfasst über 900 Seiten und ist mit eingeschlossenen Essays über den Walfang und die Seefahrt eine Art Lexikon mit dramatischer Geschichte. Es ist aufregend aber auch schwer zu lesen, weil der Sprachstil sehr facettenreich ist. Außerdem ist die Geschichte alles andere als eine Abenteuergeschichte, denn einer biblischen Metapher.

 

Genau wie Hustons Verfilmung, macht der Roman in der Gegenwart das gleiche Schicksal durch. Er gilt als Hoffnungslos veraltet und verliert (leider) immer mehr an Bedeutung.

 

Für mich persönlich nicht nachvollziehbar. Denn Geschichte, Verfilmung und Rezeption sind gültig wie eh und je.

 

Ich kann mir vorstellen, dass einige Menschen den Film aus den fünfziger Jahren heute als „Schinken“ bezeichnen werden. Der Pappwal, die gemalten Bühnenkulissen und die teilweise Theater gleiche Schauspielerführung, tragen dazu bei.

 

Aber wer ein hoffnungsvoller Romantiker ist und sich für die Seefahrt begeistert kommt um diesen Stoff, ob im Roman oder als Film, nicht herum.

 

Was die Würde des Filmes betrifft, mache ich eine einmalige Aussage, die mir schwerfällt, aber bewusst genutzt wird: Der Film ist aus heutiger Sicht etwas für Cineasten und Liebhaber!!! Oswald Morris kennen die wenigsten Menschen. Dabei ist seine Kunst für diesen Film einzigartig. Er hat die Bildgestaltung nach alten Kupferstichen aus dem 19. Jahrhundert  vorgenommen. Die ausgeblichenen Farben, erinnern an kitschige Seefahrtsbilder aus vergilbten Kneipen. Es ist fast wie eine Ohnmacht, wenn man diese Bilder sieht. Insbesondere die Phase der Einschiffung ist ein museales Glanzstück. Die Close-Ups der ängstlichen Frauen, die das Ausschiffen der Pequod beobachten. Alles in Pastelltönen, wie gemalt und doch bewegt. Großartig bis Phantastisch! Die Stimmung ist beklemmend und wirkt auf den Zuschauer. Genauso muss es gewesen sein in Neu-England im 19. Jahrhundert. Und wer einmal selbst am Atlantik oder an der Nordsee stand und einem Schiff beim Auslaufen zugesehen hat, wird immer an diese beklememenden Sequenzen denken.

 

Das alles Zusammen und

 

-          Orson Welles als Father Mapple mit der besten Bibelrezitation der Filmgeschichte

-          John Hustons große Kunst, Gregory Peck zwischen groteskem Wahnsinn und sanftem Gleichmut auftreten zu lassen

-          Die wunderbare Freundschaft zwischen Queequeg (Friedrich von Ledebur, übrigens ein Österreicher der als !!! Friedrich Anton Maria Hubertus Bonifacius von Ledebur-Wicheln in Linz geboren wurden) und Ismael

 

…und weitere 2 h unglaubliche Kinounterhaltung, zwischen Kunst, Abenteuer und Dramatik

  

 Alan Lomax

 

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