Midlake – Antiphon
Lassen Sie sich nicht täuschen! Obwohl Midlake sich seit dem Meisterwerk „The Trials of Van Occupanther“ komplett verändert haben, sind die Texaner noch immer sehr aufregend.
Sänger Tim Smith hat die Band während der Produktion verlassen, man fing komplett neu an. Die letzte Platte „The Courage Of Others“ war ehr enttäuschend und auch live, war die Band während ihres letzten Konzertes im Kölner Luxor enttäuschend lustlos und milde gesagt, langweilig unterwegs.
Dennoch, wer einmal „Roscoe“, „Young Bride“ oder „Head Home“ geliebt hat, wird die Songs nie vergessen und hoffen, dass diese entrückte, seltsam verträumte Musik zurück kehrt.
Mit Antiphone schafft die Gruppe das Ansatzweise. Einfach wird dem Zuhörer das nicht gemacht! Hört man den Titeltrack „Antiphone“ mag man alles denken, nur nicht an zeitgemäße alternative Rockmusik. Bei „Provider“ kommt mir sogar die pseudo-surreale Geschichte vom Lamm, dass ein Nickerchen am Broadway macht, einer allgemein bekannten Progressiven Rockband aus den 1970er Jahren in den Sinn. Doch dann, langsam erhellt es sich…
Kurz war ich schon wieder dabei meine These aufzurufen, dass versierte Musiker, keinen guten Musikgeschmack haben! …“The Old and the Young“ beginnt, gefolgt vom theatralischen „It’s going down“ bevor die Platte eine Kehrtwendung macht und den Grund bestätigt, dass ich hier darüber schreibe.
Die instrumentale Nummer „Vale“ hat mich wirklich, wirklich gekriegt. Wie man schön sagt! Querflöten beruhigen, dort zwischen grellen, mogwaiischen Gitarrensounds, bevor mit den restlichen -wirklich zum nieder knienden- Songs die komplette Bandbreite bzw. Kunst von Midlake präsentiert wird.
Strukturell und handwerklich ist das alles wahnsinnig interessant. Weil diese Band strikt eine alternative Rockband sein will, obwohl man jeden einzelnen Musiker förmlich schreien hört, dass man gerne mal die Grenzen übertreten will. Zu gut aber ist das Konzept der mitteltönigen Stimmung, die Musiktheoretisch gesehen Midlake ausmachen.
In vielen Artikeln die ich über Antiphone gelesen habe, wird sehr lapidar über den „gregorianischen Ansatz“ und den „Call-and-Response“ Elementen von Midlake gesprochen. Was ich ehrlich gesagt nicht verstehe? Denn natürlich hatte weder Tim Smith’s Gesang noch Eric Pulido Gesang etwas mit Einstimmigkeit oder dem Chormuster des Responsoriums zu tun. Irgendwann erwähnte die Band, mal, dass sie einen Hang zur Indogermanischen Sprache hat. Daraus abgeleitet wurde dann häufig, der Begriff der Liturgie, was alles quatsch ist und nur ein wikipediascher Versuch war, das besondere Stimmsystem der Instrumente zu erklären und zusammengefasst nennt man das alles: „Pythagoreisch“.
Zugegeben etwas neunmal klug und auch lange recherchiert und es entspricht der Wahrheit und erklärt die charakteristische Midlake-Stimmung am besten und am logischsten. Wer es genau wissen will, kann hier einmal nachlesen:
http://www.farago.info/hobby/stimmungen/stimmungen[pythagoreisch].htm
Es lässt sich nicht vermeiden, so an diese seltsame Welt der Band Midlake heranzugehen. Denn die Band wirft zu viele Fragen auf. Vieles bleibt unbeantwortet, einiges wird klarer, wenn man sich mit dem –man muss es schon fast sagen- musikalischem Universum der Band auseinandersetzt, langweilig wird es nie.
Vielleicht sind Midlake eine der letzten Herausforderungen der modernen Popmusik. Lustig, permanent und nebenbei ist das überhaupt nicht. Sondern fordernd, behutsam und sehr intelligent.
Grandios
Alan Lomax