Marc Fischer – Hobalala - Auf der Suche nach João Gilberto

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  3. Juni 2011, 12:27  -  #Vergessene Helden

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Fangen wir mit den Fakten an:

 

Marc Fischer ist wahrscheinlich der einzige deutsche Popjournalist gewesen, der einen internationalen Blick für den ganzheitlichen Popansatz  gehabt hatte. Warum Perfekt! Nun leider ist Marc im Alter von 40 Jahren gestorben. Merkwürdig daran sind die Umstände! Bis heute lässt sich keine Todesursache recherchieren.

 

http://lomax.over-blog.de/article-i-wanna-live-fast-love-hard-die-young-and-leave-a-beautiful-memory-71629392.html

 

Die Veröffentlichung seines Buches „Hobalala“ in dem er beschreibt, wie er sich auf die Suche des Bossa Nova Musikers Joao Gilberto begibt, hat der Autor nicht mehr erlebt.

 

Um die Merkwürdigkeit dieser Umstände zu verstehen, muss man den Zusammenhang zu Joao Gilberto verstehen! Wer ist das eigentlich? Um in diesem Rahmen hier ein kurzes Verständnis dafür zu wecken, reicht folgender Textauszug:

 

„Du willst also João Gilberto treffen?“, fragte Menescal, als er die Gitarre beiseite legte.
„Ja“, sagte ich.„Sei vorsichtig“, sagte Menescal. „Warum?“
„João ist gefährlich. Es ist etwas Dunkles an ihm. Er verändert alle Menschen, die mit ihm zu tun haben. Ich erinnere mich an einen Freund von mir, einen begabten Musiker. Er hatte seinen ganz eigenen Stil – bis er João traf. Seitdem redete und verhielt er sich wie João. Er begann, zu flüstern wie João; den Kopf zur Seite zu legen wie João; sich zu bewegen wie João. Irgendwann verschwand er, ich weiß gar nicht genau, wo er heute lebt. Ein japanischer Konzertmanager, der João nach Tokyo geholt hatte, brach zusammen, nachdem Joao wieder weg war. Von diesen Geschichten gibt es Hunderte. Drum pass auf, wenn du dich mit ihm einlässt. Er könnte auch dich verändern.“

 

Marc Fischer hatte im Verlauf seiner Suche, die Idee einen Vampir zu verfolgen! Allerdings ist dieser Vampir, namens Joao, ein Erfinder, ein Musiker, ein Künstler, einer der wichtigsten Brasilianer und wahrscheinlich bedeutendsten Menschen des letzten Jahrhunderts.

 

Und Menescal hat recht, er verändert alle! Auch mich! Parallel zum Buch, habe ich den musikalischen Joao Gilberto Backup Katalog durchgehört. Aus meiner Sicht kann das Buch nicht anders funktionieren. Und in der Tat… -ich meine folgende Zeilen sehr ernst-; …werde mich gerne zitieren lassen und möchte die Wichtigkeit für mich gerne in fetten Lettern unterstreichen:

 

…seit dem ich die Musik von Joao Gilberto gehört habe und den textlichen Kontext von Marc Fischer dazu verstanden haben, ist es so, als wenn jemand den Knopf gedrückt hat, um mich aus einer schwarz-weißen Musikwelt, in eine HD Full 3D Farbwelt entführt hat. So ähnlich beschreibt es auch Gilbertos erste Frau in einem Interview, als sie verstanden hatte, welch Zauber in Gilbertos Musik liegt.

 

Ein Zauber von nie gehörter Schönheit. Eine Summe von Trauer und Lebensfreude, eine Mischung aus Verachtung und Leidenschaft, eine Mixtur aus sensationellen Melodien und fantastischer Rhythmik. Etwas was ich auch immer gesucht habe. Eine musikalische Fusion die den Zauber der Musik, aber auch die Schwierigkeit der komplexen damit verbundenen Zusammenhänge einfängt.

 

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Das was wir hier seit über 3 Jahren versuchen blog-teschnisch zusammenzufassen, zu erklären und zu analysieren, gelingt Marc Fischer mit diesem Buch, das vielschichtig verstanden und gelesen werden kann. So kann man das Buch als Detektivgeschichte lesen. Hauptsächlich gelingt es  Marc Fischer, aber das Herz und das musikalische Geheimnis der (das mit dem „die“, „der“, „das“ ist bei B.N. nicht so einfach, wie es scheint) Bossa Nova in das Buch zu verpacken. Denn Fischer schreibt schnell. Die Zeilen fliegen rasen an dem Leser, der keine musikalische Vorbildung hat, vorbei. Das Buch ist kurz, sehr kurz. Fast atemlos hetzt der junge Autor durch Rio. Aber immer wenn er über die (liebes Portugal, so ist es richtig!) Bossa Nova und über Gilberto nachdenkt, kommt er zur Ruhe, findet sich selbst und windet sich über die Leidenschaft und die Empathie in ein bisher unbekanntes Manifest über die Liebe zur Musik bis hin zur seiner persönlichen Depression. Denn Fischer hat Probleme. Aus meiner Sicht nutzt er die an sich leichte Geschichte und vermeintliche Reportage über diese wunderbare Musik, um selbst einen Hilfeschrei loszuwerden. Zwischen den Zeilen, liegen Ängste, Fragen und wenig Antworten. Wobei die Fragestellungen umso essentieller sind!

 

Im Zusammenhang mit dem Tod von Marc Fischer, macht dieses Buch dann auch sehr traurig. Phantasievolle Menschen wie ich, entwickeln dann natürlich schnell die abstrusesten Ideen, mit denen ich mich aber lieber zurückhalten will, aus Respekt vor den Angehörigen!

 

Diesen sei’ allerdings gesagt, dass Marc, ein unglaublich wichtiges Buch geschrieben hat, dass Menschen verändern kann, ihnen eine Aufgabe gibt, sie zum nachdenken bringen kann und es schafft eine echte Nachricht zu vermitteln: Die der Liebe zur Musik, im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten des Lebens.

 

Vielen Dank, Marc Fischer, für diese unfassbar wichtige Inspiration für mich und die Öffnung einer weiteren Tür in meinem musikalischen Universum. Die ich gerne in den nächsten Jahren auf diesen Seiten erklären möchte, mit Hilfe der Musik von Joao Gilbertos Musik.

 

Alan Lomax

 

Das Buch – Hobalala - Auf der Suche nach Joao Gilberto von Marc Fischer ist bei Roger & Bernhard im April erschienen (ISBN 978-3-8077-1072-3

 

Fotoquelle: http://www.rogner-bernhard.de/authors/show/351

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