Man On Fire – Tony Scott

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  8. Mai 2013, 09:40  -  #Klassiker

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Der Navy-Soldat Creasy  (Denzel Washington) übernimmt auf Empfehlung seines Freundes Rayburn (Christopher Walken) einem Bodyguard-Job bei einer industriellen Familie in Mexiko City. Die Riesenstadt schlägt sich mit einer Serie dreister Kindesentführungen rum. Der versoffene, leicht abgewrackte Creasy freundet sich mit seinem Schützling, der zehnjährigen Pita (Dakota Fanning) an. Nach dem das Kind tatsächlich entführt wird, begibt sich der ehemalige Elitesoldat auf einen erbarmungslosen Rachefeldzug .

Hinter dieser vermeidlich oberflächliche Geschichte, für einen vermeidlich argen und offensichtlich unwichtigen Actionreißer, verbirgt sich in Wirklichkeit der besten Tony Scott Film überhaupt und somit einer der besten dramatischen, actiongetriebenen Filme aller Zeiten.

An dem kleinen Bruder von Ridley Scott klebte immer das Etikett des begabten Handwerkers, aus Publikumssicht ist er vielleicht sogar der Meister des modernen Actionfilms, aber nie wurde  er von den großen Mengen der Filmjournalisten emporgehoben. Im Gegenteil: Stilmittel die andere Regisseure einsetzten, Motive die von vielen Wertgeschätzt werden, wurden Tony Scott merkwürdiger Weise immer zur Last gelegt.

Dabei war Scott nachweisbar der erste Regisseur der eine visuelle Ästhetik in den Actionfilm der Neuzeit einführte. Pastellfarben, schnelle Schnitte, einfallendes Sonnenlicht (gerne durch Fensterläden) und Realismus als Kunst.

Die artifizielle Umsetzung des guten alten Rachethemas vom Western in die Neuzeit ist hier Kritikpunkt zur Selbstjustiz und grandiose Unterhaltung gleichzeitig. „Der Tod ist seine Kunst. Und jetzt ist er dabei, sein Meisterwerk zu schaffen.“ Schon immer war es ein schwieriger Moment als Kinoliebhaber und gleichzeitiger „Mensch“ so einen Satz, in diesem Fall von Christopher Walken, richtig zu verstehen.

Das Motiv „Kindesentführung“ und organisierte Kriminalität rechtfertigt den brutalen Alleingang von Denzel Washington natürlich nur in der Ansprache unserer Urinstinkte. Man muss das beachten, reflektieren und zur Kritik stellen. Sonst wäre man als Zuschauer, dieses Film nicht würdig, nicht tragbar. Liebt man aber das Kino, die Möglichkeiten der Metaphern wie biblische Zitate und verweise an das klassische Westerngenre, geht einem das Herz auf. Wie gesagt, man muss kritisch bleiben, sich aber auch von Barrieren und Moral frei machen können.

Die reingedrehten Unschärfen, die Junp-Cuts und die rück- und vorgedrehten Slowmotioneffekte muss man nicht mögen. Versteht man sie aber, denkt darüber nach wie sie platziert sind und macht auf dieser, oftmals als antiquierter Filmstudentenquatsch gedeuteter visueller Kniff von Tony Scott kritisierter Ebene halt, erfreut das ehr als das es abschreckt.

Mit Sätzen wie "Was werden Sie jetzt tun?! - "Ich tue das, was ich am besten kann.- Ich bringe sie um, ich bringe sie alle um." Oder: "Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird." …wurden dem furiosen Denzel Washington Sätze für die Filmewigkeit zur Verfügung gestellt. Washingtons Gestik in diesem Streifen ist ein Hochgenuss und ich finde, dass seine schauspielerische Leistung in diesem Film zu seinen besten gehört. Seine lässigen Bewegungen in den Actionsequenzen sind ein Volltreffer, seine Körperlichkeit/Präsenz und seine mimische Leistungsfähigkeit wütend, aber authentisch in den Totalen zu bestehen ist mit die schwierigste Aufgabe eines filmischen Charakterdarstellers. Washington ist in diesem Film eine Wucht. Glaubhaft, Stringent, Nachvollziehbar, Übertragbar und Mitreißend. 936full-man-on-fire-screenshot.png

Last but not Least ist dieser Film ein außergewöhnlicher Film, weil er ein Attribut hat, welches mit kaum einem anderen Film aus diesem Genre vergleichbar ist: Langsamkeit! Tony Scott bezieht sich hier auf ein typisches Sergio Leone Stilmittel. Somit sind eigentlich alle aufgezählten Stilmittel dieses Films konventionell. Aber sie werden von anderen selten eingesetzt, weil sie schwer umsetzbar sind. Funktionieren sie aber, wie bei diesem Film irritieren diese bewusst die Sehgewohnheiten der Zuschauer und machen aus einem normalen Film, ein außergewöhnliches Meisterwerk. So wie „Mann unter Feuer“ eins ist!

"Glaubst du...glaubst du Gott vergibt uns unsere Taten?" – "Nein." – "Den Eindruck hab ich auch."

Alan Lomax

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