Mad Men – Staffel 5 – TOMORROW NEVER KNOWS
Fast alles wurde bereits über Mad Men geschrieben. Alle großen Magazine, Kulturresorts und Feuilletons der Welt haben versucht das geheimnisvolle Rätsel der Serie zu entschlüsseln. Wenigen ist es gelungen. Auch wir werden Universen von der Wahrheit entfernt bleiben uns mit der Erkenntnis eines Beatles-Songs aber zumindest nähern!
Trotzdem macht es so viel Spaß, dieses Masterpiece der Fernsehunterhaltung zu interpretieren und zu verstehen. Einige Versuche habe ich ja bereits unternommen. Interessieren Sie sich dafür? Dann klicken Sie einmal auf folgende Links:
zu Staffel 1: http://www.lomax-deckard.de/article-33546815.html
zu Staffel 2: http://www.lomax-deckard.de/article-35863968.html
zur Cologne Conference: http://www.lomax-deckard.de/article-veranstaltungen-galores-ii-cologne-conference-57044900.html
zu Staffel 3: http://www.lomax-deckard.de/article-mad-men-3-staffel-interessant-und-tiefgrundig-94064298.html
zu Staffel 4: http://www.lomax-deckard.de/article-mad-men-4-staffel-96036197.html
Die tatsächliche Entschlüsselung der Abläufe und Folgen, kann aber nur im Einzelnen erfolgen. Daher ist eine Episodeneinzelbetrachtung und –interpretation sehr notwendig. Eine Frage der Zeit, welcher Verlag das veröffentlichen wird;-)
Das Zusammenleben von Menschen und das soziale Verhalten einer bestimmten Epoche ist aus meiner Sicht, der größte Motor und Antrieb für Chefautor Matthew Weiner, seine Figuren im New York der 1960er agieren zu lassen. Aus amerikanischer Sicht ist diese Jahrzehnt wohl das interessanteste. Denn nie wieder waren sich Geschichte, soziale Veränderung und Popkultur so nah, wie bei den Ereignissen dieses Jahrzehnts.
Zentrales Thema der fünften Staffel ist dann auch der gesellschaftliche Umbruch und die verschiedenen Assimilationen der Charaktere an diese Herausforderung. Im Vergleich zu Staffel 3 und 4 gibt es kein offensichtliches Erzählleitmotiv um die Charaktere weiterzuentwickeln. Sieht man nicht genau hin, könnte man denken, jede Episode steht für sich alleine, um den Zuschauern eine kleine Pause zu gönnen, bevor die nächsten großen persönlichen Schicksale beginnen.
In Wirklichkeit aber ist die fünfte Staffel ein raffiniertes Understatement. Die Drehbuchautoren möchten den Zuschauer nicht überfrachten. Daher ist die Erzählstruktur ehr unterhaltsam klein, als episch, groß und facettenreich. Der Fokus liegt auf den scheinbar kleinen Erlebnissen und Ereignissen unserer Protagonisten. Das macht die fünfte Staffel nicht spektakulär, aber die ganze Größe entfaltet sich sowieso nur in ihrer Gesamtheit.
Insbesondere an Don Draper ist die Situation gut festzumachen. Scheinbar hat er sein Leben in den Griff bekommen. Betty ist weitestgehend Vergangenheit und er hat gelernt. Die Beziehung zu Megan ist wesentlich entspannter, weil auch er seine Allüren und seine Männlichkeit hinterfragt und zurückstellt. Nebenbei erfahren wir viel über die aufkeimende Jugendkultur der sechziger Jahre.
ACHTUNG SPOILER!
…somit kann die Folge LADY LAZARUS (s.o.) wohl auch die bisher stärkste der Staffel gelten und wahrscheinlich als die bemerkenswerteste der Serie überhaupt. Zumindest was die Erzählweise des Subtextes Kulturkampf und Popkultur angeht.
Don Draper zeigt sich seit einigen Folgen interessiert an der Jugendkultur. Seine HEINZ-Kampagne erfordert dies beruflich von ihm, die Beziehung zur wesentlich jüngeren Frau und auch für sein eigenes Ego ist es wichtig, am Ball und an der Spitze Expeditiven zu bleiben.
Das ganze Genie von Matthew Weiner spiegelt sich dann auch in einem Song wieder: TOMORROW NEVER KNOWS von den Beatles. Zum einen, dienen für den Text von John Lennon das Tibetische Totenbuch, welches auch von Timothy Leary in dessen Handbuch zur Bewusstseinerweiterung „Die Psychedelische Erfahrung“ als Quelle benutzt wurde. Der Bezug zur Folge 5 FAR AWAY PLACES ist somit hergestellt (Roger und Jane nehmen gemeinsam LSD unter der Beaufsichtigung von Leary ein), außerdem stellt der Song natürlich den damaligen Wendepunkt der Popmusik dar. Während Megan weggeht, überlässt sie Draper das REVOLVER Album. Draper legt TOMORROW NEVER KNOWS auf, schenkt sich einen Drink ein und hört die unfassbaren neuen Soundeffekte und Lennons Gesang im mixolydischen Modus. Ein unfassbarer Moment der Film- und Fernsehgeschichte. Der die Wichtigkeit eines einzigen Songs der Entwicklung der Menschheit an nur einem Fixpunkt gegenüberstellt und somit der Popmusik den Stellenwert einräumt den sie verdient hat.
Mad Men Erfinder Weiner hat für die Lizensierung des Song die Rekordsumme von 250.000,00 Dollar an die Beatleslizenzinhaber bezahlt. Diese zeigt nur die Wichtigkeit, dieser Idee auf. Lesen Sie hierzu auch: http://www.rollingstone.com/music/news/mad-men-paid-250k-for-beatles-song-20120508
Von allen zeitgenössischen Serien ist Mad Men derzeit die Königin! Das Potenzial der allgemeinen Geschichte, die Plausibilität der Charaktere, der Charme und die bereits entwickelte Eigenständigkeit der Epik, sollte, ausreichend für 5 weitere Staffeln sein.
Grandiose zeitgenössische Fernsehunterhaltung für Liebhaber der schönen Dinge!
Alan Lomax