Mad Men – 3. Staffel – Interessant und tiefgründig
Kein Spoiler!
Diese Staffel ist eine Ode an die Depression. Bereits in Folge 1 ahnt man das Schlimmste. Die atmosphärische Dichte wird finsterer, die Stimmung der Akteure dunkler und dramatischer. Der Zuschauer wird Beobachter des Zerfalls der Gesellschaft, der Beziehungen und der Werbeagentur SterlingCooper.
Matthew Weiner verwebt diese drei Elemente grandios und liefert Serienqualität, die für amerikanische Verhältnisse, fast europäisch, trist und traurig sind.
Es sind die Zeiten als John F. Kennedy erschossen wurde und Martin Luther King die wohl wichtigste Rede der Menschheit gesprochen hat. SteerlingCooper wurde von einem englischen Unternehmen aufgekauft, die Beziehung der Drapers geht kaputt. Im Wesentlichen verbindet Weiner diese Storylines und schmiedet dabei einen dampfenden Kessel aus traurigen Emotionen.
„Mein Job ist es Kommunikation auf das Wesentliche zu reduzieren“, sagt Draper irgendwann im Verlauf und es ist das Sinnbild für die Ästhetik des Plots und die unfassbare Selbstkontrolle der Hauptcharaktere.
Neben einigen grandiosen Sequenzen aus dem Arbeitsalltag, die mich an einige Sequenzen aus meinem weniger grandiosen Arbeitsalltag erinnern (weniger weil ich mich teilweise im gleichen Umfeld wiederfinde, nur ohne Drink und ohne Zigarette), lässt mich die Rolle und das Handeln von Betty Draper nicht mehr los.
Weiner hat die Rolle der frustrierten Werbeehefrau ganz klar als „icy blonde“, stark orientiert nach Hitchcock angelegt. January Jones Schauspielerische Leistung ist fast überirdisch und extrem verstörend.
Betty Draper hat alles. Einen gutaussehenden Mann, ein schönes Vorstadthaus, 2 tolle Kinder und ein Baby, einen Hund. Sie sieht großartig aus und hat für die Verhältnisse der sechziger Jahre alle Freiheiten. Bei Interpretation der Gründe, warum sie so unglücklich ist, würden die Meinungen nun auseinander gehen. Es könnte eine interessante Diskussion entstehen, in der es auch um unser eigenes komfortables Leben geht. Ein Leben auf höchstem Niveau mit sehr viel inhaltlicher Leere.
Grandios, grandios, grandios ist dabei das leidende Gesicht von Mrs. Jones welches man unter der Maske der Selbstkontrolle trotz allem erkennt. Vielschichtig und fast multidimensional. Dabei nutzt sie ihr fantastisches Aussehen…
…denn wenn eine so schöne Frau ihr Gesicht getaktet verzieht, kann sie viel erreichen. Sehen Sie sich hierzu auch Hitchcockfilme mit der vergleichbaren Grace Kelly und der ebenso furiosen Ingrid Bergmann. Hitchcock hat diesen Stil der „verzerrten Gestik in den Gesichtern von schönen Frauen“ erfunden und humoristisch bis verstörend eingesetzt.
Sagen wir es mal so: Die Serie Mad Men ist und bleibt interessant und tiefgründig!
Alan Lomax