Kon Tiki von Joachim Ronning und Espen Sandberg - Ein Meisterwerk!
Vor 1500 Jahren sahen Menschen von Südamerika vermutlich auf den Pazifischen Ozean hinaus und fragten sich, wie weit sich dieses Meer erstrecken würde? Was würde wohl hinter den Wassermassen liegen? Gab es dort Land? Sie hatten keine Computer, keine Smartphones, keine Tablet-PCs, kein Telefon, keine Satellitennavigation, keine Sextanten. Nur ihre Phantasie und einen unstillbaren Entdeckerdrang.
So wie Lomax und ich waren sie leidenschaftlich neugierig, hatten im Gegensatz zu uns aber eine Begabung.
Also bauten sie ein Floß aus Balsaholz, nahmen Vorräte an Bord und wagten sich auf dieses riesige Meer, in der Hoffnung auf der anderen Seite Land zu finden ... .
Mehr als ein Jahrtausend später fragte sich ein Forscher, ob das so gewesen sein könnte. Er war Norweger und sein Name war Thor Heyerdahl. Wie jeder Wissenschaftler stellte er eine These auf und mit der Formulierung blühte die Idee auf, das unstillbare Verlangen, diese These mit einem Experiment zu beweisen.
Also tat er genau das, was die Einwohner Südamerikas vermutlich taten. Er baute ein Floss exakt so nach, suchte Geldgeber, plante die Expedition entgegen massiver Widerstände von allen Seiten und stach mit einem Floss aus Balsaholz in See um 5000 Meilen (annähend 7000 km!) auf dem Pazifischen Ozean zu überqueren, mit einem Segel und einem Ruder.
Die beiden norwegischen Regisseure Ronning und Sandberg drehten daraus einen atemberaubenden, grandiosen Abenteuerfilm.
Mir stockte der Atem als ich den Film und die Bilder sah. Die Regisseure verdichten die Handlung und schufen ein Werk, das zeitlos schön ist und in seiner Machart an die grossen Zeiten des Kinos erinnert. Der Film vermittelt binnen 109 Minuten die pure Magie des Kinos.
Was soll schon interessant daran sein, 6 Menschen auf einem Floß im Meer anzusehen, werden sie sich fragen? Keine Wackelkamera, keine hektischen Schnitte, keine Brutalo-Action, kein Synthie-Gewummer, keine pausenlosen Spezialeffekte - das kann kein guter Film sein!
Lassen sie sich nicht täuschen. Kon-Tiki wird sie euphorisieren, sie zu Gefühlswallungen treiben, sie zum lachen und zum weinen bringen und ihnen vor Augen führen, welche Macht Bilder haben können. Der Zuschauer wird zum Komplizen der unerschrockenen und abenteuerlustigen Seemänner. Sie werden mitleiden, sie werden mitzittern und sie werden die Fäuste in den Himmel strecken.
Larger than life.
Das war schon immer die Devise des Kinos. Ich weiss nicht, ob es die Absicht der Regisseure war, aber in einer Szene ist ein, meines Erachtens, eindeutiger Hinweis oder Reminiszenz an ein Meisterwerk des Kinos zu sehen und an einen kürzlich verstorbenen Helden. Die Bessesenheit des norwegischen Forschers, seine Leidenschaft, seine Motivation es allen zu zeigen die zweifeln, das wird im Film psychisch und physisch spürbar.
Kon-Tiki ist ein Film, der zeigt, wie grossartig das Medium Kino sein kann. Kamera, Musik, Schnitt, die Schauspieler, das menschliche Drama, die Verwirklichung eines Traums, alles das zeigt er in Perfektion.
Es gibt eine Kamerafahrt in dem Film, die so bewegend ist und in ihrer Idee einzigartig, dass sie in die persönliche Geschichte eingehen wird. Atemlos!
Ein Meisterwerk.
Rick Deckard