King Krule– 6 Feet Beneath The Moon
Das ist Musik zwischen Wut und Zärtlichkeit, wie ich sie lange vermisst habe. Natürlich kann sie in dieser Form der Interpretation und Einflüssen nur aus England kommen. Man muss die Einzelteile die der britische Sänger Archy Samuel Marshall mit der berühmten Muttermilch aufgesogen hat, schon so weitergelebt haben, um das alles so zu präsentieren, wie er es präsentiert.
Natürlich denkt man an Billy Bragg, an Shane Mac Gowan, vielleicht an Joe Strummer und ganz bestimmt an Johnny Thunders, weniger an Edwyn Collins oder Gene Vincent, analog und im kontextuellen Vergleich auch an seine Generation und Leuten wie Jake Bugg, James Blake, Jamie T., Mike Skinner und die unglaublichen Strypes, von denen man aber immer wieder denkt, dass die nicht aus dieser Welt kommen können, weil 18-jährige unmöglich so cool und unfassbar gut sein können wie die Strypes es sind.
Alle aufgeführten alten Recken und jungen Genies haben ihren eigenen Style und Stil. Sie gegeneinander auszubremsen und zu vergleichen macht kein Sinn. Music is not a Sport, Scoring sucks! Lasst es also bleiben, sucht Euch eigenen Helden und vor allen Dingen „Kill Your Idols“.
Natürlich sollte man King Krule nicht entdecken, nachdem man schwachsinnige Artikel wie diesen oder andere geschmeidige Texte in diversen, bekannten Magazinen gelesen hat. Denn wiedermal ist es niemanden gelungen, die Kunst dieses kleinen Jungen zusammenzufassen. „Glücksfall der freien Bildung“ (Die Zeit) ist zwar sachlich richtig, der Appendix, dass Krule ein alleshörender Folk-Antreiber ist, ist falsch! Auch mit Dark Wave und Morrissey hat der Grünschnabel nichts zu tun.
King Krule ist etwas individuelles, Neues und aufregendes. Etwas, was er mit seinen gleichaltrigen Kollegen gleich hat, nämlich anders als unsere Generation: …in Schubladen zu denken. Diese Jungs sind aufgebrochen um der gemäßigten Dame Rockmusik, die Leviten zu lesen, um gemeinsam mit uns und mit alten Attributen wie Sehnsucht und Abscheu, neue Wege zu finden.
Unterhalten kann man sich mit diesen Typen sowieso nicht, da sie in der Welt der Wissenden leben, es kausal nicht erklären wollen und vielleicht auch nicht können, aber den Weg, das Mittel zum Song und die Kunst zu entdecken kennen und uns präsentieren. Wir müssen diese popkulturelle musikalische Revolution nur aufpicken, feiern und weiterreichen.
Bis es soweit ist, hört Euch diese wunderbare Platte an, die zwischen Punk, Nothern Soul und dem besten Eurer Plattensammlung steht. Und zudem noch etwas ganz besonderes ausstrahlt und King Krule auszeichnet: Er ist tief in seinem Herzen ein Jazzmusiker! Das alles zusammen, mit einem neuen Zauber, mit einer neuen Ästhetik und einer neuen romantischen, pathetischen Wut. Das alles zusammen macht –warte– zumindest eine sehr, sehr gute Platte aus.
Alan Lomax