Kill Some Day – Motorpsycho live im Gebäude 9 am 06. November 2009 in Köln
„Kill Some Day“, ruft ein Zuschauer in einem leisen Moment am Freitag im Gebäude 9 in Köln. Antwort von Sänger und Bassist Bent: „Some Other Day“. Eigentlich hätte der seit letztem Jahr bei Motorpsycho spielende Schlagzeuger Kjell Runar Jenssen antworten müssen, denn sein Spitzname ist „Killer“. Und das ist hinsichtlich seiner Fähigkeiten am Schlagwerk stark untertrieben. Gilt er doch als der derzeit beste Trommler in Europa. (Redaktioneller Nachtrag, siehe auch vollständigen Kommentar des Lesers MOI am Ende des Artikels:
1. "killer" ist vor ca. 19 jahren aus der band ausgestiegen.
2. danach kamen mit geb und van rooje 2 weitere bis der heutige drummer kenneth kapstadt hinzustieß...
3. gilt er (wo eigentlich?) lediglich als bester schlagzeuger norwegens...).
Der Serienstar „Ewing“ hat recht; „Motorpsycho haben sich einen Luxusstatus erspielt!“ Kaum Besprechungen in aktuellen Musikzeitungen, keine Plattformen, wenig virale Aktionen im Internet, Neuveröffentlichung nur auf Vinyl und trotzdem eine feste Fanbase die Jahr für Jahr kommt und kleine bis mittelgroße Hallen ausverkauft.
Bei den Konzerten ist insbesondere die wunderbare Euphorie der Zuschauer zu erwähnen. Nicht oft sieht man vierzig-jährige Musikfreunde, die aufgeregt sind wie kleine Teenies und es nicht erwarten können in der ersten Reihe zu stehen, dafür sogar auf permanenten Biergenus verzichten (weil es unmöglich ist zurück zur Bar zu kommen) und mit geschlossenen Augen einfach nur begeistert sind.
Ich habe Motorpsycho das erste mal 1993 im Kölner Luxor während der Popkomm gesehen. Bei diesem unvergesslichen "Showcase" haben die Norweger gemeinsam mit Wedding Present und Sebadoh gespielt.
Motorpsycho haben damals nachträglich und –haltig mein musikalischen Leben verändert. Sind sie doch die einzige Band aus dem alternativ Metal- Rock- und Psychedelicumfeld, die ich glaubwürdig finde und mich mit jeder neu Veröffentlichen Platte musikalisch weitergebracht haben. Sei es nun das Opus Magnum „Timothy’s Monster“, die erste und zweite Country Scheiben aus der „Tussler Reihe“, das Referenzwerk „Trust Us, Roadwork Vol. 1“, die wunderbare Single „Serpentine“, die historische DVD „Haircuts“ und eben die neue unfassbare klare, erdige, straffe und nach vorne gespielte Vinyl-LP „Child of the Future“.
Damals im Luxor standen Bent Saether und Hans Magnus Ryen mit sehr langen Haaren vor ebenso langen Marshall Boxen. Vieles war einfach nur laut und einige Songs streckenweise sehr primitiv präsentiert. Die Metal- und Haaarpracht war eine Haltung.
Nach einer mittellangen Kurzhaarschnittphase, sind die Haare nun wieder lang. Der Bart von Gitarrist Hans geht nun fast bis zu den Kniekehlen, aber die Haltung hat sich geändert. Die Einflüsse sind denkbar vielfältiger geworden. Einen Hang zum Jazz gab es schon immer. Aber der Einstieg an diesem Freitagabend mit „Sideway Spiral III“ und einer komplex, improvisierten Version des Klassikers „Manmower“, machen die Fähigkeit deutlich, eben auch diese Musik spielen zu können.
Fast schon ergreifend sind die Momente, bei denen sich die alten Freunde ansehen, um den nächsten Break, die nächste Bridge oder den nächsten Tempowechsel anzukündigen. Eben ganz wie eine Jazzband, die es versteht eine gute musikalische nonverbale Konversation zu führen.
Eines meiner Lieblingsalbum ist das 2005 erschienene „Black Hole/Black Canvas“. Auch eine denkwürdige Leistung. Bei vielen meiner Lieblingsbands, sind es doch ehr die alten Platten und Klassiker, die ich hören möchte. Ein Zeichen für glaubwürdige Weiterentwicklung und eine Erklärung für die immer noch existente loyale Fanbasis.
Erster emotionaler Höhepunkt war dann für mich persönlich „Year Zero“. Der Song ist auf der im letzten Jahr erschienen „Little Lucid Moments“ erschienen. Das gesamte Werk von Motorpsycho ist im Laufe der Zeit sehr breit geworden. Umso erstaunlicher, ist es dann, dass jeden Abend eine neue Setliste gespielt wird.
In diversen Fanforen wurde sich sehr intensiv „Golden Core“ gewünscht. Der Titel wurde seit Jahren nicht gespielt und so kann die Band weiterhin Spannung aufbauen. „Greener“, zum Schluss, der in einer fast 40-minutigen Jam-Session endete, war einfach nur:
JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHH.“
Das nächste Konzert ist bereits angekündigt. Motorpsycho spielen am 29.05.2010 im Kölner Gloria.