Kevin Devine – Tsunami Club – Köln 11. Februar 2012
Da stehe ich also mal wieder in einem miesen, überfüllten, Gastronomietechnisch katastrophal angelegten Club. Die allgemeine Nervosität steigt, jeder Besucher versucht noch ein Bier zu bekommen, eine letzte Zigarette vor der Tür zu rauchen oder aufs Klo zu gehen, bevor dann der ¼-Quadratmeter Platz eingenommen wird und Kevin Devine aus New York die Bühne betritt.
Seltsam denken ich, woher kennen diese ca. 80 Zuschauer diesen Mann? Schließlich ist die Masse Mensch daran schuld, dass der Kämpfer aus New York im Laufe der Jahre nicht bekannter geworden ist. Eigentlich hatte er die Basis für einen stabilen Bekanntheitsgrad, im alternativen Popzirkus ja auch schon lange gelegt:
Mit der Band „Miracle of 86“ hat er erste Hits. Mit der vorletzten Platte „Brother’s Blood“ sogar einen kleinen qualitativ hochwertigen Meilenstein veröffentlicht (übrigens mein Grund zu diesem Kevin Devine Konzert zugehen) und mit der vorherigen Platte und gleichzeitigem Referenzalbum „Put Your Ghost To Rest“ sogar einen tragbaren Major-Deal. Aber Devine wurde ein Opfer! Ein Opfer der Industrie und des Plattenmarktes. Sein Major-Deal wurde gekündigt, alternative Gitarrenmusik zwischen Elliott Smith und Built To Spill war nicht mehr angesagt.
Heute gehört er zu den Musikern die mit der Bahn unterwegs sind (Travelling the EU) und doch eigentlich in etwas größeren Clubs, als dem eigentlich sympathischen Tsunami Club in der Kölner Südstadt spielen, sollte.
Obwohl Devine’s Songs jederzeit mit anderen großen Songs der alternativen Musik zu vergleichen sind (No Time Flat = Pavement) hat er doch ein eigenständiges Klangbild. Primär mag das an seiner Stimme liegen, die er interessant, teilweise leicht vocodert, sehr sanft und fokussiert, dann auch wieder laut und rau einsetzt.
Aufgewachsen ist er nach eigenen Angaben mit Bands wie Weezer, den Cars, mit Nirvana und Bob Dylan. Später hat er viel The Kings und die Zombies gehört.
Die Schubladen die ja normaler Weise so nerven, finde ich hier sehr nachvollziehbar. Insbesondere weil diese Teilmöbelstücke einen wichtige Brückenschlag zwischen „Gitarrepop und –punk der 70er Jahre nachvollziehbar machen.
Live ist der Brooklyn Boy ein Vollprofi. Die tausende von Auftritten in kleinen Clubs, haben Skills in Form von Erfahrungswerte hervorgebracht, die er nun perfekt umsetzen kann. Das Timing an diesem Abend war perfekt, die Stimmung stieg, der Sound war für diese Verhältnisse fast glasklar und seine Goddamn Band genau und auf den Punkt eingespielt.
Wir befinden uns natürlich im Spektrum der neunziger Jahre. Unter dem Strich ist das alles sehr konservative Musik, die einen, aber immer noch in einen Rausch versetzen kann. Insbesondere im Fall dieser hochmelodischen Musik.
Seltsam, dass Devine nicht im Radio läuft, denke ich noch beim Rauchen vor der Tür. Später nach einigen Gläsern Vodka in einer polnischen Bar, höre ich dann auch die Stimme von Elliott Smith, die mir eindringlich sagt: „They want you or they don’t“ .
Alan Lomax