Jeff Bridges - Jeff Bridges
In einem dunklen Anzug stützt sich der Schauspieler und Musiker auf seine Gretsch, den linken Arm lässig aufgestützt, das Gesicht im Halbdunkel, leicht zur Seite geneigt umrahmt von einem Bart, das dichte goldene Haar nach hinten gekämmt. So entspannt er nach außen erscheinen mag, so unruhig scheint es in seinem Inneren vorzugehen: die Stirn ist nicht glatt, sondern in Falten gelegt. Ein in sich ruhender, aber auch nachdenklicher Jeff Bridges. So in etwa ist in der Summe auch sein Album: ruhige, stimmige Songs, die aber Geschichten erzählen und damit Inhalte vermitteln, über die es sich nachzudenken lohnt.
Liebe Leserinnen und Leser!
"Schon wieder ein Schauspieler, der sich als Sänger versucht" werden Sie sich vielleicht denken.
Dem ist aber nicht so.
"Dieses Album ist die ganz natürliche Folge meiner Liebe zur Musik, die ich eigentlich schon mein ganzes Leben lang hege."
Der Sohn der beiden Schauspieler Dorothy und Llyod Brides kam bereits früh zur Musik. Wie viele andere Kinder auch musste er Klavierstunden nehmen, gab dieses jedoch auf, was er später, wie er selbst sagt, bereute. Jahre später jedoch entdeckte er die Danelectro-Gitarre seines Brudes Beau und als die Highschool begann, traf er sich mit Freunden zu nächtlichen Jam-Sessions und diese Tradition wurde über mehr als ein Jahrzehnt fortgesetzt.
Welchen Weg Bridges einschlug dürfte jedem bekannt sein. Die Musik jedoch blieb ein integraler Bestandteil seines Lebens, auch in Zusammenhang mit dem Film, als da drei Beispiele zu nennen wären:
'The Fabulous Baker Boys': in dem Film von Steven Kloves spielt Bridges einen Barpianisten und musste für die Rolle Klavier spielen, kam mit dem Jazz in Kontakt und "dem Klavierstil eines Bill Evans".
'Heavens Gate': das Meisterwerk von Michael Cimino. Nicht nur, dass Bridges von dem Film und seinem Setting so beeindruckt war, dass er eine Hütte aus dem Film Stück für Stück abbauen und auf seinem Landsitz wieder aufbauen ließ um dort zurückgezogen Musik zu machen, er kam auch in Kontakt mit Hauptdarsteller Kris Kristofferson, der am Set Musik mit seinen Freunden machte. "Dieser Film war musikalisch eigentlich die Geburtsstunde für das, was 'Crazy Heart' wurde."
'Crazy Heart': Bridges spielt hier Bad Blake, eine ehemalige Country Legende und wurde für seine Leistung mit dem Oscar ausgezeichnet. Die Songs, welche von T Bone-Burnett und Stephen Burton geschrieben wurden, sang Bridges selber und trug somit viel zur Authentizität des Filmes bei.
Diese Auszüge aus seiner Bio- und Filmografie belegen, dass eine grosse Leidenschaft und ein persönlicher Hang zur Musik bestehen. Insofern ist 'Jeff Bridges' als Album nur eine konsequente Fortsetzung dieses Werdeganges.
'Jeff Bridges' ist ein Album, für das man sich Zeit nehmen muss. Es sind Lieder für die Veranda, für die kostbaren Minuten am Ende eines Tages. Songs, die Zeit brauchen um zu wirken. Nichts für den hektischen Alltag. Das Understatement im Spiel eines Jeff Bridges findet sich auch in den Songs wieder, die er zum Teil selbst komponierte (!), an denen aber auch Freunde und langjährige Mitstreiter wie John Goodwin, Stephen Bruton und Greg Brown beteiligt waren. Der Sänger hält sich mit seiner Stimme stets dezent und bescheiden im Hintergrund und versucht erst gar nicht Manierismen eines Stars anzunehmen.
Das Album beginnt mit einem stampfenden Beat. 'What a little bit of love can do' ist ein schnell eingängiger Opener. Bridges Gesang ist dezent in den Hintergrund gemischt. Hier erfolgt auch gleich die Vorgabe für das restliche Album: es sind ein entspannter Gesang und lässige Songs zu erwarten. 'Falling Short' setzt das Album fort mit zupfenden Gitarren im Duett. Die Stimmung erinnert an eine aufgehende Morgensonne. Bridges Stimme kratzt und raspelt, karg ohne Sentiment. Der Song ist wie die Erinnerung an einen verlorenen Traum.
Eine klassische Pedal Steel eröffnet 'Everything but love' und beherrscht den Song. Wieder Gesang im Duett. Ein Song mit zarter Melancholie, der viel Atmosphäre versprüht. Man bekommt Lust auf den vielen Highways des nordamerikanischen Kontinents zu reisen. Der 02:30 min "Kracher" 'Tumbling Vine' wirkt wie der Titelsong zu einem Tarantino oder Rodriguez Western. Ein ein wenig martialisch klingender Mix aus Rock, Blues und Western. Verzerrte Gitarren. Interessante Instrumentierung.
Mit 'Nothing Yet' rudert er wieder zurück und ist verhaltener im Gesang. Die Atmosphäre ist wieder entspannter. 'Blue Car' hat eine rockige Attitüde und einen prägnanten Beat, umrahmt von einem klimpernden Piano. 'Maybe I missed the point' demonstriert einen gut gelaunten und gesanglich selbstsicher wirkenden Bridges. 'Slow Boat' beginnt auch slow, bleibt slow und endet slow mit einleitender Gitarre und setzt sich fort mit Gesang im Duett. Ein in sich ruhender und sehr sparsam instrumentierter Titel. 'Either Way' hat meditativen Charakter. Eine akustische Gitarre eröffnet 'The Quest', welches dem Album ein harmonisches Ende setzt.
Das Album wurde produziert von dem legendären T Bone Burnett.
Die Musiker:
Jay Bellerose: Schlagzeug
Dennis Crouche: Bass
Keefus Cianca: Keyboard
Russ Paul: Pedal Steel
Jackson Smith: Gitarre
Gast: Marc Ribot
Gastsängerinnen: Rosanne Cash, Sam Phillips und Benji Hughes.
http://www.bluenote.de/jeff_bridges
Bridges sollte auf seinen zukünftigen Alben entspannter dreinblicken. Es ist ihm gelungen ein wunderbares Album auf die Beine zu stellen, welches seine Haltung zur Musik perfekt ausdrückt. Wer nicht nur den Schauspieler, sondern auch den Musiker in ihm entdecken will, dem sei das Album ans Herz gelegt.
Als Epilog würde ich fast den Film 'Crazy Heart' vorweg empfehlen, um in die richtige Stimmung zu kommen.
link zu einem Video mit ihm auf YouTube.
Herzliche Grüsse,
Rick Deckard