JCVD
Liebe Leserinnen und Leser!
Zur Zeit lese ich das Buch 'Mainstream' von F. Martel, in dem u.a. auch ein kleines Kapitel vorkommt, in dem ausgeleuchtet wird wie schwierig es für einen Schauspieler in Hollywood ist Fuß zu fassen und wie viel Glück und v.a. Zufall neben Talent erforderlich sein muss um dort erfolgreich zu werden. Gemeinhin glauben wir ja, dass die Menschen, die diesen Beruf ausüben einen klassischen Werdegang einschlagen wie wir alle auch.
Pustekuchen!
Ob man als einer von Tausenden und Abertausenden von Akteuren für einen Film ausgewählt wird ist schlussendlich nur eine Frage von der 'Duplizität der Ereignisse' wie Jung sagen würde. Sprich: nichts weiter als purer Zufall. Der eine kellnert weiter in den unzähligen Restaurants und hofft entdeckt zu werden, ein anderer wird zweifacher Oscar-Preisträger und wieder ein anderer wird zu einer Ikone des B-Movie und Martial-Arts-Star.
Jean-Claude Van Damme gehörte zur Gruppe der letzteren.
Die 80'er Jahre. Ein Jahrzehnt schlechter Musik und schlimmer Mode, aber auch der Videotheken. Wir erinnern uns: VHS setzt sich durch und die Film-"Bibliotheken" werden zum Anlaufpunkt vor dem Samstäglichen Gang in die Disco. In dieser Ära wurde JCVD berühmt. Erst in 'Bloodsport', später in 'Leon', 'Geballte Ladung', 'Universal Soldier' und dann im John Woo Action Klassiker 'Hard Target'. Er schaffte es später mit ein, zwei Filmen sogar in die Charts und den Mainstream, bis sein Stern zu erloschen begann.
Der Feuilleton machte sich über ihn lustig, dem Bildungsbürger war er zu prollig, der Filmliebhaber und (wahre) Cineast aber mochte ihn, wusste er doch ganz genau was er in ihm sehen hatte: einzig und allein einen Unterhaltungskünstler in einer bestimmtem Branche. Nicht mehr und nicht weniger. Und er machte seine Sache gut, sonst wäre er nicht so erfolgreich geworden. Wie sagt er im Film:"Ich war mit dem Herzen dabei und musste Geld verdienen!"
Aber, aber werden die Moralapostel des Kino sagen, "das ist doch kein Schauspieler!" All diejenigen die, die dieser Meinung sind, sollten den ersten Absatz dieses Beitrages lesen und sich anschliessend 'JCVD' des französisch-algerischen Regisseurs Mabrouk El Mechri aus dem Jahr 2008 ansehen. Ich habe ihn damals verpasst, es aber heute nachgeholt.
Ein absolut grossartiger Film und das nicht nur für Nerds, Subkult(o)uristen und Fans, sondern jeden. Es gibt sehr bewegende und berührende Momente in dem Film, aber auch extrem lustige und z.T. Komik par excellence. Diese Momente wechseln und schwanken zu Beginn aber gegen Ende schlägt der Film einen ernsteren Ton an und der Regisseur versteht es mit dem Medium Film und v.a. DVD perfekt umzugehen. Man achte z.B. auf die augenzwinkernde Szene, als Van Damme aus der Post kommt.
Post? Soviel sei verraten: JCVD kommt nach einem anstrengenden Flug aus den Staaten in Brüssel an, er führt einen Prozess um das Sorgerecht seiner Tochter, ist abgebrannt und will zuhause angekommen Geld bei einer Post abheben, als ... nun, sehen Sie selbst! Diese Anfangssequenz ist eine der wirklich lustigsten und originellsten der letzten Jahre. Gut, hier und da diente 'Hundstage' von Lumet sicherlich als kleine Blaupause, aber wie El Mechri die Handlung aufbaut ist schon sehenswert.
Es ist eine sehr emotional bewegende Hommage an diesen Schauspieler und ja 'Vergessenen Helden' des B-Movie. Was aber auch für ein Talent in Jean Claude Van Damme steckt sieht man in einer der intensivsten Szenen des Films, die mich wirklich erstaunte. Und diesmal meine ich den Satz keineswegs ironisch: Van Damme hätte für den Oscar nominiert werden sollen.
'JCVD' ist ein Achterbahn-Film der Gefühle. Ich musste lachen bis die Bauch- und Gesichtsmuskeln schmerzten, aber auch tief durchatmen in einigen Momenten. Wollen Sie das auch liebe Leserinnen und Leser? Dann sehen Sie sich 'JCVD' an, Sie werden begeistert sein!
Herzliche Grüsse,
Ihr
Rick Deckard