Jahresrückblick 2011 - Popmusik

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  15. Januar 2012, 15:49  -  #Populäre Musik

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Ich fragte mich 2011, ob man sich, ähnlich wie in der Kinolandschaft, allmählich von seinen alten Helden trennen muss?

Gerade im Bereich der Popmusik, in der neues schon alt ist, wenn man es gerade entdeckt hat. Aber nicht nur deswegen, auch macht es keinen Sinn in ewiger Verbundenheit zu verharren. Die Jahre und Jahrzehnte fließen vorbei und entweder man geht mit der Zeit oder man bleibt Erinnerungen verhaftet und geht zu Grunde.

Die einzige Band, die in der Lage war diese Brücke aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu schlagen war Wilco und genau aus diesem Grund haben sie auch das Album des Jahres 2011 gemacht. Keine andere Band hat es nämlich geschafft Pophistorie geradezu kongenial mit der Gegenwart zu verbinden. Das spricht nicht nur für die Intelligenz von Tweedy und seiner Gang, sondern auch für die Liebe dieser einzigartigen Band zur Musik: 'The Whole Love'.

Auch zwei andere haben diese Brücke hergestellt, wenn auch der Vergangenheit mehr anhaftend und diese ein Stück weit auch verklärend: The High Llamas und Brent Cash. Trotz der Nostalgie sind hier zwei zeitlos schöne Alben entstanden, die es wert waren 2011 zu hören: 'Talahomi Way' von den Llamas und 'How strange it seems' von Cash. Da kamen Emotionen hoch, Erinnerungen wurden lebendig, die Schönheit der Popmusik offenbarte sich bei jeder Nummer.

Gegen Ende des Jahres überraschte dann Ryan Adams mit 'Ashes and Fire'. Wunderbar ruhige und beseelte Songs, die das Jahr 2011 ausklangen lassen.

Mehr gab es persönlich (leider) nicht.

Ich hoffe, dass 2012 da interessanter wird und muss auf den Eingangs erwähnten Text zurück kommen. Ich glaube es macht bei der Popmusik keinen Sinn mehr allzu große Leidenschaft aufzubringen und das Ganze zu sehr zu verkomplizieren und v.a. intellektualisieren, denn mal ganz ehrlich (und deswegen habe ich auch dieses Titelbild ausgewählt): Bonbons sind eben keine Pralinen.

Warum nicht Taio Cruz, Bruno Mars, Cascada, Jessie J, Jason Derulo, Katy Perry oder Rihanna hören?

Im Grunde geht es bei der Popmusik doch nur um eins: Berieselung, Spaß und Tanzen.

Sinn stiftendes in der populären Musik: hat es das jemals gegeben?

In den 60'er und vielleicht auch in den 70'er Jahren, aber danach? Es mag sein, dass es Generationen vor der meinen gab, denen eine Platte, eine Band wirklich etwas bedeutete(n), die ihr Leben wirklich beeinflusst haben, aber diese Menschen sind mit Sicherheit in der Minderzahl. Der Rest um sie herum hat immer nur so getan als ob.

Ja, richtig gelesen, Popmusik ist mehr Schein als Sein. Show. Entertainment. Nicht mehr und nicht weniger. Diese ganzen Analysen in den gängigen Print-Medien ... warum wird immer krampfhaft versucht mehr aus etwas zu machen, als es wirklich ist?

Popmusik wird niemals den Stellenwert einer ernst zu nehmenden Musik erreichen und ich glaube auch, dass diese Musikgattung in den nächsten 50 bis 100 Jahren in dieser Form verschwunden sein wird. Sound-Design wird mehr und mehr Oberhand gewinnen, eng gekoppelt mit der fortschreitenden technischen Entwicklung.

Ein weiterer Faktor über den ich 2011 auch nachgedacht habe: mit welchen Inhalten wuchsen Jugendliche eigentlich in den 90'er und 00'er Jahren auf? Gab es Ideale in der Popmusik? Was vermittelt ihnen diese Musikgattung, ausser dass das (vermeintlich) jeder kann. Diese ganzen Casting Shows im Fernsehen haben das Genre dermaßen in den Dreck gezogen und so inflationär erniedrigt, dass die Popmusik Jahre und Jahrzehnte brauchen wird sich hiervon zu erholen.

Genug gemeckert? O.K., ich höre auf. Aber eins noch: ich meine das Ernst mit den o.g. Sängern und Sängerinnen, sowie Bands. Es wird Zeit für einen Aufbruch, es wird Zeit die ganzen Spinner und Nerds hinter sich zu lassen und Popmusik als das zu KONSUMIEREN, was sie ist: ein süßes kleines Nichts.

Vom Plattenteller,

Rick Deckard

 

Bildquelle: www.keinfastfood.de

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