Jahresrückblick 2011 - Filme: Quo vadis Kino?
2011. Das Ende das analogen Kinos, der Beginn des digitalen Zeitalters. Persönlich versteht sich. Im Grunde könnte ich die Kategorien 'Vergessene Helden' und 'Filme' hier gemeinsam subsummieren. Noch nie war ich so hin- und her gerissen, wie ich Filme und das Kino beurteilen sollte.
Blickt man zurück und wird nostalgisch, so wird einem vorgeworfen, man würde die Vergangenheit verklären und alles durch eine rosarote Brille sehen. Ist man der Gegenwart zu kritisch gegenüber eingestellt, wird man bemängelt ein ewig gestriger zu sein und nicht mit der Zeit zu gehen.
Ich habe einen Blick in die Vergangenheit gewagt und mich gefragt, warum man früher eigentlich ins Kino gegangen ist? Zauber? Faszination? Entführung in andere Welten? Ist jetzt doch auch nicht anders könnte man entgegnen! Das ist die Frage!
Die überwiegende Anzahl der Filme der Neuzeit kann mir eben Zauber und Faszination nicht mehr vermitteln. Natürlich sind die Schauwerte immens, der technische Fortschritt atemberaubend, doch ... dieses wohlige Gefühl um die Magengegend, eine gewisse Form der Gemütlichkeit, die Aufregung sind dahin.
Das Kino und die Filme der 00'er Jahre, das sind Kino und Filme der Fortsetzungen, des Franchise, der Schnelllebigkeit, der Nichtigkeit geworden. Film gesehen, Film vergessen. Die Kultur der PoP-Musik hat Einzug in das Kino gefunden: was gestern noch aktuell war ist heute längst vergessen und überholt. Noch teurer, noch aufwändiger, noch hohler. Ein Film gleicht dem anderen. CGI und 3-D sind die Schlagwörter der Gegenwart, auch der Zukunft?
Gut, das Kino wurde stets als Unterhaltung gesehen, als Fortsetzung der Kirmes, als Attraktivität des Jahrmarktes. Dann ist es doch legitim, wenn die Lichtspielhäuser und die darin gezeigten Filme ihr Gewand ändern oder? Man stelle sich vor Buster Keaton, Harold Llyod und Humphrey Bogart würden in die Filmkultur der heutigen Zeit gebeamt. Ihnen würden die Augen übergehen und sie würden staunen, was für eine Entwicklung ihre Zunft innerhalb der letzten 80-100 Jahre durchgemacht hat!
Aber Filme sind doch nicht nur Bilder oder? Gehören nicht auch eine Handlung und Schauspieler dazu? Eine Geschichte? Emotionen, die auch nachhaltig bewegen, Teil der Lebenskultur werden?
Dachte ich auch. Aber wissen Sie was liebe Leserinnen und Leser? Die alten Helden, die vergessenen Helden sind tot. Vergleichbar mit Politikern. Haben sie auf der Bühne etwas zu sagen sind sie in aller Munde, treten sie ab, schon am nächsten Tag vergessen und begraben. Oder erinnert sich noch jemand ausser den Feuilletonisten der Tageszeitungen an Schauspieler wie:
Steve McQueen
Peter O' Toole
Marlon Brando
Gary Cooper
Robert Mitchum
Burt Lancaster
Gregory Peck
Montgomery Clift
Kirk Douglas
James Garner
Richard Burton
Paul Newman
Robert Redford
William Holden
Jack Lemmon
Die Liste könnte ich noch lange fortführen.
Warum zähle ich diese Namen auf? Weil für mich zum Kino auch immer Schauspieler gehören. Sie sind es, die in aller erster Linie auf der Leinwand den Zauber entfachen, der durch keine Effekte oder technische andere Gimmicks zu ersetzen ist.
Erinnern Sie sich an Robert De Niro in 'Raging Bull' oder Chris Walken in 'The Deer Hunter', an Marlon Brando in 'Apocalypse Now', an Daniel Day Lewis in 'My Left Foot', an Anthony Quinn in 'Alexis Sorbas' oder Anthony Perkins in 'Psycho'? Geben Sie es doch zu: müssen Sie nicht auch tief durchatmen, wenn Sie diese Filme und Namen lesen!
Ich vermisse auch die Regisseure des New Hollywood, ich vermisse Regisseure wie Oliver Stone, Blake Edwards, Sir David Lean, Stanley Kubrick, William Wyler, den legendären Billy Wilder, Michael Cimino, Howard Hawks, John Ford. Ich vermisse Alfred Hitchcock, Robert Wise, John Schlesinger, Alan J. Pakula, Don Siegel, das Genie Sergio Leone ... .
Clint Eastwood ist der letzte aus dieser Zeit der überlebt hat, sowohl als Schauspieler wie auch als Regisseur, deswegen hängen Lomax & ich so sehr an ihn. Er erinnert uns mit seinen Filmen daran, was Kino eigentlich ist. Daher war auch jüngst die Euphorie so groß, als ich las, dass Ridley Scott zu seinen Ursprüngen zurück kehrt.
Es ist traurig aber wahr und ich lasse mich gerne Nostalgiker schimpfen, aber wenn ich diese Namen und Filme aufzähle, dann kann ich nicht anders, als vergangenen Zeiten hinterher zu trauern. Ich glaube diese Art des Filmemachens, dieses Kino wird es nie wieder geben.
Cut.
Was ist mir aus 2011 an Filmen in Erinnerung geblieben?
- Eine offene Rechnung: ein sehr angenehmer, fast klassischer Old School Thriller mit guten Schauspielern und einer bewegenden Geschichte.
- Black Swan: ein Ausnahmeerscheinung! Einer der besten Horrorfilme der letzten Jahre, gar Jahrzehnte. Brillante Leistung von Portman. Ein dunkler, düsterer und beunruhigender Film.
- The Road: einer der verstörendsten Filme, die ich je gesehen habe. Ein Meisterwerk!
- The Town: Exzellenter Action-Thriller von Ben Affleck.
- The Tree Of Life: die Geister scheidendes, polarisierendes, überwältigendes Kino. Ein Meisterwerk!
Was war 2011 noch? Immer wieder ein Griff in die eigene Filmbibliothek. Etwas, was in den kommenden Jahren immer wieder und immer häufiger der Fall werden wird. Ich habe unendlich viel Lust auf 'Boulevard der Dämmerung', 'Psycho', 'Doktor Schiwago', 'Heat', 'Papillon', 'Gandhi', 'Das Kanonenboot am Yangtse Kiang', 'Apocalypse Now' und 'Die Hard'.
Hoffentlich besinnt sich Hollywood wieder auf seine Glanzzeiten nach Jahren mit Transformers, Harry Potter, Spiderman, Jason Bourne und anderen.
Aus dem Cinema Paradiso,
Rick Deckard
Bildquelle: jetzt.de.sueddeutsche.de