How I Met Your Mother

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  8. März 2011, 13:12  -  #Fernsehen

how-i-met-your-mother.jpg

 

Es gibt Fernsehserien, gegen die man sich nicht wehren kann oder muss oder sollte. Die amerikanische Sitcom How I Met Your Mother gehört dazu. Man muss schon sehr weit weg von dem „normalen“ Leben sein, um nicht zu verstehen, dass es sich hierbei, um feine „Wohlfühlunterhaltung“ handelt.

 

Nun ist es so, dass sich „Wohlfühlunterhaltung“ für mich kosntruiert so definiert: Nach dem ich mit meiner Lebenspartnerin einen schönen Samstagnachmittag mit Einkaufen in der Stadt verbracht habe (inkl. Latte und Einkauf im Öl und Essig Geschäft), fahren wir nach hause. Dort wir ein super gesunder Fitness-Salat gezaubert. Dazu trinke wir ein Glas Weißwein. Mehr nicht, da wir uns ja nicht betrinken wollen. In der nächsten halben Stunde geht jeder seine eigenen Wege. Um acht Uhr treffen wir uns vor dem Fernseher. Meine Lebensgefährtin sitzt schon schön eingekuschelt, mit ihrem Frotteefreizeitanzug der Marke Abercrombie & Fitch (wahlweise auch H&M) und unter ihrer Ikea-Decke (wahlweise auch Habitat) vor dem Plasma. Ich habe mich in meine total schicke Schlafanzughose geworfen und trage ein ausgewaschenes, aber immer noch cooles Sport T-Shirt (Motiv wahlweise). Auf dem Tisch stehen ein paar Gemüsesticks, eine Flasche Evianwasser, das Licht ist gedimmt. Die entsprechend zur Verfügung stehende How I Met Your Mother Staffel wird eingelegt, die Duftkerzen leuchten un stinken, der Samstagabend ist gerettet!

 

Diese Vorstellung ist natürlich der blanke Horror, selbst erlebt kaum oder ähnlich (Mrs. Lomax?) aber durchaus angenehm. Zu oft gibt es tatsächlich solche „Wohlfühlabende“, an dem man sich selbst fragt, was ist aus dem Dosenbier schießenden Pseudo Punkrocker geworden? Und wo ist der Filmfan mit Niveau? Man könnte ja auch Lesen oder einem Hobby nachgehen.

 

Aber ganz ehrlich, so widersprüchlich die ganze Sache auch es ist, diese Serie fühlt sich gut an, weil Sie ehrlich, lustig und schlau ist. Das eine füge ich mal noch direkt an, es muss gesagt werden, auch wenn ich Gefahr laufe, von dem Kulturteil der Brigitte abgeworben zu werden: Als Zuschauer wünscht man sich, mit den Protagonisten befreundet zu sein. Heimlich, ganz heimlich, wünscht man sich genau solche Freunde, die so lustig sind und so sympathisch. Persönliche Anmerkung: Sorry, Jungs seid Ihr ja alle, aber halt nicht permanent....

 

Die Sitcom How I Met Mother zeichnet sich im wesentlichen durch 3 Dinge aus: Der Mischung aus „Friends“ und „Seinfeld“, die intelligente Erzählweise inklusive spektakulärer Flashbacks und permanent gut geführter und wiederkehrender Runnings-Gags, sowie das herausragende Casting der Hauptfiguren und das wunderbare ausloten der Nebenrollen (man denke nur an den Taxifahrer Ranjit Singh).

 

Dieser letzte Punkt trägt dann auch zum größten Phänomen bei und das bei jedem Gott verdammten Menschen auf der ganzen Welt. Anmerkung: Ich freue mich schon jetzt darauf Menschen kennenzulernen, die keine Lust auf folgende Aussage haben: Es gibt ein grundsätzliches Bedürfnis eines jeden Menschen, der sechste Freund von diesen fünf Freunden zu werden:

 

Die Hauptfigur ist Ted Mosby, der in mittlerweile 125 Episoden versucht die Frau seines Lebens zu finden. Genau diese Geschichte erzählt er dann auch im Jahr 2030 seinen Kindern. Eigentlich erzählt er alles was passiert ist, bevor er seine Frau, die Mutter, seiner Kinder getroffen hat. Die zahlreichen Geschichten funktionieren also auf Rückblicke. Dieser kleine offensichtlich nicht bedeutete dramaturgische Effekt, gibt der Serie eine furiose melancholische Grundstimmung. Mosby ist nebenbei gesagt ein obersympathischer Schluffie, der gut aussieht, nicht nervt und einen guten Geschmack in jeglicher Richtung hat. Gemeinsam mit seinem Kumpel Marshall und seiner Freundin Lily, bewohnt er ein Apartment in New York. Das Apartment ist dabei kein stylisches Loft, sondern eine sympathische, denkbar tatsächliche kleine Wohnung, die im Untergeschoss eine Bar beherbergt, die tatsächlich "besuch bar" erscheint. Eine Kneipe, die alles andere als das übliche Hipsterimage hat. Marshall und Lily bilden das gesellschaftlich, bürgerliche Pedant zu Ted. Sie sind seit Ewigkeiten zusammen, wollen Kinder, wollen heiraten, haben es partnerschaftlich bereits geschafft. Dem Schluffi Ted und dem bürgerlichen Paar Marshall/Lily setzt das Autorenteam, den zur selbst Überschätzung neigenden Barney Stinson und die zynische Robin Scherbatsky entgegen. 

  

Das kurz zur Erklärung! Was man nicht erklären kann und was sich tatsächlich erst nach mehrmaligen sehen erschließen läßt , ist die Vielfalt und die Sympathie, die man für die Personen entwickelt, je besser man sie kennt.

 

How I Met Your Mother ist dazu tiefgründig, situativ und unglaublich lustig. Es gibt kein wenn oder aber, es gibt in diesem Fall nur ein dafür. Ein „dafür“ für die beste Sitcom der Welt, ohne jegliche Befindlichkeiten, die Menschen -wer auch immer das sein mag-, gegenüber solchen Serien der scheinbar oberflächlichen Unterhaltung haben!

 

Das meine ich durchaus skeptisch, denn nach meinen eigenen Recherchen, gibt es eine große Ablehnung gegen Sitcoms wie „How I Met Your Mother“ bei Menschen die um die Vierzig sind. Es ist genau wie bei der Liebe zu Comics, zur Popmusik, zum Jazz, zur Filmmusik, zur Subkultur, zur Kunst, zum Kino als Leidenschaft, zur Serie als Kunstform des neuen Jahrtausends. Es gibt kein Bewusstsein dafür. Klar, die Quoten bei dieser Serie sind gut. Pro 7 hat die neue Staffel gerade in die Prime Time versetzt. Aber die Hauptzielgruppe ist nicht der Kulturinteressierte. Dieser muffelt zwischen seiner Art House Edition rum und kann sich nicht öffnen. Auch ich muffele manchmal in dieser Edition rum, brauche aber einfach gute Unterhaltung und nette Menschen um mich herum, um weiterfahren zu können. Der Ausgleich! Und wenn so unterhaltsame, witzige und clevere Serien, wie HIMYM der Ausgleich sind, dann verschiebt sich bald ganz massiv ein Weltbild. Auch bei den Sitcoms, wo es hingegen die episch angelegte Fernsehserie aka. „Drama“ bereits lange geschafft hat.

 

An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal die Serie „30 Rocks“ erwähnen. Diese setzt allerdings ein enormes Wissen von Popkultur und gesellschaftlichen Wissen der USA voraus. Ein elitärer Schwindel, der großartig ist, aber nur für einen kleinen Kreis zugänglich bleibt. HIMYM hingegen ist für alle, die noch in der Lage sind ihren Horizont zu erweitern und nicht überheblich sind, weil auf einmal der Fernseher rund um die Uhr läuft und man sich mit seiner Geliebten unter eine Ikeadecke kuschelt und sich einfach wohlfühlt.

 

Übrigens –und ich finde kein Ende– diese Serie kann einen hervorragenden Kulturclash auslösen, weil Menschen eines jedes Milieus, die die Serie vor Menschen verteidigen werden, die egal aus welchem Milieu sie stammten, dagegen anwettern werden. Bis hin zu legendären Pharsendreschereien wie: „Das ist eine simple TV-Serie, die keine Bedeutung hat“, bis hin zu Gegenargumenten, wie: „Das sind doch alles Klischees und Vorurteile“.

 

Die Welt ist im Wandel. 

 

Alan Lomax  

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren: