Hitchcock von Sacha Gervasi: Eine Liebeserklärung an das Kino und eine stilvolle Verbeugung vor einem Meisterregisseur

von Rick Deckard  -  21. Juli 2013, 19:06  -  #Klassiker

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Der Grund, warum die meisten der heute gezeigten Filme so seltsam leblos, uniform und steril wirken, ist bei 01:24 h in dem Film 'Hitchcock' zu sehen.

Regisseur Gervasi konzentriert sich in seinem Film auf die Beziehung zwischen Hitchcock und seiner Frau, Alma Reville, parallel dazu wird die Entstehungsgeschichte von 'Psycho' gezeigt.

Herausgekommen ist einer der amüsantesten, lustigsten und erhellendsten Filme, die ich in der Vergangenheit gesehen habe. 'Hitchcock' ist aber, das muss man dazusagen, vornehmlich ein Film für Cineasten und Liebhaber des Kinos, v.a. des Regisseurs. Natürlich kann man den Film auch ohne entsprechende "Vorbildung" geniessen, aber mit einem gewissen Hintergrundwissen erschliessen sich vielfach neue Aspekte und bereits bekanntes wird in neuem Licht präsentiert.

Der Film ist eine äusserst liebevolle und leidenschaftliche Hommage an einen der grössten Regisseure aller Zeiten, vielleicht sogar dem innovatisten und besten. Dass aber der Erfolg der Filme des 'Master Of Suspense' nicht allein auf seinem Können beruhte, sondern auch auf dem Einfluss und den Ideen seiner Frau Alma, das war ein neuer und mir wenig bekannter Aspekt, v.a. in der hier gezeigten Direktheit.

Erstaunlich, wie talentiert, hingebungsvoll und erfindungsreich Alma Reville bei der Gestaltung von 'Psycho' war und nach Betrachten des Films muss man den Hut ziehen vor dieser Frau. Ich nehme an, dass 'Hitchcock' sorgfältig recherchiert wurde und dass man das Gesehene durchaus für wahr nehmen darf, abzüglich der notwendigen dramaturgischen Kniffe.

Insofern ist der Film auch eine Verbeugung vor dieser grossen Frau, auch eine Liebeserklärung wenn man so will, an die Frau an der Seite dieses Ausnahme-Regisseurs. Helen Mirren spielt ihre Rolle, wie so oft, absolut glaubwürdig. Hitchcock zu spielen ist keine Herausforderung, sondern unmöglich, insofern muss man Anthony Hopkins sehr viel Lob zollen (und der Maske), der sich dieser Ikone von aussen über Mimik, Haltung und Gestik perfekt nähert, so gut, dass man stets den wahren Hitchcock auf der Leinwand sieht.

Hinter der Kamera stand Jeff Cronenweth, der Sohn des überragenden Kameramanns Jordan Cronenweth (Blade Runner). Danny Elfman stand vor einer der wahrscheinlich grössten Herausforderungen bei diesem Film. Kein geringerer als der legendäre und brillante Bernard Hermann hatte die bahnbrechende Musik zu 'Psycho' geschrieben, wie also kein Plagiat, keine Kopie komponieren? Elfman tut das sehr geschickt und konzentriert sich vollkommen auf die Beziehung der beiden und den trockenen, britischen Humor des Meisters. Ein toller Score.

 

'Hitchcock' ist abseits dieses Fokus auf die Beziehung zwischen den beiden ein El Dorado für jeden Kino-Enthusiasten. Er zeigt, wie schwierig es war 'Psycho' zu dem werden zu lassen, was dieser Film ist, wie zermürbend die Finazierung sein kann und wieviele Hindernisse 'Hitch'  überwinden musste, um ihn auf die Leinwand zu bringen.

Der Blick hinter die Fassade der Traumfabrik ist ernüchternd und aufschlussreich zugleich. Interessant zu sehen ist auch die Tatsache, wie schwer es sein kann, den richtigen Stoff für einen Film zu finden. Wir Zuschauer kennen nur das fertige Resultat und sind entweder "Feuer und Flamme"oder vernichtend in unserem Urteil. Dass man den Machern dabei nicht immer Recht tut, auch das kann man 'Hitchcock' abseits seiner Intention entnehmen.

Es gibt unendliche viele Szenen, die einen jubeln und schmunzeln lassen, die einen in seiner eigenen Leidenschaft für das Kino bestätigen und die zeigen, was Alfred Hitchcock war:

 

Ein Genie.

 

Dieses Wort wird in jüngster Zeit so inflationär in jedem Lebensbereich ge- und missbraucht, dass man dessen wahre Bedeutung vollkommen verwässert hat.

 

Es gilt Regisseur Gervasi Dank zu sagen dafür, dass er das Publikum der Neuzeit an diesen Regisseur erinnert und dem er mit diesem Film auch ein kleines Denkmal gesetzt hat, humorvoll und voller Respekt.

 

Sollten Sie übrigens, liebe Leserinnen und Leser, 'Psycho' noch nicht kennen, dann kann ich nur eines sagen: Sie haben etwas verpasst. Der Film ist einer der, meiner Meinung nach, bedeutendsten und genialsten (trifft zu!) Filme, die je gedreht wurden und eine Blaupause für alles, wirklich alles, was danach aus diesem Genre kam. Ein Muss!

 

Ein Geniestreich.

 

Rick Deckard

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