Gunter Gabriel – Sohn aus dem Volk / German Recordings
Support your local heros! Okay, ich gebe zu hier wird der Einstieg schwierig sein, aber sollte man nicht jedem eine Chance geben! Dass, ich mal über zehn Euros für den selbst ernannten Harzt-IV-Sänger ausgeben würde, hätte ich nicht gedacht, aber Leute (um in dem Jargon zu bleiben) diese Scheibe ist eine der Überraschungen des Jahres. Autobiographisch als auch musikalisch!
Gabriel ist ein klassischer Verlierer, der sich gerne mit diesem Image identifiziert. Vier Ehen, Karriere als Schlagerbarde, Reichtum, alles wieder verloren. Glücklich hat ihn kaum etwas gemacht.
Zu meiner Zeit in Hannover habe ich den Typen einige Male persönlich getroffen. Sein Zustand war immer bedenklich. Geschönt ist da nichts, der Mann hat viel Scheiße gefressen. Warum sollte man ihm also keine künstlerische Chance geben. „Wenn Du Frust hast, wirst Du aggressiv. Und das macht dich gefährlich!“ / "Zu Gefühl!" -> legendär sind seine cholerischen Anfälle, aber auch seine Wohntrucks und Boulevardgeschichten. Ein Buch des Lebens. Viele Peinliche Momente und fast ausschließlich künstlerische Tiefpunkte.
Jetzt aber strahlt einem auf dem unglaublichen Plattentitel Sohn aus dem Volk /German Recordings, das Gesicht eines Mannes entgegen, der viel und sogar alles erlebt hat. Ein Gesicht dem Man(n) glaubt, eines wie es aus dem südlichen Amerika sein könnte. Was fehlt ist der Untertitel: Produziert von Rick Rubin.
Ich lehne mich mal weit aus meinem Wohnzimmerfenster und behaupte, dass ich im Laufe der vielen Jahren Popmusik eine Nase für gute Platten bekommen habe. Und in der Tat die ganze Platte besticht durch reife, ehrliche und sehr gut produzierte Countrypopsongs und einige Tiefpunkte der Liedcover-Geschichte, die auf aller höchstem Niveau unterhaltsam sind.
Ich würde einige tausend Dollar dafür geben, Gesichter von Radiohead Fans zu sehen, die das erste Mal „Ich bin ein Nichts“ (Creep) hören. Weitere tausend Dollar würde ich für eine handfeste Diskussion gebe, um mich von Ihnen überzeugen zu lassen, dass diese Nummer wirklich schlecht ist.
Über die Frechheit die Bowie/Ewing Nummer „Heros“ zu covern, lässt sich auch streiten. Schließlich sind einige andere Versionen auch nie Diskussionsbestandteil gewesen. Und diese Version mit den gemeinen Boss Hoss ist irgendwie charmant.
Das Haus am See Cover von Peter Vox ist einfach nur herrlich. Hätte aber auch jeder andere hin bekommen. Der Hit der Platte ist "2 Fragen" gemeinsam gesungen mit Suzie Kerstgens von Klee und Martin Wenk (Calexico) am Akkordeon. Eine wunderbares Stück Popmusik aus einer besseren Welt. Traumhaft schön.