From Paris with Love – Pierre Morel
In den achtziger Jahren war ich zwischen 10 und 20 Jahre alt. Irgendwann 83 oder 84 hat der Vater eines Nachbarsjungen einen ersten Videorecorder gekauft. Eine Sensation! Aus heutiger Sicht aber noch sehr viel sensationeller, dass er seinem 12-jährigen Sohn auch gleich noch einen Film geschenkt hat. Und zwar John Milieus’es Conan – Der Barbar. Der Film ist nicht nur menschenverachtend, sondern auch extrem blutrünstig. Aus der Sicht eines 14-jährigen aber herrlich und großartig. Teilweise mit 10 pubertierenden Jungs saßen wir im Wohnzimmer des Nachbarjungen und haben uns immer wieder den Streifen angesehen, an Ermangelung neuer Filme. Daher haben sich sicherlich auch Namen wie Milius und Stone und Poledouris recht früh in mein Gehirn gebrannt.
Nach einigen Monaten kamen neuen Filme hinzu. Außerdem nagte bereits der Zahn der Zeit an unseren Körpern und Gesichtern. Wiederholt haben wir es geschafft in die Kinofilme ab 16 Jahre zu kommen, auch wenn wir erst 12 – 14 waren. Louis de Funes, Hallervorden, Richard, Belmondo und Spencer/Hill hatten wir hinter uns gelassen. Das große Kino lag noch in weiter Ferne, denn wir wollten Action, Geballere und sinnentleerte Handlungen, um uns vom "harten" Schulalltag der achten und neunten Klasse zu entspannen.
Unsere Helden waren Chuck Norris (Bei „Invasion USA“ erinnere ich mich, dass ich auf dem Heimweg aus dem Kino echt Angst hatte. Es war kurz nach 18:00 Uhr, ein herrlicher Sommertag), Stallone, for sure Schwarzenegger und ganz besonderst der Film „Blue Thunder“ von John Badham. Blue Thunder ist ein furioser Hubschrauberfilm. Einige Sequenzen wurden auf unseren Fahrrädern zwischen Garagentoren exakt nachgespielt.
Es war eine herrliche Zeit ohne Ansprüche. Keine Fragen nach Sinn oder Inhalt. Die Unterhaltung zählte. Anspruch egal, Hauptsache es blieben ein paar Sprüche über, die man am nächsten Tag auf dem Schulhof geschickt in Gespräche mit den anderen Jungs platzieren konnte.
Luc Besson muss ähnliche Erinnerungen an seine frühen Jugend haben, sonst wäre er nicht in der Lage so einen Film wie „ From Paris with Love“ zu schreiben. Der Film blendet bewusst alles aus, was das Actionkino in den letzten 25 Jahren gelernt hat und beruft sich auf eben die o. g. Machwerke der frühen Achtziger Jahre.
Und ehrlich gesagt macht das sehr viel Spaß. Travolta als glatzköpfiger, prolliger, brutaler amerikanischer Geheimagent sagt tatsächlich so Sätze wie: „…die Hauptspeise fällt aus, kommen wir direkt zum Dessert!“. In welchem Zusammenhang er das sagt, kann sich jeder geneigte Leser ausmalen. Sein Kollege, der spießige Diplomat Reese (J.R. Meyers) muss dann auch mit erleben, wie Travolta/Wax innerhalb von 24 h 26 Leute abknallt. Und selbst das ist ein Verweis an die achtziger. In einigen Genrefilmen der Neuzeit, liegt diese Quote ungefähr in der ersten Startminuten.
Es gibt Autoverfolgungsjagden, die mit echten Autos zu tun haben. Es gibt eine herrlich unlogisch, moralisch und fragwürdige Geschichte, großartige Ballersequenzen und unfassbare Querverweise, die ich so schon lange nicht mehr gesehen habe.
("You know what they call a Qurter Pounder with Cheese in Paris? / They don't call it a Qurter Pounder with Cheese? / No, man, they got the metric system, they don't know what the f.... a Quarter Pounder is. / What do they call it? / They call it a Royal wigh Cheese.)
Insbesondere möchte ich diesen Film Rick Deckard ans Herz legen. Deckard zwar ein Kopfmensch, ein Freund der Ästehetik, aber auch ein im kindlichen Überschwang glühender Verehrer von Trashkunst., wird hier bei diesem Film bestimmt zu einem kreischenden Fan, der wie ich vor Begeisterung die Arme vorm Fernseher hochreißt und nur bei einigen Sequenzen ein in hohen Tönen raus gerufenes: „Ja, jaaah, jaaaah“ hervorbringt.
Kein Film für die Ewigkeit, aber eine echt liebevolle Reminiszenz an eine längst vergessene Zeit!
Alan Lomax