Ernest Gold: Steiner - Das eiserne Kreuz (Cross Of Iron)

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  4. April 2010, 09:02  -  #Orchestrale Musik

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Sam Peckinpah hatte den Zenit seiner Karriere überschritten, als er diesen Film über den Rückzug deutscher Truppen in Russland gegen Ende des II. Weltkriegs drehte. Der Film selber soll produktionstechnisch ein halbes Fiasko gewesen sein, der Regisseur stritt sich wiederholt mit dem Produzenten und am Ende wurde 'Cross Of Iron' mehrfach umgeschnitten. Trotzdem wurde daraus ein guter und sehenswerter Film, wenn auch Peckinpah nicht die Qualität seiner früheren Filme erreichte. Ich habe den Film länger nicht gesehen, aber in guter Erinnerung behalten, was auch an der prominenten Besetzung mit James Coburn als Steiner liegt, Maximillian Schell als seinem Widersacher und Vorgesetzten Stransky, der um jeden Preis das eiserne Kreuz als Auszeichnung erhalten will. Komplettiert wird die Besetzung mit James Mason, David Warner und Senta Berger.

Max Steiner sagte einmal, dass diejenige Filmmusik die beste sei, die man nicht wahrnehmen würde. Diesbezüglich ist der Score von Gold eine Bestätigung dieser These, denn jetzt nach Jahren das erste mal komplett auf CD gehört untermauert er diese Aussage. Mir ist die Musik, so schön sie jetzt ist und klingt, nicht in Erinnerung geblieben. Gold selbst sagte in einem Interview, dass in der Postproduction die gesamte Musik so wie sie gerade gebraucht umgeschnitten und arg von der ursprünglichen Intention getrennt scheinbar wahllos den Szenen unterlegt wurde. Mit dem Endergebnis war er nicht zufrieden. Ich finde die Musik losgelöst vom Film gehört absolut hörenswert und ein gutes Beispiel für die kontinuierliche Qualität dieses bewundernswerten Komponisten, der leider, gäbe es nicht die unermüdliche Arbeit diverser Labels, in Vergessenheit geraten wäre. Geradezu genial war die Idee Peckinpahs die Titelsequenz mit dem Kinderlied 'Hänschen klein' zu unterlegen verbunden mit einer Variation des Horst Wessel Liedes: link zur Titelsequenz auf you tube. Auch diese Innovation missfiel dem Komponisten. Ich finde, dass gerade die Verwendung des Kinderliedes in Kombination mit den Bildern und den orchestralen Einwürfen eine im wahrsten Sinne des Wortes ungeheure dramatische Wirkung hat. Zwar vollkommen anders, aber ähnlich brillant ist die Eröffnung zu 'A Bridge Too Far' (Die Brücke von Arnheim) von Sir Richard Attenborough, in der im Off die traurige Stimme von Liv Ullmann zu hören ist, die dem Zuschauer zu Beginn die Zusammenhänge erläutert, bis die grandiose Musik von John Addison einsetzt. Da ich gerade abweiche: man höre im Zusammenhang mit WW II Filmen auch den Beitrag von Ron Goodwin zu dem Brian G. Hutton Action-Klassiker 'Where Eagles Dare' (Agenten sterben einsam) mit Richard Burton und Clint Eastwood in den Hauptrollen nach einem Roman von Alistair Maclean! Barocke Elemente und martialische Klänge furios kombiniert! Aber das nur nebenbei.

Man hört der Musik eindeutig das Können und auch die Ausbildung von Ernest Gold an. Menschen die viel Filmmusik hören werden das vielleicht bestätigen können. Der Vater von Gold war Violinist und die Mutter klassische Sängern. Er selbst studierte an der Wiener Musikakademie und emigrierte später nach dem Einfall der Nationalsozialisten in Österreich in die Vereinigten Staaten. Die Musik hat eine gewisse "Schwere", wenn ich das als Laie mal so umschreiben darf, die nicht vielen Komponisten eigen ist und bereits die ersten Takte des 'Steiner Thema' bringen das gut zu Gehör. Ein dunkles, sehr emotionales und auch trauriges Thema, was sehr gut den von Coburn verkörperten Charakter umschreibt, v.a. die Verzweiflung. Dieses Thema wird ein- ums andere mal in anderen Cues variiert und eingebettet. Gold verfiel nicht dem Leichtsinn und dem Klischee klassisch militärische Musik zu schreiben, sondern orientiert sich meines Erachtens sehr stark am Innenleben der Charaktere und den Motiven der handelnden Personen. Ich muss unbedingt den Film nochmals sehen. Selten verwendet Gold bei den weiteren Stücken Instrumente, bis auf eine Eröffnung mit einer Balalaika (?), die für die Sowjetunion typisch wären. Herausragend sind auch 'Memories and Hallucinations' welches mit einer Mundharmonika beginnt, eine Melodie spielt und im Verlauf vom Summen eines Chors mit dissonanten Elementen fortgeführt wird. Tolle Komposition! Es gibt im Score nur ein Liebesthema betitelt 'Eva', eine ausgenommen schöne Melodie.

'Cross Of Iron' war eine interessante und sehr schöne Entdeckung eines der begabtesten Filmmusik-Komponisten. Leider ist die bei Kritzerland erschienene Ausgabe auf 1000 Kopien beschränkt. Ernest Gold Liebhaber sollten hier zugreifen, denn wie gewohnt wird diese Pressung schnell vergriffen sein. Eine wichtige und schöne Musik aus dem Gesamtwerk dieses so begabten Musikers. Auch das Tadlow-Reissue von 'Exodus' ist für alle Bewunderer ein absolutes Muss.

link zu einem langen und erhellendem Interview (auf Deutsch) von Gold aus den 80'er Jahren.

link zum Steiner Thema auf you tube

Rick Deckard

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