Eine offene Rechnung (The Debt) - John Madden
Liebe Leserinnen und Leser!
Das war gestern endlich mal ein Kinoabend, wie ich ihn mir stets wünsche: gutes Publikum, exzellenter Film, perfekte Unterhaltung!
Auch diesmal hat es sich ausgezahlt nichts über den Film zu wissen. Ich hatte vor ein paar Monaten lediglich den Trailer auf itunes gesehen und war seitdem gespannt. Zum einen wegen der gut gemachten Vorankündigung, zum anderen wegen der Schauspieler. Allen voran Helen Mirren und Tom Wilkinson, die fast immer Garanten für exquisites (Schauspiel-)Kino sind.
Die Handlung: Mitte der 60'er Jahre erhalten 3 Agenten des Mossad den Auftrag einen NS-Verbrecher, der sich in Ostdeutschland aufhält, zu fangen und zu überführen. Die drei arbeiten einen exakten Plan aus, wie sie ihn über die Grenze in den Westen überführen können ... .
Der Film ist ein hervorragender "Old-School"-Thriller.
Er ist enorm spannend und geht bisweilen über das Genre des Spionagefilm hinaus. 'Eine offene Rechnung' spielt auf zwei Zeitebenen. Sehr geschickt wird die Handlung in Rückblenden nochmals aufgerollt und immer wieder springt das Geschehen in die Gegenwart zurück. Dass das nicht verwirrend ist, liegt zum einen am sehr guten Drehbuch und einem wirkungsvollen Schnitt.
Für ersteres ist neben Jane Goldman und Peter Straughan auch Matthew Vaughn verantwortlich. Vaughn hat mit 'Snatch' nicht nur einen der lustigsten Filme der letzten Jahrzehnte gedreht, sondern mit 'Kick Ass' auch eine sehr gelungene Comic Verfilmung ins Kino gebracht. Die Handlung ist nachvollziehbar, verschachtelt und überzeugt mit guten Charakterporträts.
Geschnitten wurde der Film vom Deutschen Alexander Berner. Neben der ausgefeilten Dramaturgie ein wirklicher Pluspunkt des Films, da der Rhythmus eines solchen auf zwei Zeitebenen spielenden Films wesentlich davon abhängig ist (meines Erachtens) wie die Sequenzen montiert sind und das gelingt Berner perfekt.
Der Film enthält die typischen Elemente eines Spionage-Thrillers, arbeitet aber auch Themen wie Schuld und eng damit verbunden Gewissen auf. Wie ein roter Faden ziehen sich diese Motive von Anfang bis zum Ende durch den Film. Ein weiteres Plus ist, dass zu keinem Zeitpunkt übermäßige Pathetik oder Moral mit erhobenem Zeigefinger das Erlebnis trübt. Es gibt einige sehr gute und zum Nachdenken anregende Dialoge in dem Film, insbesondere eine Schlüsselszene, der man sehr genau lauschen sollte. Ich musste in diesem Zusammenhang an 'Das weisse Band' denken (!).
Natürlich lassen Filme aus diesem Genre Schauspielern wenig Raum zur Entfaltung, da die Handlung und der Thrill die Stars sind. Trotzdem vermögen es alle Akteure ihre Rollen überzeugend darzustellen und in Erinnerung bleiben natürlich die oben genannten Mirren und Wilkinson, aber auch und v.a. die "Newcomerin" Jessica Chastain, die eine höchst sensible und beeindruckende Leistung zeigt, als auch der dänische Schauspieler Jesper Christensen als NS-Verbrecher, den zu beobachten einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.
'Eine offene Rechnung' war eine echte Überraschung und definitiv einer der (persönlichen) Anwärter für die besten Filme des Jahres 2011. Das Jahr neigt sich immerhin dem Ende zu. Regisseur John Madden, bekannt geworden durch 'Shakespeare In Love', liefert einen ausserordentlich guten Film ab und ich hoffe, dass er es schafft dieses Niveau mit seinen Folgeprojekten zu halten.
Eine wirkliche Empfehlung!
Herzlichst,
Rick Deckard