Ein Zug für zwei Halunken - Robert Aldrich

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  24. Juni 2012, 11:24  -  #Filme

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Robert Aldrich: ein zu Unrecht vergessener Regisseur. Mit 'Vera Cruz' veränderte er nachhaltig das Western-Genre, mit 'Wiegenlied für eine Leiche' lieferte er eine Blaupause für Horror-Filme mit einer beeindruckenden Bette Davis in der Hauptrolle, 'Der Flug des Phönix' ist einer der spannendsten Abenteuerfilme und 'Das dreckige Dutzend' wurde in der Folgezeit unzählige Male variiert und kopiert, bis in die heutige Zeit. Robert Aldrich - ein Meisterregisseur!

Im Rahmen der persönlichen kleinen Lee Marvin Retrospektive an diesem Wochenende war der Film eine sehenswerte Wiederentdeckung. Es geht um den Kampf zweier Männer zur Zeit der grossen Depression im Amerika der 1930'er Jahre. Die meisten sind Mittellos und haben alles verloren, die Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise, mit dem was die Menschen auf dem Körper tragen, bewegen sie sich durch ein trostloses Amerika. Einer dieser Tramps ist Ass Nr. 1, gespielt von Lee Marvin. Er hat es sich zum Ziel gesetzt auf dem Zug Nr. 19 nach Portland zu fahren, wäre da nicht Schack. Letzterer wird verkörpert von Ernest Borgnine. Schack ist ein gnadenloser Zugführer, der mit unnachgiebiger Härte und Sadismus Tramps von seinen Zügen schmeisst. Schnell macht es die Runde, dass Ass Nr. 1 auf dem 19'er fahren will, das Duell beginnt ... .

Regisseur Aldrich zeigt uns ein wahrhaftig deprimierendes Amerika: Überwiegend dreckige Müllhalden, Siedlungen mit Landstreichern, die einst erfolgreiche Männer waren und nun vor sich hin vegetieren. Als Kontrast sehen wir aber auch schöne Landschaften an denen die Züge vorbeiziehen. Passend hierzu schrieb Frank DeVol einen wunderschönen Score mit Americana durch und durch, sowie einem wunderbaren Titelsong.

Lee Marvin spielt den Tramp gewohnt kaltschnäuzig und abgebrüht, die "Entdeckung" des Filmes ist aber der legendäre Ernest Borgnine, der hier eine grandiose Performance abliefert. Seine Mimik ist geprägt von unfassbarem Hass und dem Hang zur Willkür und Gewaltbereitschaft. Es gibt wenige Schauspieler auf der Welt, die so gut solche Emotionen verkörpern können oder konnten. Diese barbarischen Züge kumulieren in dem Höhepunkt des Films, dem finalen Kampf auf dem Zug zwischen Marvin und Borgnine. Eine analoger Kampf der absoluten Extraklasse zwischen zwei Haudegen der alten Schule, geführt mit einer selbst für damalige Zeiten unglaublichen Brutalität.

Koch Media hat die DVD vor einiger Zeit herausgebracht und das Bonusmaterial ist für Cineasten wirklich lohnenswert: Ein Audiokommentar von einem Filmhistoriker, ein 7 min. Making Of sowie ein 28 Seiten Booklet mit u.a. einem Interview von Francois Truffaut und dem Regisseur.

Vom Zug Nr. 19,

Rick Deckard

 


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