Echo 2011

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  25. März 2011, 12:11  -  #Fernsehen

amigos_aug07.jpg

 

Als ich mal nach Köln gezogen bin ich ein begeisterter Anhänger und Teilnehmer der Popkomm. Aufgrund früher Bekanntschaften hatte ich die Möglichkeit mir als akkreditierter Teilnehmer anzusehen was die Musikindustrie so zu bieten hat und habe nebenbei zahlreiche unvergessliche Konzerte gesehen. Ein wahrer Höhepunkt und tatsächlich vergnügliche Tage der neunziger Jahre. Das Drama mit Berlin und der gleichzeitigen Abwanderung der Popkomm dürfte dem Interessierten bekannt sein.

Inzwischen ist die Popkomm Geschichte und das letzte Überbleibsel ist tatsächlich die Musikpreisverleihung Echo geblieben.

In der gestrigen ARD-Show gab es einige Rückblende auf die ersten Verleihungen die damals noch in der Kölner Flora in ganz kleinen Rahmen stattgefunden hat. Der Jugendsender Viva und die Vermainstreamung der Altnativenmusik, dass Aufkommen der Elektronischen Musik (A) und vieles mehr haben damals ihren Teil zur Entwicklung der Musik beigetragen.

So gab es schon immer, obskure Nominierungen, Vermischungen und teilweise legendäre Auftritte von Bands die man eigentlich bei so einer Veranstaltung nicht vermutet hat(te).

Das inzwischen der Mut fehlt, tatsächlich auf diese Alternativen zu setzen liegt an der fehlenden Aufbruchstimmung. Auch historisch bezieht man sich unter der Überschrift „Absonderlichkeiten“ ehr auf einen langweiligen Auftritt der Toten Hosen (die den Preis in eine Mülltüte steckten) als auf z. B. Tocotronic die damals den Preis verweigerten, weil sie eben nicht Teil einer Jugendbewegung sein wollten.

Unter dem Motto „Unsere Leidenschaft ist ihnen rätselhaft“ könnte man auch diesen kurzen Rückblick auf den gestrigen Abend sehen.

Gerne informiere ich mich ab und zu mal über die aktuelle Chartlage. Erwartungsgemäß gibt es dann auch wenig aufregendes oder bewundernswertes, sondern nur abscheuliches und bedauernswertes wie den merkwürdigen Versuch Arcade Fire zu kopieren und in Form der unfassbar unerträglichen Single „Schiffsverkehr“ zu pressen (Herbert Grönemeyer), die langweiligen Hurts zu sehen und die omnipräsente Lena zu ertragen, bis hin zu angenehmen Abwechslungen wie den „Amigos“ (Beste Volkstümliche Musik) oder irgendwelchen mir unbekannten Randnotizen wie den Echo für Schlagerstar X zu registrieren. Wo ist der Sub in Richtung Jazz, Elektro oder Klassik (ohne den Tenören mit irgendwelchen Zusatztiteln). Schlimm wie sich die deutsche Musikindustrie feiert ohne irgendwelche Qualitäten auszuweisen. Wo sind die wichtigen, kompromisslosen und innovativen Bands und Interpreten wie z. B. 1000 Roboter oder meinetwegen ___________ (kann jeder für sich einsetzen, wenn er einen Namen parat hat)?

Klar, keine 1.000.000 Dollar Deals, aber eben wichtig, auch für die Industrie! Schließlich wagt man mit der (für mich persönlich) unerträglichen Ina Müller einen großen Schritt in dauerhafte Unerträglichkeit. Warum sollte dann ein drei Minuten Liveauftritt einer z. B guten Hamburger Band den Leuten weh tun. Und alle sind glücklich! Denn darum geht es doch. Unterhaltung der alten Schule, über alle Genres hinweg, mit dem Geist für das besondere und erhabene der Glitzerwelt.

Wirklich famos und beeindruckend war der glanzvolle, erdige, ehrliche und musikalisch hochwertige Auftritt von Joy Denalane mit ihrem alten Macker Max Herre und Legende Klaus Doldinger. Herr Doldinger muss auch die unfassbaren Bläsersätze geschrieben haben. Welche die ich in der Form mit der Breite und cleverness in Deutschland noch nie gehört habe.

Und dann macht das doch auch alles wieder einen Sinn. Oder, liebe Grönemeyer und Hurts Fans?

Alan Lomax   

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren: