Die Queen – Stephen Frears

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  11. Januar 2011, 10:01  -  #Filme

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Ich mag den Boulevard und ich mag Geschichten über Königshäuser! Bei Friseuren und Ärzten lasse ich die 4 Wochen alte Spiegelausgabe, den 6 Wochen alten Stern oder das 3 Jahre alte Geo-Magazin liegen und schnappen den anderen gerne die Bunte, Gala oder „Das goldene Blatt“ (in der Reihenfolge meiner persönlichen Lieblingsmagazine) weg.

 

Ich weiß gar nicht genau, ob das meine „weibliche“ Seite oder ob das ganze überhaupt eine geschlechtsspezifisches Thema ist? Ich finde die Geschichten meist höchst amüsant und bin gleichzeitig vom Geben und Nehmen der Prominenten bzw. der Presse fasziniert.

 

Bei Königshäusern kommt dann noch diese unglaubliche, altmodische und starrsinnige Welt hinzu. Viele Menschen lieben ihre Monarchien, weil sie einen Hang zum Romantischen haben. Viele Menschen regen sich über die teure und antiquierte Verfassung auf. Beide Seiten haben recht. Kein Zweifel, aber eine gewisse Faszination kann man dem ganzen nicht absprechen. Insbesondere nicht wenn es um das englische Könighaus geht! Einen interessanten geschichtlichen Aspekt gibt es auf jeden Fall und der Eskapismus der Windsors ist legendär, interessant und eigentümlich.

 

Genug Gründe also, sich den Geschichten anzunehmen!

 

Stephen Frears hat das mit seiner Umsetzung zeitgemäß versuch. Gelegentlich gelingt ihm ein guter satirischer Blick hinter die Mauern, gelegentlich scheitert er aber auch an tatsächlich kitschigen Sequenzen. Was ich nicht verstehe, da der Ansatz des Filmes gut gemeint ist. Alleine die Tatsache, dass er die bürgerlichen Sequenzen im Schmalfilmformat gedreht hat und die königlichen Sequenzen in einem Breitwandformat (mit nicht verwackelter Kamera) ist lustig zu sehen, da so eine bissige Visualität eingefangen wird.

 

Frears konzentriert sich bei seiner Geschichte auf die Ereignisse im Jahr 1997. Tony Blair (den man nach diesem Film einfach lieben muss) wird Premierminister, Prinzessin Diana stirbt in Paris. Frears beschäftigt sich dann in der Folge weitestgehend mit dem Gefühlshaushalt der Königin. Die der Hysterie ihres Volkes nichts abgewinnen kann, tatsächlich in der größten Krise ihres Lebens steckt und schließlich doch nach gibt und für Diana ein Staatsbegräbnis anordnet. Es ist die innere Zerrissenheit die die Rolle von Elisabeth II in dieser Geschichte interessant macht. Die Tatsache wie diese Frau an ihrer eigenen Welt zu zerbrechen droht.

 

Der Film ist ein guter Film, weil es Stephen Frears gelingt einerseits bissig zu sein, anderseits Respekt vor seinen Hauptfiguren hat, sie nicht überzeichnet, sondern wunderlich, aber auch humorvoll darstellt. Vielleicht ist das sogar ein wirklich kunstvoller Griff.

 

Gelingen würde dem Regisseur das ganze nicht, wenn er nicht eine so großartige und würdevoll aufspielende Helen Mirren als Schauspielerin hätte. Mirren hatte interessanter Weise vor dem Filmengagement die Gelegenheit Elisabeth I. zu spielen. Erstaunlich an dieser Leistung ist das Mirren aussieht wie die Queen und auch permanent ihre Contenance behält, in emotionalen Sequenzen, aber genau das Fünkchen mehr gibt, welches man der echten Queen nicht zutraut, aber vielleicht gerne mal sehen möchte. Alleine dieses Schauspiel zu bebobachten, ist es wert diesen Film zu sehen.

 

Frears ermanht uns, dass es sich hier um ein politisches, wichtiges Establishment handelt und nicht um Boulevardtheater. Umso mehr ich drüber nachdenke, desto besser gefällt mir der Streifen. Das ist immer ein gutes Zeichen. Ein wirklich außergewöhnlicher Film!

 

Alan Lomax

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