Der Wind und der Löwe (The Wind And The Lion)

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  22. Januar 2011, 18:39  -  #Filme

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Die Filmografie von Sean Connery ist sehr vielseitig. Als einer der wenigen Darsteller des 'Agenten Ihrer Majestät' gelangte er abseits vom Franchise zu Weltruhm.

Im Jahr 1975 drehte er mit John Milius den Abenteuerfilm 'Der Wind und der Löwe', in dem es um die Verwicklungen der Grossmächte England, USA, Deutschland und Frankreich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Nordafrika, genauer Marokko geht. Milius zeigt darin den aussichtslosen politisch motivierten Kampf eines der letzten Berberfürsten gegen seine eigenen Landsleute, als auch gegen die Intervention der Grossmächte in seinem Land. Diese Vorgaben (Imperialismus und militärische Intervention) sind freilich ein Vorwand für den Regisseur und Drehbuchautor daraus einen (prachtvollen) Abenteuerfilm zu drehen. Um die Entführung einer amerikanischen Staatsbürgerin (dargestellt von Candice Bergen) durch den Fürsten Raisuli (gespielt von Connery) herum inszenierte er eine Handlung, die sattsam aus allem schöpft, was einen Film dieses Genres ausmacht: Romantik, Action und Schauwerte. Das gelingt Milius auf allen Ebenen.

Das romantische Element wird genährt v.a. durch die Anziehung zweier Menschen aus verschiedenen Kulturen in einem für die Frau fremden Land. Der britische Kameramann Billy Williams (der später für Sir Richard Attenborough's Meisterwerk 'Gandhi' einen Oscar erhielt) lieferte faszinierende Bilder von Bergen und Wüsten und die Blaupause hierfür (von Milius so selbst angegeben) ist kein geringerer als 'Lawrence Of Arabia'. Schauwerte gibt es en masse.

Die Action ist wohldosiert und auf angenehme Weise 'old school'. Die Gewalt wird angedeutet, aber nie explizit gezeigt, der Regisseur überlässt es der Phantasie der Zuschauer. Der finale Kampf ist spannend und dynamisch gefilmt und als Zuschauer bekommt man im Vergleich zu vielen Filmen der Neuzeit mit, wer gegen wen kämpft.

Der eigentliche Genuss diesen Film zu sehen liegt aber für Cineasten vielmehr darin in die (Gedanken-)Welt eines John Milius einzutauchen. Lomax hatte es in einem der Beiträge hier geschrieben, was für ein faszinierender Charakter Milius ist, der sich selbst als 'Zen-Faschisten' (!) bezeichnet. (Auch ich kann in diesem Zusammenhang das wirklich höchst unterhaltsame Buch von Peter Biskind 'Easy Riders Raging Bulls' aus dem Heyne Verlag empfehlen, in dem die Entstehung der Ära des New Hollywood ein zentrales Thema ist. Absolut lesenswert und kurzweilig).

So wird der 26. Präsident der Vereinigten Staaten im Film als ein äusserst resoluter Politiker gezeigt, der auf die Jagd geht und ein Waffennarr ist. Brian Keith, der Teddy Roosevelt perfekt mimt, sieht dem Original verblüffend ähnlich. Die Soldaten sind eine Mischung aus Cowboys und Draufgängern, die ihr Schicksal gerne selbst in die Hand nehmen. Diese Vorwürfe des Reaktionären gegen Milius sind bekannt und machen ihn umstritten, aber gerade das ist das anziehende an seiner Person. Er polarisiert. Das Geheimnis liegt einfach darin, dass man ihn nicht allzu Ernst nehmen darf, so webt immer eine Prise Ironie und Sarkasmus durch seine Filme, wie auch hier. Zumindest bringt Milius einen zum lachen. Wüsste zu gern, wie ein Slavoj Zizek diesen Film analysieren und welchen Subkontext er ihm unterlegen würde?

Kein Wunder also, dass der legendäre amerikanische Regisseur John Huston einen Berater von Roosevelt spielt, Huston, der selbst ein passionierter Jäger war und bekannt für seine zum Teil streitbaren Ansichten.

Sean Connery hinterlässt einen bleibenden Eindruck und spielt den Berberfürsten mit einer Mischung aus Rebell, Humor, Nonchalance und verführerischen Exotik. Man achte übrigens einmal darauf, wie er zu Beginn des Films als Charakter fotografisch eingeführt wird. Das ist grosses Kino und die Präsentation eines Stars, wie es sie heute auf der Leinwand kaum noch oder nicht mehr gibt. Connery meistert sowohl die Actionszenen als auch die Dialoge mit grosser Überzeugung. Candice Bergen liefert den ideal besetzten weiblichen Gegenpart, resolut, aber auch verletzlich. Die Chemie stimmt.

Zum Abschluss sei eines nicht vergessen: Der amerikanische Filmkomponist Jerry Goldsmith lieferte zu diesem Film eine der grandiosesten Partituren seiner Karriere und der Filmmusik überhaupt. Ein mitreissender Score voller Abwechslung, exotischen Klangfarben, Dynamik und Leidenschaft. Ein Meisterwerk, welcher jeder Filmmusik-Fan einmal gehört haben sollte, insofern er ihn sowieso nicht schon kennt. Rangiert ganz weit oben auf den vorderen Plätzen meiner 'All Time Favorites'.

Rick Deckard

link zu dem Track 'Raisuli Attacks' von der Filmmusik auf You Tube.

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