Cool Hand Luke (Der Unbeugsame) - Paul Newman

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  14. November 2010, 10:36  -  #Filme

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Wie verändert sich ein Film in der eigenen Anschauung, wenn man ihn nach Jahrzehnten wieder sieht? Über diese Frage habe ich mir gestern am meisten Gedanken gemacht.

In dem Film wird Luke Jackson, eindrucksvoll verkörpert von Paul Newman, zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt, nachdem er beim beschädigen von Automaten auf offener Strasse von der Polizei aufgegriffen wird. Von seiner Person erfährt man nicht mehr, als dass er ein hochdekorierter Kriegsveteran ist, der sich im Leben nicht mehr zurecht findet. Im Gefängnis passt er sich zunächst den Gepflogenheiten an. Nachdem er Nachricht vom Tod seiner Mutter erhält, startet er Ausbruchsversuche und lehnt sich gegen seine Wärter auf. Er wird mit seiner auflehnenden Art zum Helden aller anderen Insassen, die sich an dem Spektakel immer wieder ergötzen. Trotz aller Drangsalierungen und Demütigungen schafft es die Instanz 'Gefängnis' nicht, den Protagonisten in seinem Willen und seiner Einstellung zu brechen.

Der Film wurde von Stuart Rosenberg 1967 inszeniert und neben Newman agieren George Kennedy und viele andere namhafte Darsteller, u.a. Strother Martin als Oberaufseher und Leiter des Gefängnisses. Lalo Shifrin schrieb eine wunderbar passende Musik, mit wechselnden dynamischen und intimen Momenten unter Einbeziehung seiner bekannten Stilmittel aus der Paarung von PoP (in diesem Fall Blue Grass) und Symphonik.

Als ich den Film vor fast 20 Jahren sah war ich beeindruckt und begeistert, das war ich gestern auch, nur unter anderen Vorzeichen. Wenn man den Film als Heranwachsender sieht imponiert einem die Haltung von Newman als Rebell, als einem der seine persönliche Freiheit schätzt und sich aus welcher Motivation auch immer gegen das Establishment auflehnt. Was früher vor allem beeindruckte, waren seine Haltung und der Trotz und dadurch Akzeptanz in der Gruppe, in diesem Fall die Insassen. Newman erfüllte viele Vorgaben eines Helden, die man nur allzu unkritisch bewunderte.

Heute wirkt der Film vollkommen anders, nach wie vor ist er sehr imposant und hinterlässt einen nachdenklich. Mein Augenmerk war viel mehr auf die Motivation und die Biografie des von Newman gespielten Charakters gerichtet. Warum tut er das? Was treibt ihn an? Trägt diese ständige Auflehnung nicht sinnlos masochistische Züge? Newman wird einem plötzlich bewusst als eine Art Märtyrer. Das wird insbesondere deutlich nach der '50 Eier essen'-Sequenz, als er erschöpft auf dem Tisch wie der gekreuzigte Jesus liegt. Früher habe ich den Hinweis erkannt, heute werte ich ihn.

Früher überzeugte der unbändige Wille von Paul Newman, seine störrische Haltung, sein Charisma. Heute ist es eher der Subkontext des Films. Heute ist viel interessanter zu sehen, wie sich die Menschen um den Protagonisten verhalten. So lange Newman sich auflehnt, bietet er Unterhaltung für alle anderen und wird unterstützt, ohne dass sich einer von den Insassen sich ihm anschliessen würde. Sobald er aber bedingt durch Demütigungen und körperliche Erschöpfung aufgibt und sich seinen "Bossen" unterwirft, wenden sich alle plötzlich angewidert ab. Keiner hilft ihm, keiner steht ihm bei.

Genau dieses Wechselspiel, diese Haltung der Menschen ist zeitlos, weswegen der Film auch heute noch wirkt. Ein beeindruckendes filmisches Statement, nicht zuletzt auch durch die fabelhafte schauspielerische Leistung von Paul Newman, einem der vielseitigsten und besten Charakterdarsteller, die es im amerikanischen Kino gegeben hat. Seine physische Präsenz ist beeindruckend, sein Körperspiel, seine Mimik, aber seine wahre Stärke offenbart er in den leiseren, stilleren Momenten des Films.

Zum einen die Szene, als seine Mutter ihn im Gefängnis besucht, zum anderen als er von ihrem Ableben erfährt. Was man hier sieht ist Schauspielkunst par excellence! Newman zieht sich mit seinem Banjo auf seine Pritsche zurück und singt das Lied 'Plastic Jesus' (welches übrigens äusserst populär wurde). Ich bezweifle es, ob die Beaus der Gegenwart in der Lage wären eine solche Intensität auf die Leinwand zu zaubern.

Es lohnt sich Filme, die man vor langer Zeit gesehen hat und von denen man beeindruckt war nochmals neu zu sehen, gerade im Hinblick auf den eingangs erwähnten Gedanken. Erst dann zeigt sich, ob die Begeisterung die man dafür empfand auch die Zeit überdauert hat, auch oder gerade weil die Vorzeichen sich verändert haben.

Bezüglich 'Cool Hand Luke' kann ich abschliessend für mich feststellen, dass es ein sehr beeindruckender und zeitlos guter Film geblieben ist, mit einigen Schwächen zwar, aber inhaltlich nach wie vor sehr überzeugend.

Insbesondere eine Zeile aus dem Film, die übrigens enorm populär wurde, ist absolut zeitlos im Hinblick auf menschliches Miteinander:

"What we've got here is failure to communicate!"

Rick Deckard

link zu einem sehr gelungenen Zusammenschnitt von Musik und Bildern aus dem Film auf You Tube

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