Contemporary R&B: Timbaland 1 : Pharrell 0
Ich liebe Hip Hop! Muss ich ja auf diesen Seiten nicht mehr erwähnen! Die Liebe wird gerade wieder größer, weil vieles andere sich weiterhin im Kreis dreht. Obwohl ich mir vor einigen Tagen wieder der Bedeutung von The Notwist bewusst wurde, als „Kong“ in einem Pariser FNAC auf Dauerrotation lief. Die Band Sun Kil Moon finde ich auch toll; …und alte Punkrocknummern zaubern mir bei Autofahrten durch den zarten Frühlingsanfang ein Lächeln ins Gesicht. Aber wenn ich alte Rap-Nummern höre, die durch Auto-Tune in die richtige Spur gebracht wurden, dann zappelt es innerlich und mein Herz schlägt künstliche Vibrati.
Vor kurzem hatte ich ja bereits über Kendrick Lamar geschrieben. „Top Dawg Entertainment“ kündigt die neue Scheibe von ihm nun für den September an. Vielleicht ganz gut so und im Sinne der bis dahin kommenden Wetterfront! Denn Lamars neustes Werk, soll finster wie ein Kohleeimer werden.
Um nicht nur in der Welt der Vergangenheit zu stöbern, gibt es aber derzeit enorm viel zu entdecken. Und auch zu vergleichen. Der weltweite Nummer-eins-Hit „Happy“ des ewigen Talents Pharrell Williams, lässt vermuten, dass die Plattenindustrie einen Nachfolge Hit sucht.
Auch Williams Vergangenheit ist im Prinzip interessanter. Hören Sie sich nur mal das Album „Kaleidoscope“ von Kelis (2002) an. Oder den Meilenstein „The Neptunes Present – Clones“ (2003)! Unfassbar gute Musik, unglaubliche zeitgemäße Produktionen die tatsächlich die Hitparaden für ca. 5 Jahren beeinflusst haben. Umso interessanter ist nun sein neuer Longplayer „G.I.R.L.S“. Aber leider auch desto enttäuschender! Pharrell scheint auf der Stelle zu treten. Das ganze Album ist voll von klebrigen Gesang und schwülstigen Disco und R’n’B Passagen, die nichts mehr mit den Soul- und Funk-/Rock orientierten N.E.R.D Alben und schon gar nichts mit den bereits genannten Hip Hop-Perlen zu tun haben.
Ohne Frage der Typ ist ein Genie und ein Sympathikus. Anfang des neuen Jahrtausends durften einige Haldern-Veteranen KELIS mit den Neptunes (ja auch mit Pharrell Williams sehen) auf dem alten Reitplatz sehen. Ein unvergesslicher Auftritt, der aus meiner Sicht (das erste mal) eine Wende ins Booking brachte. Natürlich passte die komplette Las Vegas Gang nicht dort hin. Unfassbarer, wann dann aber die Performance und die Schlägerei vor der Bühne, weil einige ewig gestrige Jutebeutelträger rumgebuht haben und zu recht von den schwarzen Security’s der Band auf die Mütze bekommen haben.
Vielversprechend fängt dann auch sein aktuelles Album an. Das Intro des Openers „Marilyn Monroe“ ist von Hans Zimmer geschrieben. Wir hören eine wunderschöne Orchesterpartitur. Es folgt ein leichtes Tanzstück, dass an Michael Jacksons Siebziger Phase erinnert. Der Beat entwickelt sich. Irgendwann befinden wir uns im Jetzt. Das ist natürlich große Kunst und wenn man erst mal anfängt, die Sounds und einzelnen Spuren auseinanderzunehmen, wird das ganze bestimmt zum Hinknien. Aber irgendwie nerven die Popsongs mit „Random Access Memories“ Anleihen schnell und man hat den Eindruck, dass dort eine Geschichte weitergeschrieben wird, die bereits 2013 erfolgreich und erwähnenswert, aber auch beendet war.
G.I.R.L.S klingt seltsam überladen und ich hege der Vermutung nach, dass Williams einfach sein Genie, seine tausenden von Soundideen, nicht Herr wurde und das gesamte Album dadurch zu aufgesetzt, zu wenig real, zu wenig Authentisch, nicht zeitgemäß ist. Die Clubs in Miami, die DJs in New York und die Großraumdiskos im Ruhrgebiet werden das anders sehen. Doch mir persönlich ist dieses -zu sehr strahlende- Werk zu Energetisch und zu sehr „to experience the outer space“ (You Gotta Go Inward). Reduktion, Minimalismus und weniger superfunky, wäre mehr gewesen. Da bin ich ja konsequent Old-School!!!
Triumphzug hin oder her, Hip Hop Hooray! Der alte Klassenkamerad Timbaland, dem man sicherlich schlimmere, Charts garantiertere und vor allen Dingen abscheulichere Kooperationen vorwerfen kann, beeindruckt derzeit mit einer inoffiziellen Zusammenstellung seiner besten Werke auf dem Mp3 Album „Keep It Real“.
In den Klassenbüchern des Hip Hops wird man irgendwann lesen können, dass „The Neptunes“ und Klassenkamerad Timbaland den Underground Hip-Hop in den Mainstream eingeführt haben. Puristen rufen: ‘buh’, Fans rufen: ‘Yeah’! …put your Hands up in the air and sing: I just don’t care!
Timbaland hat Millionen gemacht, Pharrell macht sie jetzt! Die Zeichen einer Wende ist trotzdem nicht da! Dennoch punktet bei diesem Vergleich der massive Timbaland. Denn der Mann kauft nicht noch eine extra rosa Zuckerwatte, sondern verklebt lieber die alten Tunes und Sounds. Alleine seine Drumbeats sind extraordinär und lassen staunen. Kein Mensch, programmiert eine synthetische Snare besser, als der beste Freund von Missy Elliott und Melvin „Magoo“ Barcliff.
Was also willst Du Hip-Hop-Bohne Lomax uns jetzt sagen! Pharrell ist scheiße und Timbaland cool!? Oder was? Hä!
…ich finde es gibt Missverständnisse in der Rezeption von Williams retrofuturistischer Fortsetzung, des letztjährigen Klassikers von Daft Punk. Die Disco ist gutgelaunt. Die Beatboxen und funky Bläsersätze funktionieren, die Idee jedoch ist falsch, weil sich dieses Album in seinen Zuhörer verheddern wird und es dann niemand mehr hervorholen wird.
Die Snare, das Sounddesign des Timbaland und der HipHop-Standard von „Keep It Real“ gewinnen diesen apologetischen Contest. So ist das nun mal! Und jetzt gehe ich wieder tanzen!!!
Alan „OJ“ Lomax