Charade - Henry Mancini

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  1. Juli 2012, 19:28  -  #Orchestrale Musik

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Charade bedeutet soviel wie Rätsel. 1963 drehte der begnadete Regisseur Stanley Donen einen der spannendsten und elegantesten Thriller mit den damaligen Weltstars Audrey Hepburn und Cary Grant in den Hauptrollen. Immer wieder wurde Charade mit den komödiantischen Thrillern eines Alfred Hitchcock verglichen, jedoch fand Donen meines Erachtens eine eigene filmische Sprache für seinen Mix aus Spionage-Thriller und Komödie. 3 Jahre später drehte er einen ähnlich gelagerten Film mit Sophia Loren und Gregory Peck in den Hauptrollen, ebenfalls spannend und sehr unterhaltsam: Arabesque.

Für beide Filme schrieb Henry Mancini die Musik. Das Label Intrada hat jetzt den kompletten Score veröffentlicht. Wie Jeff Bond in den Liner Notes schreibt, wurden die Filmmusiken eines Mancini selten als reine Scores herausgebracht, sondern die einzelnen Themen oder Titel wurden durch den Komponisten so umarrangiert, dass sie in der Struktur und Form Popmusik-Alben glichen, was sich in den Umsätzen und Positionierung in den Charts bemerkbar machte.

Nun hat der interessierte und geneigte Hörer die Gelegenheit die Musik so kennen zu lernen, wie sie im Film vorkommt. Bereits der Main Title mit dem Titelvorspann von Maurice Binder ist ein echter Ohrwurm mit den typischen kompositorischen Eigenheiten eines Henry Mancini: Melodie, schnelle Eingängigkeit und dadurch hohe Hörqualität:

 

Die weitere Musik zeichnet sich aus durch viel 60's PoP-Scoring, tanzbaren Nummern, Latin-Rythmen und hier und dort Ausflüge in den Jazz (Megeve, Latin Snowfall, Mambo Parisienne, Orange Tamoure).

Dass Henry Mancini aber mehr konnte als gemeinhin bekannt, beweisen im Weiteren Stücke wie z.B. Positive Identification oder Empty Room. Der Komponist war durchaus und sehr gut in der Lage Filmmusik zu schreiben, die die Stimmung und Atmosphäre einer einzelnen Szene oder Sequenz beschreibt oder verstärkt. Ein wunderbares Beispiel ist der Track Bye Bye Charlie komponiert in einem kammermusikalischen Stil für Streichinstrumente. Als Hörer fühlt man sich weit in die Historie zurückversetzt, dadurch gewinnt die Musik auch abseits der Bilder an Qualität. Das folgende Punch and Judy hingegen hat wieder eine ganz andere Klangfarbe, wirkt zirzensisch, fröhlich, komödiantisch und naiv. Beide Titel zeigen über welche grossartigen musikalischen Fähigkeiten ein Mancini verfügte.

Der Film spielt zu grossen Teilen in der Grande Nation, Paris. Der Komponist fängt das Lokalkolorit musikalisch wunderschön ein, u.a. mit Akkordeon wie z.B. bei dem Titel Mean Cat. Confide In Me ist ein Track der die Spannung, die Ungewissheit mit sehr wenigen Instrumenten einfängt. Immer wieder baut Mancini sein Hauptthema in die einzelnen Stücke ein mit Variationen des Tempos und der Klangfarbe. Mit Bistro folgt eine Komposition wie weiter oben erwähnt und sie ist ein Beleg für das Talent des Komponisten im Hinblick auf seinen Reichtum an Melodien. Hook Fight untermalt den Kampf zwischen George Kennedy und Cary Grant mit eher langsamen Tempo. Poor Dead Herman ist zu Beginn ein Track mit viel Ironie und schwarzem Humor später reine Spannung suggerierend.

Notre Dame and Drip-Dry Waltz nimmt zu Anfang wieder das Charade-Thema in langsamen Tempo auf mit leicht melancholisch-romantischer Note und wird im zweiten Teil etwas relaxter und fröhlicher von der Stimmung im Übergang zum Walzer. Musik, die durch ihre Eleganz und z.T. auch Raffinesse an die goldenen Jahrzehnte in Hollywood erinnert. Bateau Mouche ist unverkennbar französisch in Instrumentierung und Stimmung. Das folgende Charade ist ein Titel mit mehrstimmigem Gesang die Melodie des Main Title als Grundlage nehmend. Nach dem kurzen Gideon Goes Down folgt das etwas zu lange und auch langweilige Carousel Medley. Die Musik nimmt an Tempo, Spannung und Action auf mit den schnelleren Metro Chase, Son Of Metro Chase und Game Over. True Identity kehrt in romantischere Gefilde zurück, nimmt das Hauptthema auf und beendet die CD.

Charade ist eine Filmmusik die viel Sixties-Flair und wohl dosiert Lokalkolorit versprüht sowie viel Charme, ein äusserst melodisches und schnell greifbares Hauptthema zur Hand hat und in dieser Zusammenstellung von Intrada ein sehr guter Beleg ist für die musikalischen Qualitäten eines Henry Mancini, einem der bekanntesten und auch populärsten Komponisten der Traumfabrik.

So sahen Trailer in vergangenen Zeiten aus:

 

Au revoir,

Rick Deckard

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