Belmondo oder Delon ?
Es gibt auch ein Kino abseits der Buchstaben hoch oben auf dem Hügel in der Stadt der Engel. Frankreich ist eine grosse Nation, aber auch eine grosse Kinonation mit stilbildenden Regisseuren, einer Unmenge an Stars die es zu Weltruhm gebracht haben und auch vielen, leider zu wenig erwähnten Filmmusik-Komponisten. Eigentlich bin ich hier fehl am Platze, da Mr. und Mrs. Lomax auf diesem Gebiet viel bewanderter, belesener und besehener sind als ich, aber meine Zuwendung zum französischen Kino unterscheidet sich ein klein wenig von der ihren. Sehr oft haben wir in der Vergangenheit Diskussionen hierüber geführt, z.T. hinter Glasscheiben und mit viel Emotion und v.a. ein Regisseur, namentlich F. Truffaut, war Spielball der Unterhaltungen. Aber es geht mir hier nicht um einen polemisierenden Diskurs über das 'Für und Wieder' dieses Teils der Erde mit seinem Kinoverständnis, sondern allgemein um das französische Kino selbst. Was mich an französischen Filmen stets fasziniert ist die Atmosphäre die diese Filme verströmen, wobei ich nicht vermag diesen Ausdruck in Zusammenhang mit den Filmen zu erklären.
Erst kürzlich habe ich 'Public Enemy No. 1' mit Vincent Cassel in der Hauptrolle gesehen, einem fulminaten, spektakulären und energetischen Zweiteiler um den Staatsfeind Nr. 1 in Frankreich über den ich später schreiben werde und dieser Film wiederum war ein Auslöser über diesen Beitrag. Nun kann man in wenigen Sätzen nicht die gesamte Historie des Kinos der 'Grand Nation' zusammenfassen, daher ist der Aufhänger ein Satz aus Jugendtagen, der so oder vielleicht anders häufiger formuliert wurde:"Wenn findst 'n besser?" Jean Paul Belmondo und Alain Delon waren die absoluten Superstars der Kinoszene und für mich heute noch 2 Schauspieler, an die ich mich gerne zurück erinnere.
Beide Stars waren für mich immer wie zwei Seiten einer Medaille: Belmondo stets der charmante, nonchalante Lebemann, Boheme und in gewisser Weise Dandy, der auch in ausweglosesten Situationen die Oberhand behielt, gut gelaunt war, flapsig, komisch und manchmal auch albern, der in Thrillern und Kriminalfilmen aber auch seine dunkle, gewalttätige, böse Seite zeigen konnte. Delon war immer der unnahbare, kühle, einsame Star mit einer fragwürdigen Aura, unverschämt gut aussehend, kühl, manchmal auch eiskalt, der mit seiner Souveränität zu punkten wusste. Für diese Eigenschaften habe ich beide bewundert, jeden auf seine Art.
Mit Jean Luc Godard und seinem 'Ausser Atem' (A bout de souffle) konnte und kann ich bis heute nichts anfangen. Belmondo gefiel mir aber mit seinem athletischem Aussehen, seinem Stil und seiner Kleidung. Das erste mal, dass ich richtig aufmerksam auf ihn wurde war seine Darstellung in Jean-Pierre Melvilles 'Le Doulos', 'Der Teufel mit der weissen Weste', in dem er einen äusserst zwielichtigen Charakter spielte. Ich fand Anleihen am Film Noir und seinen Charakteren und die Art wie Belmondo da spielte faszinierte mich. Ein ganz grossartiger Krimi in schwarz-weiss gedreht, von einem der, wie ich finde, stilvollsten Regisseure der Welt. In den Zeiten, als in der ARD nach 'Dem Wort zum Sonntag' noch grosse Filme gezeigt wurden sah ich u.a.:
- Die Millionen eines Gehetzten ('L'aine des Ferchaux)
- Dünkirchen, 2. Juni 1940 (Week-end a Zuydcoote) - einem sehr unterschätzten Film
- Abenteuer in Rio (L'homme de Rio) - einer meiner absoluten Lieblingsfilme mit einem grossen Score und einer unfassbar schnellen und atemberaubenden Handlung!
- Das Superhirn (Le cerveau) mit dem unvergessenen Bourvil in einer der Hauptrollen
Nach dieser Zeit kamen dann sowohl die knallharten und überaus sehenswerten Thriller, als auch lustige und alberne Komödien, die trotzdem ihren Charme hatten, wie z.B. 'Angst über der Stadt' (Peur sur la ville), 'Der Greifer' (L'alpagueur), einem der härtesten, besten und präzisesten Thriller mit ihm oder auch dem sehr lustigen 'Ein irrer Typ' (L'animal). 1981 hatte er dann seinen letzten grossen Wurf mit einem der besten französischen Filme, der zwar extrem kontrovers diskutiert wurde, aber auf der Leinwand in höchstem Masse effektiv war: 'Der Profi' (Le profossionnel) mit dem unglaublich melancholischen und wunderschönen Thema von Ennio Morricone!
'Bebel' wie er in Franreich genannt wird ist für mich ein persönlicher Held, weil er alle Eigenschaften im Laufe seines langen filmischen Lebens besass, die man als Schauspieler mit einer solchen Beigabe haben sollte. Er ist jemand, den ich gerne auf der Leinwand sah und auch heute noch sehe, weil er das 'gewisse etwas' besitzt, was einen Star ausmacht.
Welchen Film ich mit Delon zuerst gesehen habe weiss ich nicht mehr, ich weiss nur eines und auch wenn das zunächst oberflächlich erscheint. Sein Gesicht, seine Gesichtszüge fand ich phänomenal! Was für ein smarter Typ! Very handsome. Solche Schauspieler haben es mit dem nötigen Talent natürlich um vieles einfacher. Ich glaube es war 'Der Clan der Sizilianer' von Henri Verneuil in dem ich Delon das erste Mal bewundern durfte. Seine rigorose, skrupellose und eiskalte Art als Gangster Sarte fand ich höchstem Masse imponierend. Wobei der Film, ebenfalls geadelt mit einem der besten Scores von Ennio Morricone, ein absoluter Klassiker ist, vielleicht auch ein kleiner Meilenstein des französischen Kriminalfilms/ Thrillers. Neben Delon spielen der legendäre Jean Gabin als Vittorio Manalese und Lino Ventura als Inspector Le Goff. Wie Delon in diesem Film einen Aal am Strand tötet sagt alles über seinen Charakter in dem Film aus. Nach und nach begegnete ich dann:
- 'Nur die Sonne war Zeuge' eine famose Verfilmung des Patricia Highsmith Romans, ungemein spannend!
- 'Der eiskalte Engel' (Le samourai), Melville's Meisterwerk!
- 'Vier im roten Kreis', ebenfalls von Melville und für mich einer der besten Filme aller Zeiten mit Gian Maria Volonte, Bourvil und Yves Montand in weiteren Rollen. Faszinierend!
- 'Scorpio, der Killer' von Michael Winner mit Burt Lancaster als seinem Gegenpart.
- 'Die Abenteurer' (Les Aventuriers), einem der schönsten Filme des französischen Kinos mit Lino Ventura in einer weiteren Rolle.
Leider muss ich gestehen, dass ich wegweisende Filme wie 'Rocco und seine Brüder', 'Der Leopard', Monsieur Klein' und 'Der Fall Serrano' noch nicht gesehen habe. Da besteht noch Nachholbedarf.
Müsste ich o.g. Frage beantworten würde ich immer antworten: Beide!
Allein die Auflistung dieser wenigen Filme zeigt, welch immensen Reichtum das französische Kino zu bieten hatte. Ich werde mich im Jahr 2010 vermehrt dem europäischen und besonders französischen Film zuwenden, insbesondere auch den Filmen solcher Künstler, die ich bisher aus mir nicht näher bekannten Gründen gemieden habe: Truffaut und Tati.
A bientot,
Rick Deckard
Ennio Morricone: überragend!
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