Begierde - Tony Scott
Tony Scott begleitet mich und Mr. Lomax seit fast einem Jahrzehnt mit seinen Filmen und mehr als einmal haben wir uns "über ihn" amüsiert, insbesondere wegen seiner Statements in den Specials bei den diversen DVD's. Gestern fiel mir in der DVD Ablage eines berühmten Konsum-Tempels der Film 'Begierde' in die Hände. Format 1:2,40, Audiokommentar, 80'er Jahre. Da ich sowieso abgekämpft von der Woche war, erschien er mir als der richtige Einstieg für das Wochenende. David Bowie, Catherine Deneuve und Susan Sarandon in den Hauptrollen.
Ich wurde 93 min "köstlich" unterhalten, das Debüt von Mr. Scott ist in die Jahre gekommener Edeltrash. Gleich zu Beginn wabern Nebel in einer Discothek, eine Band namens Bauhaus singt einen Song in einem Käfig über den toten Bela Lugosi und die Herrschaften Deneuve & Bowie sind auf der Suche nach frischem Blut. Schnell stellt sich heraus, dass es sich um Vampire handelt, aber alles ohne die üblichen Eckzähne- und Knoblauchklischees, deren Ursprung vermutlich in einem ägyptischen Fluch liegt. Zu Klängen klassischer Musik fahren die beiden mit einem New Wave Pärchen in ein schönes Haus, trinken Alkohol und dann deren Blut, die ganze Szene gegengeschnitten mit einem ausrastenden Affen in einem Versuchslabor in New York, welcher nicht mehr lange zu leben hat und einen Artgenossen tötet. Die Wissenschaftlerin die das alles beobachtet ist Susan Sarandon.
David Bowie spielt den Geliebten von Deneuve und merkt, dass er plötzlich rasend schnell altert (exzellente Maske!) und sucht die Wissenschaftlerin auf, die sich eben mit dem Prozess des schnellen Alterns beschäftigt. Sarandon hält Bowie aber zunächst für einen Spinner und hilft ihm nicht. Dieser altert weiter und weiter und wird schliesslich von Deneuve auf dem Dachboden ihres edlen Hauses mit all ihren anderen Geliebten lebendig in einem Sarg begraben. Das alles zu wehenden Gardinen und umherfliegenden weissen Tauben. Nun muss ein neuer Partner her und huch!, plötzlich klingelt Sarandon an der Tür. Natürlich gerät sie in den Bann der rätselhaften Deneuve, wird verführt, beide verbringen zu 'Lakhme' von Delibe eine Liebesnacht (die damals für den üblichen "Skandal" sorgte) und die neue Lebensgefährtin erwacht als Vampir. Die Sequenz, die vor der Bettszene spielt ist übrigens im Spannungsaufbau grossartig gelungen!
Ziemlich krude Handlung, oder?
Tony Scott war wie sein Bruder Ridley Werbefilmer und das sieht man jeder Szene an. Optisch und daran gibt es nichts zu zweifeln ist der Film ein Hochgenuss: Erlesen, sehr stilvoll fotografiert und wunderschön ausgeleuchtet. Das muss man T. Scott lassen, seine Bildsprache ist immer wieder beeindruckend. Technisch ist der Film makellos, streckenweise perfekt geschnitten. Viele Szenen werden mit klassischer Musik untermalt und das Licht, die Verwendung von Hell und Dunkel sind meisterlich, auch das 'in Szene setzen' der Charaktere.
Inhaltlich ist der Streifen gehobener Trash. Damals beeindruckend und stylish, heute eher mau. Das Grundmuster der Geschichte ist sicherlich interessant, wird aber sehr umständlich erzählt und künstlich in die Länge gezogen. Alle Charaktere rauchen in allen Szenen um die Wette und tragen sowohl in Badezimmern als auch in dunklen Räumen Sonnenbrillen und sind gut angezogen. Die 80'er Jahre Frisuren rauben einem den Atem. Scott verwendet alle möglichen Farbfilter um den Himmel von rosarot bis orange erscheinen zu lassen und man hat ständig das Gefühl, wäre man nicht von Untoten umgeben, dass man sich in einer Kaffee-, Pralinen-, Longdrinks- oder Sonnenbrillen-Werbung befindet.
Der Einfluss von Ridley Scott's einem Jahr vorher gedrehten Meisterwerk 'Blade Runner' ist unübersehbar, leider verfügt aber Tony Scott nicht über das gleiche erzählerische Talent. Trotzdem ist der Film unterhaltsam und endet in einem "sehenswerten" Slow Motion Zombie-Trash Finale. Ich empfehle einen italienischen Kaffee, Florentiner Kekse und einen alten Sherry sowie eine Stange Zigaretten als Beigabe für diesen Film, dann kann man ihn am besten geniessen. Dazu offene Fenster, Designer Kleidung und etwas Beton Gel und Tonnen von Haarspray als Outfit und natürlich eine Sonnenbrille von Bausch & Lomb, die ein Klassiker in den 80'ern war.
Weiteren Freunden von Tony Scott kann ich 2 wirklich gute Filme von ihm empfehlen: 'Der Fan' mit einem grossartig spielenden Robert de Niro von 1996 und den grandiosen sowie optischen brillanten Thriller 'Mann unter Feuer' mit Denzel Washington aus dem Jahr 2004. Letztens habe ich 'True Romance' nochmals gesehen und war "schockiert" wie Filme im Laufe der Jahre ihre Wirkung verlieren, die sensationelle und alle Zeiten überdauernde Szene zwischen Walken und Hopper natürlich ausgenommen!
Rick Deckard