Crash of the Cropduster
Gespräch Alfred Hitchcock / Francois Truffaut; Hitch: „Ich will Ihnen dazu eine amüsante Geschichte erzählen. Im ersten Teil widerfahren dem Helden mit einer unglaublichen Schnelligkeit alle möglichen Dinge, und er versteht überhaupt nichts mehr. Eines Tages kam Cary Grant zu mir und sagte: Ich glaube, das ist ein ganz fürchterliches Drehbuch. Wir haben jetzt schon ein Drittel des abgedreht, es passiert alles Mögliche, und ich weiß noch immer nicht, worum es geht.“
Mit der „Der unsichtbare Dritte“ hat Hitchcock einen seiner scheinbar leichtesten Film inszeniert. Der sympathische Held gerät in eine wilde Fluchtgeschichte, die ihn quer durch die Lande treibt.
„The Master of Suspense presents a 3000-mile chase across America!"
In dem Film gibt es zwei denkwürdige filmhistorische Sequenzen. Die fast 15-miutige Einstellung in einer offenen Landschaft, bei der ein Angriff mit einem Doppeldecker-Flugzeug auf Cary Grant gezeigt wird und die berühmte Sequenz auf dem Mount Rushmore.
Unvergesslich ist auch die Leichtigkeit des Filmes. Auf der kürzlich erschienen 2-Disc Special Edition wird einem dies insbesondere durch das brilliant restaurierierte VistaVision Material bewusst. Die Bilder sind gestochen scharf und das erstmal in meinem Leben habe ich wahrgenommen, dass der MGM Löwe im Anfangstrailer, den gleichen grünen Hintergrund hat, wie die furiose Anfangssequenz des Filmes, die von Designer Saul Bass gestaltet wurde.
North by Northwest gehört nicht zu meinen liebsten Hitchcock Filmen, was zum größten Teil an dem zweiten Teil des Filmes liegt. Hitchcock unterliegt hier seinen eigenen Ansprüchen! Er macht die Ausgangssituation zu stark. Obwohl der Zuschauer im zweiten Teil in die Auflösung eingeweiht wird, wird der Film zu schwerfällig. Die ganze „berühmte“ Mount Rushmore Sequenz, kann ich ehrlich gesagt nicht mehr sehen, da sie mich fürchterlich langweilt.
Trotzdem zählt der Film zurecht zu den populärsten Filmen des Meisters. Was auch an einer Art der Zusammenfassung des amerikanischen Werks Hitchcock liegt, aber wohl auch an Cary Grant.
Grant zeigt hier seine verblüffend komische Seite und sieht aus wie der best aussehenste Mann der Weltgeschichte. Einfach unfassbar.
In diesen Film ist weiterhin viel reininterpretiert worden. Natürlich fasst er nicht nur Hitchcocks amerikanischen Werk zusammen, sondern vereint auf „virtuose, zugleich unterhaltsame Weise alle Qualitäten des Thrillers, des Abenteuerkinos und der Kriminalkomödie und bietet ganz nebenbei eine doppelbödige-ironische Anthologie US-amerikanischer Landschaften, Mythen und Denkmäler“ (Lexikon des internationalen Films)
Truffaut hat gesagt, dass die Summe aller filmischen Erfahrungen zu Tage tritt. Womit er zweifelsohne recht hat, für mich persönlich ist es aber „nur“ „eine sehr erfreuliche Sache“ (Sunday Review)
Auf jeden Fall bewerkenswert ist das fast 3-stündige Bonusmaterial der DVD-Edition und der Audiokommentar von Drehbuchautor Ernest Lehmann.
Für uns Filmmusikfreunde sei natürlich zu dem noch die Tonspur, nur mit Musik erwähnt. Ich besitze die neu eingespielte Version des London Studio Symphony Orchesters, die angeblich besser ist als die Originalaufnahme von 1959. Leider kann ich das nicht bestätigen, da mir diese Einspielung nicht vorliegt. Wenn es sich dabei allerdings um die Tonspur der DVD handelt kann ich nur bestätigen, dass der fast perfekte klare Stereosound, den Kauf der DVD rechtfertigt.
Bernard Herrmann’ Komposition gehört schon immer zu meinen Lieblingsscores. Aus meiner Sicht ist hier auch die beste Zusammenarbeit zwischen den beiden Genies entstanden. Zu Vertigo kommen wir später in diesem Jahr, warum ich Psycho nicht erwähne werde ich auch noch erklären.
Der Film ist fast 130-Minuten lang und es gibt kaum eine filmische Sequenz, die nicht mit einer Partitur unterlegt ist. Näher waren Film und Musik kaum besser verwoben um einen fast unerträglichen Spannungsbogen zu erzeugen. Die nervösen Streicherpassagen sind streckenweise nicht zu ertragen, ähnlich wie das Pech das unseren geliebten Helden Grant verfolgt. Es gibt kaum Atempausen in dem musikalischen Verlauf. Herrmann gibt keine Ruhe und lässt das Ohr des Zuschauers nicht zur Entspannung kommen. Sicherlich verursacht der Film auch gerade deswegen so eine unangenehme Atmosphäre, fast Beklemmung. Trotz der leichten und unterhaltsamen Inszenierung.
Der Rhythmus scheint die Handlung voranzutreiben, der markante Takt wirkt auf mich immer merkwürdig orientalisch. Was auch an den aufblitzenden Xylophon- und Tambourin-Akzenten liegen mag. Um dazu eine Idee zu bekommen sollte man sich wahrscheinlich „The 7th Voyage of Sinbad“ anhören. Was ich in den nächsten Tagen gerne tun werde. In vergangen Tagen habe ich nach „North by Northwest“ immer gerne vor Alfred Newmanns „Airport-Theme“ gehört. Obwohl dort natürlich der Streicherfahrstuhlplüsch der siebziger dominiert, finde ich die Rhythmen beider Themen ähnlich dynamisch. Das Newman hier von Herrmann abgesehen hat, liegt wohl auf der Hand.
Einen weiteren musikalischen Vergleich gibt es bei Finchers „Panic Room“. Fincher selbst hat auf den Vergleich sauer reagiert und auf die Frage was ihm die Referenz bedeuten würde, sehr barsch mit einem „Nichts“ geantwortet. Insbesondere die Schlusssequenz nimmt sehr gekonnt die hermannschen Motive auf. Ich kann Howard Shore sehr gut verstehen und finde es übrigens auch ein legitimes Mittel, große Meister der Filmmusik, zu referenzieren. Ein interessanter Aspekt dieses Genres, welches Herrmann übrigens auch sehr gut bei sich selbst vollzieht.
Bei der Recherche zu diesem blog-Eintrag habe ich festgestellt, dass die Zusammenarbeit zwischen Herrmann und Hitchcock insbesondere bei „North by Northwest“ sehr intensiv war. Auch theoretisch wird dieser Score in vielen Arbeiten abgehandelt.
Das es charakterliche Gemeinsamkeiten zwischen den beiden gab, dürfte klar sein. Der gemeinsame Hang zur Perfektion, aber auch eine kameradschaftliche Beziehung waren vorhanden. So bekochte Hitchcock den Komponisten und seine Frau gerne. In der Küche muss es dann lange Gespräche gegeben habe. Da hätte ich gerne zugehört! Aber insbesondere hätte ich zu der Musik von eben „North by Northwest“ einige Fragen gehabt, die hier offen bleiben.
Alan Lomax