PoP MuSiK

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  4. Oktober 2009, 12:16  -  #Populäre Musik





Ich glaube man sucht immer etwas in der Kunst, am meisten etwas von sich selbst. Musik und auch die populäre Musik sind eine Kunstform oder gehören zur Kunst. Popmusik bietet eine Projektionsfläche und ist auch gleichzeitig ein riesiger Fundus um sich selbst oder wesensverwandtes zu entdecken und sich zu bedienen. Die Frage die sich mir gestellt hat ist die, ob PoP Musik ihre Bedeutung ab einem gewissen Alter nicht mehr erfüllen kann? Ist sie wie eine Süssigkeit, die mit wunderbaren bunten Verpackungen und einfachen aber effektiven umschmeichelnden Gerüchen lockt, deren Geschmack und Zauber aber im Laufe der Jahre verpufft und man dahinter kommt, dass sie junge, unerfahrene, wütende, fragende und suchende Menschen verführen und locken kann, aber Menschen die gewisse Erfahrungen im Leben schon gemacht und gesammelt haben mit ihrem künstlich zusammengestellten Ingredienzen nicht mehr locken kann?
 
Manchmal so scheint es versucht man krampfhaft an ihr festzuhalten, obwohl es sinniger erscheinen würde loszulassen und neue musikalische Wege zu gehen. Nun gibt es ja die Menschen die Musik einfach hören um ihrer selbst willen ohne sich grössere Gedanken dabei zu machen, aber auch Menschen wie mich und Mr. Lomax beispielsweise, die versuchen viele Zusammenhänge zu verstehen. An letztere sind diese Zeilen gerichtet. Ich glaube, auch wenn ich Popmusik weiterhin hören werde, dass diese Musik bei mir 'ihre Aufgabe' erfüllt hat. Sie genügt meinen Ansprüchen nicht mehr und deswegen langweile ich mich auch. Daher diese Suche nach etwas neuem, nach etwas riskantem, mutigen in der Musik. Sieht man sich aber um, egal ob im Internet in den gängigen Stores oder aber in den Printmedien so erkennt man, dass bis zu einem gewissen Grad das voran preschen unterstützt wird um dann irgendwann wieder von vorne anzufangen. Man nennt das auch sich geschickt auf der Stelle bewegen um damit Flexibilität musikalisch vorzugaukeln.

Was ich in den letzten Jahren festgestellt habe ist, dass diese Musik nicht von der Stelle kommt, wie ein Loop,
eine Wiederholung nach der anderen. Dann fangen Bands auch noch an eines der (musikalisch) schlechtesten Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts zu glorifizieren und kopieren, dass einem übel wird. Die Generationen, die nicht in diesem Jahrzehnt aufgewachsen sind glauben dass auch noch und finden das grossartig. Da wird einem schlecht. Was aber auch passiert ist, dass keine Kollaborationen zwischen den einzelnen Sparten der Popmusik stattfinden. Was für fantastische Alben daraus entstehen können zeigten vor Jahren einmal Elvis Costello & Burt Bacharach. In den Siebzigern fusionierte der Jazz mit dem Rock und dem PoP. Noch davor gab es den Rock n' Roll. Für was werden eigentlich mal die 00'er Jahre stehen? Das Jahrzehnt der Plagiate?

Aber Musik ist immer auch ein Spiegelbild der aktuellen Gesellschaft und sieht man sich genau und sorgfältig um, dann verwundert einen die Monotonie in der Musik nicht. Wie soll aus Hedonismus etwas erwachsen? Natürlich kann jetzt der einzelne anfangen und sagen 'aber die Band' oder 'der Künstler' usw. und so fort. Aber es geht hier nicht um die Vorlieben und den Geschmack des Einzelnen der Popmusik rezipiert, sondern die Entwicklung in der Musik selbst. Mir sind diese ganzen Sparten in der Popmusik mit diesem 'Post sonst irgendetwas', der ganzen so genannten Independent Szene und den 'The' Bands' die Monat für Monat gehypt werden zuwider und auch suspekt. Da wird nicht wirklich etwas neues oder interessantes geschaffen, nur die Verpackung ist jedes mal anders. Der Inhalt ist immer der gleiche Mist. Immer und immer wieder. Siehe 'Franz Ferdinand', 'The Kooks' etc. etc. 

Mitnichten ist ein Sättigungseffekt aufgetreten, als dass man sagen könnte ich hätte mich überhört, das wird ja immer gerne als Vorwand genommen, nur langweilt die aktuelle Musik, ob in den Charts, den Feuilletons oder den Rezensionen in entsprechenden Magazinen. Da wird dann das neue Album der 'Arctic Monkeys' als etwas besonderes und geschichtlich wertvolles verkauft. Gähn. Genauso wie irgendwelche obskuren elektronischen oder Pseudo-innovativen Bands, die sich Monat für Monat einem auf allen möglichen Covers entgegenstrecken. Hört man sich dann deren Stücke an tritt er wieder auf, dieser Gähn-Effekt. Neben der Musik sind es auch die Texte die nicht zu überzeugen wissen. Ein Bestandteil der Popmusik, der scheinbar völlig in Vergessenheit zu geraten scheint. Alles achtet nur noch auf den Sound, den Effekt und die Ordnung des Lärms, das Texte auch ein Vehikel sein können um ein Lebensgefühl oder aktuelle Geschehnisse zu transportieren, das scheint vollkommen vergessen zu werden. Anlässe wie die aktuelle Krise gäbe es genug. 

Man kann sich aber auch mit allen zufrieden geben, die Augen verschliessen und so tun als sei nichts, was die meisten Menschen gerne machen, weil es so wunderbar einfach ist. Dann sind es natürlich alles "Hammer-Bands" und "Grossartige, alles bisher sprengende Bands" oder "einfach nur schöne Musik" usw. und "was soll die ganze Aufregung überhaupt" Statements. Nur dann kommt man als Musikliebhaber und Interessent einer solchen Kunst nicht weiter. 

Ist das auch der Grund warum immer und immer wieder Musiker wie Bob Dylan, The Beatles, The Rolling Stones, Bruce Springsteen usw. zitiert werden? Weil man weiss was diese Musiker erreicht und wie sie die Musik verändert haben?Klammert man sich deswegen an diese Künstler? Ich glaube schon.

Um es zu definieren: Filmmusik, Klassik und Jazz zähle ich nicht zur Popmusik. In der Klassik ist es ja nicht anders. Da wird das bekannte Material Jahr für Jahr, Jahrzehnt für Jahrzehnt immer wieder nur neu interpretiert. Beim Jazz, der laut einiger Intellektueller ja schon längst tot sein soll, flackert hier und da auch noch ein Fegefeuer auf, wenn auch nur der Eitelkeiten.

Popmusik ist wie Zuckerwatte auf der Kirmes. Nach erstem Staunen verpufft sie ganz schnell und fällt in sich zusammen. Ich warte gespannt was sich in den nächsten Jahren in der Musik so tut. Und bevor es missverstanden wird: diese Zeilen sind nicht Ausdruck einer Frustration, ist ja schön einfach so etwas immer schnell zu behaupten, sondern nur der Versuch einer kritischen Auseinandersetzung mit einem festen kulturellen Bestandteil des Alltags.

Rick Deckard 
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