Deutsche Amerikaner
Den typischen Amerikaner gibt es nicht, oder besser gesagt "den" Amerikaner. Dieses Land wurde von Menschen unterschiedlicher Nationalitaet und verschiedenen ethnischen Gruppen besiedelt und die Deutschen, die Iren und Englaender sind, bzw. waren gemessen an der Zahl fuehrend. Woher und v.a. warum und wann wanderten die Deutschen nach Amerika aus, wo zog es sie hin und wie entwickelte es sich weiter? Bohrende Fragen, die nach einer Antwort suchen.
Wen es interessiert:
Der Hoehepunkt der Einwanderungswelle waren die Jahre von 1830 bis 1890. Weniger religioese oder politische Motive waren es, die die Menschen bewog hierher zu kommen, sondern rein wirtschaftliche. Wobei es das Ziel dieser Einwanderer war nicht etwas neues, sondern eher altbekanntes zu etablieren. Rein geografisch betrachtet war es schwer "den" Deustchen auszumachen, da es vor 1871 keine deutsche Nation gab, sondern nur ein Staatenverbund. Die Amerikaner haben in ihren Statistiken nur diejenigen aufgenommen, die innerhalb der Grenzen von 1871 lebten, demnach wurden Schweizer, Oesterreicher und deutschsprachige Ungarn ausgeschlossen. Auf der anderen Seite wurden Minderheiten in Deutschland wie z.B. deutschsprachige Polen in Preussen und Daenen in Schleswig Holstein als 'Deutsche' eingeordnet, so dass es kein praezise umschriebenes Bild davon gab, wer nun ein Deutscher war.
Was die Deutschen nun bewog in die Staaten zu kommen war die Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg, was verwundert, da die 'Modernisierung' nirgends so enorm fortschrittlich und wegweisend in Europa war wie in Deutschland zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Aber die alten Strukturen aenderten sich und war es in der Prae-Industrialisierung fuer Soehne einfach ihre Vaeter zu uebertreffen, was die Aneignung von Land oder Facharbeit betraf, so wurde dies in Zeiten der Industrialisierung deutlich schwerer. Also war die Auswanderung eine echte Alternative im Hinblick auf neue Moeglichkeiten einen guten Job zu bekommen.
Das Reisen wurde schneller und bequemer, es gab Dampfboote und Eisenbahnen. Ueber Haefen wie Le Havre, Liverpool, Bremen, Bremerhaven und Hamburg zog es die Menschen ueber den Ozean. Wobei diejenigen, die aus einem Dorf in die Stadt zogen "folgerichtig" weiter auswanderten.
Oben sieht man in Rot-Abstufungen die Regionen, in denen sich die Deutschen niederliessen. Die Iren taten dies vornehmlich in grossen Staedten, die Deutschen zog es eher auf das Land, bzw. in den mittleren Westen. Cincinnati, Saint Louis, Chicago, Cleveland, Dayton und Detroit waren die Staedte mit den hoechsten Konzentrationen an deutschen Auswanderen. Es gab ein sogenanntes deutsches Dreieck bestehend aus den Punkten St. Louis, Cincinnati und Milwaukee. Im Vergleich zu den Iren waren die Deutschen v.a. praesent in handwerklichen Berufen: Die grossen Bier-Brauereien waren z.B. Arbeitgeber, daneben arbeiteten sie als Baecker, Fleischer, Zigarren-Hersteller, Moebel-Produzenten, Schneider und Maschinisten. Die Frauen waren als Krankenschwestern, in der Waescherei und als Baeckerinnen taetig, aber auch vornehmlich in amerikanischen Haushalten. Dadurch, dass die Frauen in den "haeuslicheren" Bereichen taetig waren konnten sie viel schneller die Sprache lernen und die Eingliederung in die Gesellschaft erfolgte um ein vielfaches schneller als bei den Maennern. Letztere hingegen lebten und arbeiteten ausschliesslich unter Ihresgleichen. Sehr viele arbeiteten in der Landwirtschaft und waren als Farmer taetig. Die Deutschen neigten viel mehr als die anderen Einwanderer unterschiedlicher Nationen dazu, schnell sesshaft zu werden und waren weniger mobil. Man investierte in Gebaeude und logistische Verbesserungen. Das fuehrte dazu, dass Deutsch vor Ort als Sprache ueber mehrere Generationen hinweg gesprochen wurde und auch in der Schule wollte man diese Sprache als Hauptsprache etablieren. Zum anderen wurde versucht der Politik habhaft zu werden um (erwiesener Massen) die eigene Kultur den anderen aufzubuerden.
Innerhalb der Deutschen Auswanderer gab es so viele Aufspaltungen wie nirgends sonst unter den anderen Auswanderern. Das beruhte auf der urspruenglichen Geografie des Heimatlandes, der Ideologie und auch auf der Religion. Gefragt nach ihrer Herkunft (vor der Vereinigung 1871) verstanden sich die Deutschen Amerikaner z.B. als Bayern, Wuertemberger oder Sachsen. Spaeter nach der Einigung aller Laender jedoch besann man sich in den Staaten seines Stolzes ein Deutscher zu sein. "Geografisch" war man geeinigt, religioes gab es weiterhin Unterschiede: die meisten Auswanderer waren Protestanten (Lutheraner), 1/3 Katholiken und ungefaehr 250 000 Juden. Insbesondere bei den Katholiken gab es diverse Gespraeche, Streit und sehr viel Standespolitik mit den Iren, z.T. wurde auch der Vatikan eingeschaltet. Wie immer ging es dabei nicht um den Glauben, sondern um Macht, Interessierte moegen dort nachlesen.
Die Deutschen Juden hatten einen aehnlich formenden Einfluss auf die amerikanischen Juden wie die irischen und deutschen Katholiken auf die amerikanische katholische Gemeinschaft. Die meisten der deutschsprachigen Juden liessen sich in New York nieder, so auch die aktuell im Gespraech befindliche Lehman Familie, die aus Alabama kamen und eine Filiale der Lehman Brothers an der Wall Street gruendeten. Levi Strauss wanderte aus Bayern nach New York aus, verkaufte zunaechst Textilwaren in Sacramento und entwickelte spaeter fuer die Minenarbeiter eine Hose, die weltberuehmt wurde: Levi"s. Der Grossteil der deutschen Juden kam aus dem Suedwesten Deutschlands, aus Posen und dem preussisch besetzten Polen. Sie wanderten haeufig als Familen aus und wurden z.T. sehr erfolgreich: Die Guggenheims und Seligmans in New York z.B. Auch hier moegen Interessierte dort nachlesen, das wuerde zu weit fuehren.
Welchen kulturellen Einfluss nahmen die Deutschen in Amerika? Um die Eigenheiten des Landes auch nach der Auswanderung weiter fort zu fuehren, ist es unerlaesslich in dem neuen Land die eigene Sprache weiter zu sprechen. In den laendlichen Regionen war das kein grosses Problem, in den groesseren Staedten konnten die Deutschen keine Mehrheit fuer sich verbuchen. Es wurden Gemeinde- oder kirchliche Schulen gegruendet, in denen ausschliesslich deutsch gesprochen wurde und in einigen wurde englisch sogar verboten. Leider konnten die Auswanderer kulturelle Einfluesse kaum ueber die Sprache hinaus geltend machen, da mit dem Beginn des I. Weltkrieges eine Anti-Deutsch Hysterie einsetzte. Trotzdem konnten die deutschen Amerikaner grosse Einfluesse auf dem Gebiet des Pressewesens und Ihrer Einrichtungen verbuchen. Auch der musikalische Einfluss war nicht unerheblich im Hinblick z.B. auf Operetten. Es wurden Saengervereine und Saengerfeste organisiert, die bis heute Bestand haben. An der Entwicklung der grossen Symphonieorchester in Chicago und Philadelphia hatten die deutschen Auswanderer einen grossen Anteil, als auch auf das Theater. Spaeter kam es zu grossen Zwistigkeiten mit der sogenannten Yankee-Kultur, bis dann der I. und II. Weltkrieg alle Intentionen auf einen Schlag zerstoerte.
Diese Zeilen hier basieren nicht auf meinem allwissenden Verstand, sondern sind zum grossen Teil dem Buch 'Coming to America', 2nd Edition, von Roger Daniels, Perennial Verlag entliehen welches ich gerade lese. Ich habe versucht das Kapitel halbwegs sinngemaess zusammen zu fassen.
Aufmerksame Leser und solche, die den Inhalt dieser Zeilen auf gewisse Begebenheiten bei uns zuhause reflektieren koennen, werden viele Dinge in einem anderen Zusammenhang sehen. Das war vornehmlich der Sinn dieser Ausfuehrung, unabhaengig davon, dass es ein spannendes Kapitel war. Man achte auch sehr genau auf den Cartoon ganz oben!
Wenn man sich dann ueberlegt, dass neben den Deutschen auch Iren, Englaender, Schotten, Italiener, Skandinavier, Chinesen, Japaner und viele andere Menschen unterschiedlichster Nationalitaet hier eingewandert sind, dann wird einem die Dimension richtig bewusst. Juengere amerikanische Geschichte und Soziologie ist ein ausserordentlich spannendes Gebiet.
Und ehrlich: Vieles heute versteht mann nur dann richtig, wenn man Geschichte verstanden hat.
Lomax und ich haben sehr haeufig Diskussionen hierueber und ich weiss von Ihm, dass ihn auch die deutsche Geschichte sehr interessiert.
R.D.
Bildquelle: contexts.org, answers.com, loc.gov
Wen es interessiert:
Der Hoehepunkt der Einwanderungswelle waren die Jahre von 1830 bis 1890. Weniger religioese oder politische Motive waren es, die die Menschen bewog hierher zu kommen, sondern rein wirtschaftliche. Wobei es das Ziel dieser Einwanderer war nicht etwas neues, sondern eher altbekanntes zu etablieren. Rein geografisch betrachtet war es schwer "den" Deustchen auszumachen, da es vor 1871 keine deutsche Nation gab, sondern nur ein Staatenverbund. Die Amerikaner haben in ihren Statistiken nur diejenigen aufgenommen, die innerhalb der Grenzen von 1871 lebten, demnach wurden Schweizer, Oesterreicher und deutschsprachige Ungarn ausgeschlossen. Auf der anderen Seite wurden Minderheiten in Deutschland wie z.B. deutschsprachige Polen in Preussen und Daenen in Schleswig Holstein als 'Deutsche' eingeordnet, so dass es kein praezise umschriebenes Bild davon gab, wer nun ein Deutscher war.
Was die Deutschen nun bewog in die Staaten zu kommen war die Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg, was verwundert, da die 'Modernisierung' nirgends so enorm fortschrittlich und wegweisend in Europa war wie in Deutschland zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Aber die alten Strukturen aenderten sich und war es in der Prae-Industrialisierung fuer Soehne einfach ihre Vaeter zu uebertreffen, was die Aneignung von Land oder Facharbeit betraf, so wurde dies in Zeiten der Industrialisierung deutlich schwerer. Also war die Auswanderung eine echte Alternative im Hinblick auf neue Moeglichkeiten einen guten Job zu bekommen.
Das Reisen wurde schneller und bequemer, es gab Dampfboote und Eisenbahnen. Ueber Haefen wie Le Havre, Liverpool, Bremen, Bremerhaven und Hamburg zog es die Menschen ueber den Ozean. Wobei diejenigen, die aus einem Dorf in die Stadt zogen "folgerichtig" weiter auswanderten.
Oben sieht man in Rot-Abstufungen die Regionen, in denen sich die Deutschen niederliessen. Die Iren taten dies vornehmlich in grossen Staedten, die Deutschen zog es eher auf das Land, bzw. in den mittleren Westen. Cincinnati, Saint Louis, Chicago, Cleveland, Dayton und Detroit waren die Staedte mit den hoechsten Konzentrationen an deutschen Auswanderen. Es gab ein sogenanntes deutsches Dreieck bestehend aus den Punkten St. Louis, Cincinnati und Milwaukee. Im Vergleich zu den Iren waren die Deutschen v.a. praesent in handwerklichen Berufen: Die grossen Bier-Brauereien waren z.B. Arbeitgeber, daneben arbeiteten sie als Baecker, Fleischer, Zigarren-Hersteller, Moebel-Produzenten, Schneider und Maschinisten. Die Frauen waren als Krankenschwestern, in der Waescherei und als Baeckerinnen taetig, aber auch vornehmlich in amerikanischen Haushalten. Dadurch, dass die Frauen in den "haeuslicheren" Bereichen taetig waren konnten sie viel schneller die Sprache lernen und die Eingliederung in die Gesellschaft erfolgte um ein vielfaches schneller als bei den Maennern. Letztere hingegen lebten und arbeiteten ausschliesslich unter Ihresgleichen. Sehr viele arbeiteten in der Landwirtschaft und waren als Farmer taetig. Die Deutschen neigten viel mehr als die anderen Einwanderer unterschiedlicher Nationen dazu, schnell sesshaft zu werden und waren weniger mobil. Man investierte in Gebaeude und logistische Verbesserungen. Das fuehrte dazu, dass Deutsch vor Ort als Sprache ueber mehrere Generationen hinweg gesprochen wurde und auch in der Schule wollte man diese Sprache als Hauptsprache etablieren. Zum anderen wurde versucht der Politik habhaft zu werden um (erwiesener Massen) die eigene Kultur den anderen aufzubuerden.
Innerhalb der Deutschen Auswanderer gab es so viele Aufspaltungen wie nirgends sonst unter den anderen Auswanderern. Das beruhte auf der urspruenglichen Geografie des Heimatlandes, der Ideologie und auch auf der Religion. Gefragt nach ihrer Herkunft (vor der Vereinigung 1871) verstanden sich die Deutschen Amerikaner z.B. als Bayern, Wuertemberger oder Sachsen. Spaeter nach der Einigung aller Laender jedoch besann man sich in den Staaten seines Stolzes ein Deutscher zu sein. "Geografisch" war man geeinigt, religioes gab es weiterhin Unterschiede: die meisten Auswanderer waren Protestanten (Lutheraner), 1/3 Katholiken und ungefaehr 250 000 Juden. Insbesondere bei den Katholiken gab es diverse Gespraeche, Streit und sehr viel Standespolitik mit den Iren, z.T. wurde auch der Vatikan eingeschaltet. Wie immer ging es dabei nicht um den Glauben, sondern um Macht, Interessierte moegen dort nachlesen.
Die Deutschen Juden hatten einen aehnlich formenden Einfluss auf die amerikanischen Juden wie die irischen und deutschen Katholiken auf die amerikanische katholische Gemeinschaft. Die meisten der deutschsprachigen Juden liessen sich in New York nieder, so auch die aktuell im Gespraech befindliche Lehman Familie, die aus Alabama kamen und eine Filiale der Lehman Brothers an der Wall Street gruendeten. Levi Strauss wanderte aus Bayern nach New York aus, verkaufte zunaechst Textilwaren in Sacramento und entwickelte spaeter fuer die Minenarbeiter eine Hose, die weltberuehmt wurde: Levi"s. Der Grossteil der deutschen Juden kam aus dem Suedwesten Deutschlands, aus Posen und dem preussisch besetzten Polen. Sie wanderten haeufig als Familen aus und wurden z.T. sehr erfolgreich: Die Guggenheims und Seligmans in New York z.B. Auch hier moegen Interessierte dort nachlesen, das wuerde zu weit fuehren.
Welchen kulturellen Einfluss nahmen die Deutschen in Amerika? Um die Eigenheiten des Landes auch nach der Auswanderung weiter fort zu fuehren, ist es unerlaesslich in dem neuen Land die eigene Sprache weiter zu sprechen. In den laendlichen Regionen war das kein grosses Problem, in den groesseren Staedten konnten die Deutschen keine Mehrheit fuer sich verbuchen. Es wurden Gemeinde- oder kirchliche Schulen gegruendet, in denen ausschliesslich deutsch gesprochen wurde und in einigen wurde englisch sogar verboten. Leider konnten die Auswanderer kulturelle Einfluesse kaum ueber die Sprache hinaus geltend machen, da mit dem Beginn des I. Weltkrieges eine Anti-Deutsch Hysterie einsetzte. Trotzdem konnten die deutschen Amerikaner grosse Einfluesse auf dem Gebiet des Pressewesens und Ihrer Einrichtungen verbuchen. Auch der musikalische Einfluss war nicht unerheblich im Hinblick z.B. auf Operetten. Es wurden Saengervereine und Saengerfeste organisiert, die bis heute Bestand haben. An der Entwicklung der grossen Symphonieorchester in Chicago und Philadelphia hatten die deutschen Auswanderer einen grossen Anteil, als auch auf das Theater. Spaeter kam es zu grossen Zwistigkeiten mit der sogenannten Yankee-Kultur, bis dann der I. und II. Weltkrieg alle Intentionen auf einen Schlag zerstoerte.
Diese Zeilen hier basieren nicht auf meinem allwissenden Verstand, sondern sind zum grossen Teil dem Buch 'Coming to America', 2nd Edition, von Roger Daniels, Perennial Verlag entliehen welches ich gerade lese. Ich habe versucht das Kapitel halbwegs sinngemaess zusammen zu fassen.
Aufmerksame Leser und solche, die den Inhalt dieser Zeilen auf gewisse Begebenheiten bei uns zuhause reflektieren koennen, werden viele Dinge in einem anderen Zusammenhang sehen. Das war vornehmlich der Sinn dieser Ausfuehrung, unabhaengig davon, dass es ein spannendes Kapitel war. Man achte auch sehr genau auf den Cartoon ganz oben!
Wenn man sich dann ueberlegt, dass neben den Deutschen auch Iren, Englaender, Schotten, Italiener, Skandinavier, Chinesen, Japaner und viele andere Menschen unterschiedlichster Nationalitaet hier eingewandert sind, dann wird einem die Dimension richtig bewusst. Juengere amerikanische Geschichte und Soziologie ist ein ausserordentlich spannendes Gebiet.
Und ehrlich: Vieles heute versteht mann nur dann richtig, wenn man Geschichte verstanden hat.
Lomax und ich haben sehr haeufig Diskussionen hierueber und ich weiss von Ihm, dass ihn auch die deutsche Geschichte sehr interessiert.
R.D.
Bildquelle: contexts.org, answers.com, loc.gov
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