Die Tiere sind unruhig
Die Tiere sind unruhig
die Kinder nervös
der Himmel ist fleckig
die Wolken monströs
ein Sturm ist im kommen
es könnte jeden Moment passieren
ich seh's in den Strassen
am Hunger der Stadt
im Glanz Deiner Augen
an Deinem fiebrigen Blick
ein Sturm ist im kommen
es könnte jeden Moment passieren
Kante
Mit der Band Wilco ist es schon eine seltsame Sache. Ich habe die Band ehrlich gesagt lange nicht wahr genommen. Bis mir Deckard die hervorragende DVD Ashes of American Flags: Wilco Live Ein Film von Brendan Canty & Christoph Green vorspielte. Was ich dort sah, hat mich regelrecht verwirrt.
Deckard scheint einen Masterplan zu verfolgen.
Nur wenige Tage später erschien das neue Wilco Album Wilco (The Album). Zu neugierig habe ich es mir direkt besorgt. Ehrlich gesagt, es lässt mich ebenso verwirrt zurück wie der Film.
Vor einigen Jahren habe ich mein erstes richtiges Wilco Album gekauft. Yankee Hotel Foxtrot. Nachdem ich Wilco eigentlich nicht so gut fand, weil sie mit einem meiner Helden Billy Bragg, eine ehr durchschnittliche Platte aufgenommen haben. Zu Mermaid Avenue kann man nun durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Historisch natürlich von Relevanz, von der Idee den guten alten Woody Guthrie zu ehren, auch ehr ehrenhaft. Trotzdem nicht packend für mich. Da die Songs musikalisch einfach zu schwach sind.
Wilcos Sänger Jeff Tweedy macht es einem aber auch nicht gerade leicht. Wenn man ihn zum ersten Mal wahrnimmt, hat man nicht unbedingt ein behagliches Gefühl. Tweedy sieht immer irgendwie verschwitzt, ungewaschen und unruhig aus. Gehetzt, ein unruhiger Geist. Diese Unruhe finde ich auch in seinen Songs wieder. Streckenweise wunderschöne Kompositionen, die aber immer wieder mutwillig zerstört werden, wenn sie zu schön werden.
Der Grund für diese Zerstörungswut, könnte auch seinen Grund im ewigen Rechtsstreit mit den Plattenfirmen haben. Wilco kämpfen immer wieder um künstlerische Freiheit. Die Labels sehen Wilco ehr sehr oben in den amerikanischen Charts. Kommerziell erfolgreich sind die Tweedy-Jungs trotzdem. Es gefällt Ihnen nicht und deswegen versuchen sie oftmals atonal als möglich zu sein. Eine schöne einfache Ableitung, die aber nicht immer aufgeht.
Ich finde die Beschreibung „unruhig“ treffend für Wilco. Irgendwie schafft es bisher auch niemand Wilco richtig zu umschreiben. Fälschlicher Weise werden Sie oft in die Schubladen: „Folkpop“, „Indie-Rocker“, „Alternative-Welt-Musik“ oder „Alternative-Country“ abgelegt. Wenigstens die FAZ versucht den Umweg:
„…im Sinne des Post-Rock“. Eine ganz gute Beschreibung. Aber warum findet sich niemand damit ab, dass Wilco einfach zeitgemäße Mainstream taugliche Radiomusik machen. Eine schlimme Bezeichnung! Klar, aber auch der Mainstream ändert sich offensichtlich und wird Klassenbester.
Dabei sind Wilco Songs einfach nur vielseitig und streckenweise bis zur Perfektion gespielt. Es ist absolut bemerkenswert, dass es kaum einen Song gibt, der gewöhnlichen Strukturen entspricht. Somit eigentlich Experimente gemacht werden. Es ist nur so, das Experimente nicht mehr ungewöhnlich sind für die meisten Hörer. Die Masse kann sich damit auseinander setzen. Die Hörgewohnheiten der Menschen lassen mehr zu als früher. Und dabei können Wilco punkten. Sie sprechen ein verwöhntes Musikpublikum gleichfalls ein weniger engagiertes Massenpublikum an, weil sie gute Musik machen und einen Mythos aufbauen, es aber nicht wollen und vieles dann auch wieder zerstören. Beste Voraussetzungen für einen Superstarstatus.
Unruhiger Text, unruhige Wilco, unruhiger Alan Lomax. Wenn es Tweedy dann mal schafft ein ruhiges Album zu produzieren, wird es sich bestimmt in eine Reihe mit meinen Lieblingsplatten wie z. B. „Painted for Memories“ einreihen. Doch so weit ist Tweedy noch nicht und ich bin lieber auch noch etwas unruhig....