Wie 'Die Sterne' zu funkeln begannen: Mein erstes Konzert, Teil I
Erlebt man etwas nur einmal im Leben erinnert man sich sehr gut daran.
Sehr witzig: Nicht dass, was Ihr denkt. Ich rede hier von meinem ersten Konzert. Wobei, wenn ich ehrlich bin es mein zweites war, aber das erste war irgendwie ein Unfall ... . Ok, ok, ich schreibe wo ich entjungfert wurde. Mr. Lomax erwähnte das mal beiläufig als er sich mit Garage Band beschäftigte:"Mann muss auch zu seinen peinlichen Momenten im Leben stehen!" Aber dazu muss ich, um es retrospektiv betrachtet zu entschuldigen, kurz etwas ausholen: Ich kam aus einem konservativen Haushalt, kannte Frauen nur aus der Bravo und hatte keine Freunde. Eines Tages machte man mir das Angebot in die Eilenriedehalle mit zu kommen, dort würde ein österreichischer Sänger ein Konzert geben. Ihr wisst schon, der mit Mozart und so weiter... . Ich stand ganz hinten und kam mir vor wie ein Alien unter Menschen. So das reicht.
Das wesentlich schönere und denkwürdigere Erlebnis fand in Köln statt, zu einer Zeit, als det schwarze Loch im Osten noch nischt janz den vollen Sog entwickelt hatte. Dieses Konzert war die Öffnung in das Universum zur PoP Musik und bezeichnenderweise lief es während der popkomm, was für ein prophetischer Titel! Mr. Lomax, der jahrelang mit ansehen und anhören musste, wie ich in einem Ozean aus Klassik, Filmmusik, Sinatra und Melancholie zu ersaufen drohte, rief mich eines Tages an und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte nach Cologne zur popkomm zu kommen. Wie es seine Art war konnte er es einem schmackhaft machen wie kein zweiter. Ausserdem würde er mir einige Freunde vorstellen und ich würde unter Menschen kommen.
Gewagt, getan. Ich war aufgeregt. Das ganze war eine Konzertreihe. Am Freitag Abend besuchten wir zunächst ein Konzert der 'Sterne'. Dort lernte ich das erste mal den sympathischen Chronisten der 'Aaher Asis' kennen. Ein auf den ersten Anblick angenehmer, unkomplizierter und relaxter junger Mann, der mir sofort das Gefühl gab dazu zu gehören, was meine grösste Sorge war, nämlich aufzufallen. Wer aber glaubt ich hätte Bundfaltenhosen und eine blaue Nappa Lederjacke getragen, der irrt sich! Wir standen an der Theke und ich versuchte so gut es ging die Gesten (zeichenhafte Bewegungen bestimmter Körperteile zum Zwecke der nonverbalen Kommunikation) des Publikums zu imitieren. Dann kam eine Band und meine Kinnlade knallte auf den Boden und das bis zum Ende des Konzertes: 'Die Sterne'. Wow, es gibt noch etwas anderes als das 'Wohltemperierte Klavier'! Was für eine Band, was für ein treibender Rhythmus! Funk! Mitreissend! Obwohl ich diese Art Musik das erste mal hörte war es so als würde ich sie schon Jahre hören. Das Eis war gebrochen. Später erfuhr ich, dass der Sänger Frank Spilker hiess, ich würde Ihn später nochmal sehen. Ich erinnere mich nicht genau, ob an dem gleichen Abend auch 'Superpunk' spielten, weiss aber, dass eine Frau und ein Mann (Spillsbury) total langweilig waren. Nun ja, ich beobachtete die Konzertbesucher und war überrascht: die Menge, ausser den 8 ganz vorne, stand regungslos da und man hatte den Eindruck, würde man die Musik nicht hören, sie lauschten einer politischen Rede. Unglaublich dachte ich, hatte ich doch die Vorstellungen alle im Saal mussten in ekstatische Zuckungen verfallen. Es war grossartig. 'Die Sterne' ebneten den Weg zur weltlichen Freude deutschsprachiger PoP Musik. Seitdem hat mich die Leidenschaft für diese Musik nie mehr verlassen. Ich war in der Lage dem Text zu folgen und für mich eröffnete sich ein komplett neuer Kosmos. Was für ein Abend!
Später war ich voll und quatschte Lomax in der Strassenbahn die Hucke voll.
Ich konnte den nächsten Tag gar nicht abwarten ... .
Ein noch heute beseelter,
Rick Deckard.
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