So ist M. Night Shyamalan neuer Film Trap: No Way Out (2024)

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  23. September 2024, 12:18  -  #Film

So ist M. Night Shyamalan neuer Film Trap: No Way Out (2024)

Es gibt Filme, die Dich sofort packen. Und dann gibt es Filme, die sich langsam entfalten, als würden sie ein Netz um Dich spinnen – ein schleichendes, fast schon gefährliches Gefühl. M. Night Shyamalan, der geniale Filmemacher, dem ich blind vertraue, legt mit „Trap“ ein weiteres Werk vor, dass erwähnenswert ist. Der Film beginnt zuerst unscheinbar, dann mit einem Sog, der uns zurückführt an das, was Hitchcock uns gelehrt hat: Die Macht der Inszenierung.

Wie gesagt es beginnt still, soweit das auf einem Popkonzert möglich ist. Aber ich spreche hier natürlich von der Kinematographie: Die Kamera bewegt sich kaum, als ob sie uns glauben lassen möchte, dass alles harmlos sei. Doch diese Ruhe ist trügerisch. Die erste Hälfte von „Trap“ ist ein Schauspiel der Illusion – genau wie Hitchcock es liebte, genauso wie moderne Popkonzerte sind. Du siehst, was du sehen sollst, doch du fühlst, dass unter der Oberfläche etwas Dunkles lauert. Shyamalan versteht dieses Spiel. Er will keine lauten Effekte, keine plumpen Schockmomente. Nein, er will, dass Du die Stille hörst und das Unheil darin spürst.

Und dann, wie bei „Psycho“, der Umschwung. Der zweite Akt von „Trap“ wechselt die Tonart und den Kamerablick und er entblößt das, was sich bereits unterschwellig angebahnt hat. Es ist, als ob Shyamalan uns in einen Raum lockt, um dann das Licht auszuschalten. Hitchcock hätte es kaum besser machen können. Dieser Wechsel in der Erzählweise, diese gezielte Manipulation der Zuschauererwartung – das ist Kino in seiner reinsten Form. Nur das es diesmal kein abgelegenes Hotel ist, sondern die bürgerliche Mitte.

Was „Trap“ so einzigartig macht, ist nicht nur die Nähe zu Hitchcocks „Psycho“, sondern wie Josh Hartnett die Essenz von Norman Bates aufgreift und sie gleichzeitig transformiert. Hartnett spielt diesen freundlichen, fast schon harmlosen Kerl von nebenan – der Typ, dem du vertraust, aber weißt, dass da etwas nicht stimmt. Sein Spiel ist subtil, fast schon verstörend ruhig, und doch ist er der Schlüssel zu Shyamalans psychologischer Tiefe. Du spürst die Anspannung in jedem seiner Blicke, wie bei Perkins in „Psycho“ – nur diesmal moderner, etwas nüchterner, aber nicht weniger intensiv.

Und während wir in die Tiefe der Charaktere gezogen werden, vergessen wir fast Shyamalans unverwechselbaren Humor. Ja, Humor. Denn so düster „Trap“ auch wirkt, es bleibt immer eine Prise Ironie, besonders im Bezug auf die Popkultur. Shyamalan ist ein Kind seiner Zeit, und das zeigt er, ohne dabei albern zu werden. Er weiß, wie das Publikum tickt – und er spielt mit dessen Wahrnehmung. Die ironischen Seitenhiebe auf unsere moderne Seh- und Hörgewohnheiten? Brilliant! „Trap“ ist nicht nur ein Thriller, es ist auch eine subtile Reflexion auf das, was wir von Filmen erwarten und wie weit wir uns von echter Spannung entfernt haben. Ein subtiler Mittelfinger an die Popkultur.

Und da ist noch etwas anderes, das mitschwingt – seine Tochter. In dem Fall nicht Ishana Night Shyamalan, die wir in They See You & Servant (ebenfalls auf diesem Blog besprochen) als ebenso spannende Regisseurin kennengelernt haben, wie es ihr Vater ist, sondern Saleka Shymalan, die auch als Saleka bekannt ist. Saleka ist Singer- Sontwriterin und Schauspielerin und ebenso wie ihre Schwester Ishana mit Horrorfilmen aufgewachsen. Sie ist nicht nur ein Schatten im Hintergrund, sie ist ein stiller, aber prägender Teil von „Trap“. Die Verbindungen der Töchter zu Ihrem Vater sind groß. Es ist faszinierend zu sehen, wie Vater und Töchter sich cineastisch und künstlerisch  gegenseitig beeinflussen. „Trap“ ist nicht nur Shyamalans Rückkehr, es ist eine familiäre Evolution, die zeigt, dass hier eine neue Ära des Filmemachens anbricht.

Shyamalan hat uns oft gefordert, uns manchmal auch enttäuscht. Aber mit „Trap“ bringt er uns zurück in das Herz des Kinos: der Suspense, der psychologischen Tiefe und dem scharfen Auge für Details. Es ist keine bloße Hommage an Hitchcock – es ist eine Neuinterpretation. Eine, die beweist, dass dieses Genre noch lange nicht tot ist. Shyamalan ist zurück. Und diesmal nimmt er uns alle mit auf eine Reise, die uns an den Rand des Wahnsinns und der Faszination bringt.

Und ganz nebenbei und vielleicht sogar am wichtigsten: Der Film macht einfach ungeheuer viel Spaß. 

Aus dem Jahr 1998 und aus Atlantic City und aus einem Brian De Palmer Film, bei einem Boxkampf

Alan Lomax

 
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