So war das Maifeld Derby 2024 Festival
Der Juni beginnt und das heißt für die meisten Leute, dass der vermeintliche Sommer zum greifen nah ist. Für mich heißt es, dass nach monatelangem warten endlich die Festival Saison losgeht. Dieses Jahr beginnt diese für mich mit dem Maifeld Derby in Mannheim. Ein Festival, dass ich schon seit mehreren Jahren auf meinem Zettel habe. Dieses Jahr hat es dann nun auch endlich zeitlich gepasst. Das Line-Up ist in allen vorherigen und auch in der diesjährigen Version extrem Stark. Bei einer Mischung aus großen internationalen KünstlerInnen der alternativen Szene und Lokalen Neuentdeckungen, ist so ziemlich für jeden was dabei. Der Timetable ist sehr durchdacht gebooked und führt dazu, dass ich mich bei keinem Konzert stimmungsmässig deplatziert fühle. Man merkt, dass Leute sich Gedanken um eine gute Spannungskurve gemacht haben.
Die Anreise ist einfach und unkompliziert, keine großen Schlangen, keine großen Wege, alles super entspannt. Mit dem ersten Bier in der Hand auf dem Campingplatz sitzend, kommt nun auch die endgültige Festivalstimmung auf.
Das Festival eröffnen für mich Sorry3000 aus Halle, die in ihrer Selbstironie und Sympathie einfach nur Spaß machen. Mit Texten über Probleme aus dem Leben, holt die fünfköpfige Band sehr früh alle anwesenden ZuschauerInnen ab.
Royel Otis, die mit ihren beiden Coversongs zu „Murder on the dancefloor“ (Sophie Ellis-Bextor) und „Linger“ (The Cranberries) in den letzten Monaten weltweit viral gegangen sind, bringen die australische Sonne ins mittlerweile verregnete Mannheim. Neben den beiden grandiosen Coversongs am Ende, spielen sie natürlich auch einige Sachen, die mindestens genauso überzeugen. Ihr Debütalbum „Pratts & Pain“, welches Anfang Mai rauskam, wurde übrigens lustigerweise von Dan Carey produziert.
Danach sehe ich Sextile, die nach 6 Jahren Pause letztes Jahr mit dem großartigen Album „Push“ zurückkommen. Das Album ist deutlich synthlastiger, als die beiden vorigen. Das düstere Goth-Gefühl bleibt aber bestehen und wir alle können nicht aufhören zu springen.
Roísín Murphy beendet den Tag mit dem Konzert des Wochenendes, um das schonmal vorwegzunehmen. Anderthalb Stunden absolute Extravaganz inklusive Kostümwechsel nach jedem Song, einer auf der Bühne angebrachter Kamera, die sie in die Menge mitnimmt und einer perfekt eingespielten Band, die die jeden Takt und jede Note perfekt treffen. Nach dem Moloko Hit „Pure Pleasure Seeker“ als Beginn, blieb schon keine Hüfte mehr still und alle gingen glücklich ins Bett, oder in den dieses Jahr neu eröffneten Clubraum.
Klaus Johann Grobe sind mein erstes Konzert am zweiten Tag. Ich hatte große Vorfreude auf dieses Konzert, weil ich die beiden Schweizer Musiker Sevi Landolt und Daniel Bachmann super interessant finde und auch das diesjährige Album „lo tu il loro“ oftmals gehört habe. Landolt und Bachmann sind sehr bodenständige und sympathische Typen, nur leider wirkt auch die Musik zwischenzeitlich etwas bodenständig. Versteht mich bitte nicht falsch, ich bin wie gesagt großer Fan ! Ich glaube nur dass in dieser Konstellation noch mehr Potenzial steckt. Denn vor allem Landolts lange Synthpassagen, machen extrem viel Spaß.
Chalk aus Belfast, könnten die Konzertsensation des Jahres werden. Tanzbarer Postpunk in einer interessanten Zusammenkunft aus Schlagzeug, Gitarre und einem Sänger, der genau meinen Geschmack von Frontmann trifft. Energetisch, laut und Obercool ! In Köln leider noch verpasst, freue ich mich noch umso mehr das Trio in Haldern wiederzusehen.
Mein zweiter Anwärter auf die Konzertband des Jahres und mein Highlight im Vorfeld wären Fat Dog gewesen, die leider krankheitsbedingt absagen mussten. Sehr schade, aber auch da gibt es dieses Jahr noch genügend Möglichkeiten. Ihren Platz auf der tollen Arena Stage übernimmt das aufregende Duo Iedereen.
Die Nacht eröffnet der Viersener Roosevelt, den man auf deutschen Festivals leider nicht so häufig zu sehen bekommt, wie ich mir das wünschen würde. Denn seinem warmem Synth Pop macht es einfach Spaß zuzuhören.
Den Abend beenden Kiasmos, mit erst noch weicheren Klängen und einem anspruchsvollen set, bevor das Berliner Duo Modeselektor, zumindest bpm technisch eine Schippe drauf legt.
Schon sind wir beim letzten Tag, der für mich mit der englischen Band Englisch Teacher beginnt. Das Debütalbum „This could be Texas“, welches im April erschien konnten die vier MusikerInnen aus Leeds perfekt wiedergeben. Vor allem die unglaublich schöne Ballade „You blister my Paint“ ist mir bis heute im Kopf geblieben.
Das Konzert des brightoner Trio „Lambrini Girls“ startet so, wie ich es mir erhofft habe: Laut und politisch ! Leider machte uns die Stromversorgung nach circa 15 Minuten einen Strich durch die Rechnung und nichts war mehr zu hören. An der Stelle aber Hut ab an die Lambrini Girls, die es geschafft haben 30 Minuten lang weiterhin massivst zu unterhalten. Wir spielten Limbo mit dem Mikrofokabel, rannten zum unmikrofonierten Schlagzeug im Kreis herum und starteten Sprechgesänge gegen die politischen Gegner. Auch wenn der Strom nicht wieder kam, sangen alle anwesenden auf dem Rückweg den Namen der Band, die sichtlich gerührt waren.
Kurze Konzertpause für mich, ehe es zu der Amsterdamer Band Altin Gün geht, die mir komplett die Schuhe ausziehen. Ich glaube, dass man für den türkischen Psych-Rock sehr in der Stimmung sein muss. Ich bin einfach nur glücklich, dass ich es an diesem Abend war und ich diese außerordentlichkeit genießen in vollen Zügen konnte.
Das Festival schließen die Shoegaze Legenden Slowdive. Die natürlich in ihrer Erfahrenheit überragen und ein perfekter Abschluss sind. Ich persönlich verbinde viel mit dieser Band und bin deswegen vielleicht sehr subjektiv. Man muss aber leider sagen, dass man ihnen die lange Tour seid Ende letzten Jahres anmerkt. Ein paar Unstimmigkeiten in der Setlist, ein paar verspieler. Alles aber halb so wild. Im Endeffekt stand jede anwesende Person mindestens einmal mit geschlossenen Augen dort und war glücklich und das ist ja im Endeffekt was zählt.
Zum Abschluss möchte ich dieses Festival in den Himmel loben. Von der Organisation, bis hin zu allen Gästen, ob Camping oder Tagesticket, war alles so wie ich mir das von einem Festival wünsche. Familiär, entspannt und mit der Intention, ein Musikfestival zu veranstalten, dass gegen den deutschen Mainstream geht. Leider haben genau diese Festivals aber natürlich ihre Probleme und müssen von Jahr zu Jahr gucken ob das nächste Jahr finanziell noch möglich sein wird. Deswegen tut mir ein Gefallen und lasst kleine alternative Festivals wie das Maifeld Derby oder unser geliebtes Haldern Pop Festival am Leben und fahrt hin oder unterstützt anderweitig. Hört euch Bands an die ihr nicht kennt, entdeckt was es alles da draußen gibt. Konzerte und Kultur machen auch Spaß, wenn man vorher noch nichts davon gehört hat. Also müssen wir alle daran arbeiten, um das was wir alle so lieben am Leben zu halten.
Morgen geht’s dann für mich weiter aufs Primavera Sound Festival in Porto.
Bis bald
Louis Jörns