So war das Egyptian Blue Konzert am Freitag, 24.05.2024 in der Haldern Pop Bar

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  27. Mai 2024, 09:13  -  #Konzerte, #Haldern Pop

So war das Egyptian Blue Konzert am Freitag, 24.05.2024 in der Haldern Pop BarSo war das Egyptian Blue Konzert am Freitag, 24.05.2024 in der Haldern Pop Bar

Die Entladung von Frustration und Anspannung findet bei mir persönlich eigentlich schon immer wenige Kilometer vor dem kleinen Dorf Haldern statt. Grüne Wiesen, Wälder, Seen, Weitblick, der Fluss, der Himmel, der Niederrhein, die Vorfreude auf die Menschen dort.

Clubs, Räume und Konzertstätten entfalten ihren Zauber erst, wenn sie lange bespielt worden sind. Auf geheimnisvolle Weise speichern Orte die Energie der Musik und der Musiker, die dort aufgetreten sind. Legendäre Auftrittsorte wie das Kölner Luxor, in dem schon Bands wie REM, Killing Joke, Oasis und Blur gespielt haben, wirken atmosphärisch immer wundervoller als ein neuer Club, der zwar schön, frisch und sauber ist, sich seinen Zauber aber erst noch erarbeiten muss. Das klingt vielleicht esoterisch, ist aber eine Wahrheit, die viele langjährige Konzertbesucher teilen.

Der Feenstaub ist in der Haldern Pop Bar bereits lange verstreut worden. Die alte Dorfkneipe ist ein Wunschort für Zuschauer und Musiker, die sich in der alternativen Musikwelt bewegen. Die Getränke sind erstklassig, es gibt Tageslicht und frische Luft, weil sich die komplette Fensterfront öffnen lässt. Der Sound ist für den kleinen Laden erstaunlich kraftvoll und dynamisch – ein kleines Wunder. Mehr als etwa 80 Menschen passen nicht hinein, was den Auftritt jedes Musikers direkt und fühlbar macht. Die Stimmung der Künstler überträgt sich unmittelbar aufs Publikum – oder umgekehrt.

Ab und zu spielen in der Haldern Pop Bar Bands, die aus allen Kategorien fallen und dadurch schon in der Gegenwart eine Zeitlosigkeit vermitteln, die uns auch in der Zukunft erhalten bleibt. Egyptian Blue als Post-Punk-Band zu bezeichnen, wäre zu wenig. Doch es ist gut, dass sie diesem Genre zugeordnet werden, da sie so etwas vom Hype der anderen mitnehmen können.

Die junge Band aus Brighton (alle Bandmitglieder wohnen in London) durfte bereits die famose Math-Rock-Band Foals supporten und auf dem Glastonbury Festival auftreten, als Teil eines von den Idles kuratierten Sets. Egyptian Blue haben sehr viel Energie. Das kurze Konzert war hinreißend. Der gute Sound, die innere Aufregung und die auffallende Nervosität der Musiker übertrugen sich aufs Publikum. Alles passte zusammen. Obwohl eine Art Konsens zwischen Publikum und Band entstand und somit schon zu viel Frieden eintrat, bemerkten einige, dass da noch ein Funken mehr in dieser Band ist, als den, den andere UK-Bands zeigen. Etwas Einzigartiges?

Im Gespräch nach dem Konzert wurden Radiohead und die avantgardistischen This Heat als Inspiration genannt. Aber wir alle wissen, dass solche Angaben immer momentane Zustände widerspiegeln und im nächsten Interview schon wieder andere Namen fallen können. Entscheidend ist, dass Gitarrist Leith Ambrose von Musik besessen ist und das Gefühl hinterlässt, ein Künstler zu sein, der feinfühlig, aber auch wütend ist. Denn auch Egyptian Blue haben es nicht leicht und können nicht von ihrer Musik leben. „Es ist ein nicht endendes Drama und gleichzeitig ein Alptraum, wie wir eine Band nach der anderen verlieren, weil sie keine Chance bekommen“, sagt Sänger Andy später. Es ist klar, dass er dabei auch seine eigene Kunst und Band meint, ohne es direkt auszusprechen.

Egyptian Blue können auch langsamer und bewusster auf das Publikum eingehen. Der Song „A Living Commodity“ steht für Melodie und die schöne Stimme von Sänger Andy Buss, der nicht nur bellen, sondern auch croonen kann. Wow.

Egyptian Blue - Nylon Wire - Live @ Molotow Skybar, Hamburg - 05/2024

Egyptian Blue sind handwerklich, klanglich, vom Habitus und von der Selbstsicherheit her bereit, die großen Bühnen zu erobern und Bands wie Black Midi, Squid oder Yard Act zu folgen. Sie sind auf dem Weg, sich als eine der letzten Bands, einen Platz im Olymp des Post-Rock-Hypes der 2020er Jahre zu sichern. Die rohe und wilde Energie, die aus der Band live herausbricht, ist ungezügelt und spannend. Hier muss sich keiner verstecken, und alle, die dabei waren, werden begeistert sein, sich das nächste Mal mit weniger Zurückhaltung größeren Konzerthallen zu nähern, die noch keinen Feenstaub haben.

Aus dem Nebel von Brighton und dem Sonnenuntergang in Haldern, Alan Lomax

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