Filmmusik: Neue Veröffentlichungen von La La Land Records
Vieles schwappt über den großen Ozean zu uns herüber, so auch der "Black Friday", obwohl es dafür keine Tradition in Europa gibt. Der "Black Friday" ist in den Vereinigten Staaten der Freitag nach Thanksgiving, der Beginn der Weihnachtseinkaufsaison. Es handelt sich um eine Verkaufsveranstaltung des Einzelhandels.
Das ganze nimmt gelegentlich absurde Ausmaße an: An diesem Tag war ich in einem Hotel einer Grossstadt. Als ich in der Lobby angelangt war, war alles dunkel bis auf zwei Lichter an der Rezeption. Die Dunkelheit solle ein Hinweis auf den "Black Friday" sein, so teilte man mir auf Nachfrage mit. Ein Gast an der Bar beschwerte sich, weil er seine Pizza nicht sehen konnte.
Kaufmännische Traditionen schwappen jedoch nicht nur über den Ozean in den realen Alltag, sondern auch aus dem realen Leben ins Internet und werden von Online Händlern übernommen. Das erfreut das Herz von Filmmusik-Fans, da natürlich einige Labels, die sich auf Filmmusik spezialisiert haben, jedes Jahr eben für diesen Freitag neue Veröffentlichungen ankündigen.
Die Spannung bis zur Bekanntgabe war groß und die Freude nach der Veröffentlichung auch.
La La Land Records veröffentlichte gleich 5 neue Filmmusiken in opulenter Manier:
The Godfather
Amistad
Spider-Man
Tomorrow Never Dies
Burbs
Von Rota über Williams, Elfman, Arnold und Goldsmith waren alle vertreten.
Francis Ford Coppolas Mafiafilm von 1972 wurde ein Megaerfolg, sowohl finanziell, als auch bei den Kritikern und der berühmte Ausspruch von Marlon Brando ziert auch heute noch Fassaden von Cineplex Kinos (so gesehen in einer norddeutschen Kleinstadt), so weitreichend der Einfluss dieses Films, der ohnehin zur Blaupause für Mafiafilme mit unzähligen Plagiaten wurde.
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich die Musik von Nino Rota noch nie in Gänze gehört habe. Natürlich ist die Ohrwurm-Melodie des Walzers in bleibender Erinnerung, aber der Rest der Musik nicht und so wird die Ankunft dieses Scores erwartet, um die Komposition in Gänze hören und bewerten zu können.
Veröffentlichungen dieser Art sind etwas besonderes, gerade auch für Cineasten und Liebhaber, weil zum einen die Erinnerung an Klassiker aufrechterhalten wird, die sonst in Vergessenheit geraten würden, zum anderen auch, weil sich jüngere Generationen, die mit 4K - Bombast -Spektakel - CGI - Krawall Filmen (natürlich nicht nur) aufgewachsen sind, an Filmen dieser Machart auch kulturell neu orientieren könnten. Die Musik kann in solchen Fällen das Interesse wecken.
Es ist eine Freude einen Gegenstand in den Händen zu halten, die Verpackung zu öffnen, die CDs zu bestaunen, das Booklet in die Hände zu nehmen, es zu lesen, während die Druckerfrische in die Nase strömt. Es ist ein sinnliches Erlebnis, den ein Klick auf einer Streaming Platform nicht bieten kann.
Für diese Veröffentlichung bin ich besonders dankbar, weil ich den Film bis heute nicht gesehen und - als großer John Williams Fan und vor allem Bewunderer - die Musik nicht gehört habe. Nun ja, gehört schon, aber vor Jahrzehnten, mir ist nichts in Erinnerung geblieben. Die Thematik hat mich nicht interessiert und mit Steven Spielberg habe ich stets große Probleme gehabt, wenn dieser versuchte seine Blockbuster Pfade (auf denen er mit Genialität wandelte!) zu verlassen, um als "seriöser Regisseur" geachtet zu werden.
Der Film ist ausnahmslos herausragend besetzt und die Mitwirkenden sind alle große Könner Ihres Faches, allen voran John Williams. Dieses Jahr wurde das Genie 90 Jahre alt und folgerichtig widmet das Label diese Veröffentlichung seinem Jubiläum.
Angepriesen wird die Musik im Werbetext als eine atemberaubende Fusion von Americana mit afrikanischen Rhythmen und Gesang. Ich bin gespannt, gerade auch, weil solche Fusionen nicht immer gelingen. Auf jeden Fall wird die Filmmusik von Maestro Williams eine sehr willkommene Neuentdeckung sein.
Der Score von David Arnold erscheint in opulenter Form auf 2 CDs und erreicht sage und schriebe fast 2,5 Stunden (!) Spieldauer, einschliesslich der Additional Music und alternativen Versionen. Wow.
Meine filmmusikalische Beziehung zu David Arnold ist ein eher zweischneidiges Schwert. Aufmerksam wurde ich durch seine grandiose Partitur zu dem Roland Emmerich Science-Fiction-Film Stargate, die mit großer orchestraler Wucht und tollen Melodien zu beeindrucken wusste. Ich summte nach dem Ende des Films die Melodie. Klassische orchestrale Filmmusik. Mit der gleichen Wucht und viel Hurra-Patriotismus vertonte der Brite auch Emmerichs nächsten Disaster-Klassiker Independence Day.
Der James Bond Thriller TOMORROW NEVER DIES ist die erste Begegnung Arnolds mit dem Bond-Franchise und sowohl diese Musik, als auch seine folgenden Beiträge wurden von den Fans gelobt, dies umso erstaunlicher, als dass es für niemandem einfach gewesen wäre, in die übergroßen Fußstapfen eines John Barry zu treten.
Auf diese Filmmusik bin ich besonders gespannt, weil sie Arnolds Einstieg in die Welt des Agenten Ihrer Majestät darstellt. Ich bin gespannt zu hören, wie er sich der Aufgabe angekommen hat. Seine zweite Arbeit zum darauffolgenden Bond Abenteuer, THE WORLD IS NOT ENOUGH, kenne ich und sie ist grossartig. Fans waren entzückt, weil Arnold in Teilen eine Hommage an Barry ablieferte.
TOMORROW NEVER DIES ist auch als Film in einer Hinsicht interessant: Der von Jonathan Pryce dargestellte Medien Tycoon Elliot Carver ist ein Novum in der Geschichte der James Bond Bösewichte und die Idee hinter den Machenschaften dieses "Bösewichtes" durchaus hochaktuell. So aktuell, dass er im neuesten Buch von Richard David Precht und Harald Welzer, "Die Vierte Gewalt" zitiert wird. Und es gibt eine sensationelle Szene im Hamburger Hotel Atlantic, in dem Bond von einem Killer über seine Fähigkeiten aufgeklärt wird.
"Meine teuflischen Nachbarn", so der Originaltitel, wurde als Komödie von Joe Dante in Szene gesetzt und die Erinnerungen an diesen doch sehr lustigen Film mit Slapstick Einlagen ala Hrundi V. Bakshi sind nur noch in vager Erinnerung. In den Hauptrollen: Tom Hanks und Carrie Fisher.
Interessant wird die Filmmusik, weil sie zum einen von einem weiteren Genie der Filmmusik stammt, Jerry Goldsmith, und zum anderen der Film zwar als Komödie gehandelt wird, aber auch Horror-Elemente enthält. Auch hier ist mir die Musik gänzlich unbekannt und daher die Vorfreude auf den Weihnachtsbaum groß. Dass sie der Sammlung einverleibt werden musste, war keine Frage, erst recht, als im Netz die Musik abgefeiert wurde. Zudem mit 1500 Exemplaren weltweit eine Pressung in geringer Zahl.
Weihnachten kann kommen.
Gerade in dieser Woche hat ein weiteres Label (Musicbox Records) neue Veröffentlichungen Ende nächster Woche angekündigt.
Nicht nur das Sammlerherz, auch und insbesondere das musikalische Herz schlägt höher und lauter und das Herz eines Cineasten.
Rick Deckard