Music Box Records: Le Professionnel (Der Profi) - Ennio Morricone

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  21. November 2021, 17:00  -  #Orchestrale Musik, #Filme, #Filmmusik

Music Box Records: Le Professionnel (Der Profi) - Ennio Morricone

1981 landete der sich auf dem Zenit seiner Kunst befindliche Jean-Paul Belmondo mit George Lautners Der Profi einen Megahit. In dem Actionfilm spielt Belmondo einen französischen Geheimagenten, der ins Visier seiner Auftraggeber gerät.

 

Der legendäre italienische Komponist Ennio Morricone feierte mit seinem Soundtrack zu Der Profi einen Welterfolg und "Chi Mai" wurde zu einem seiner Signatur-Tracks, ein Riesenhit. Kaum einer, der nicht zumindest die Single in den 80er Jahren sein Eigen nannte, phänomenal für ein Instrumentalstück und Filmmusik!

 

Music Box Records liefert die Musik von Morricone auf einer Doppel CD, zeitgleich mit Morricones Komposition zu einem weiteren Belmondo Film, Le Marginal. Auf der ersten CD ist die Musik zu Le Professionnel zu hören, das Original Album sowie 13 Bonus Tracks, bei denen es sich in der überwiegenden Zahl um Variationen des Hauptthemas handelt.

 

Die Wirkung von "Chi Mai" war so mächtig, dass das eigentliche Thema, welches Morricone zu dem Film geschrieben hatte, fast in Vergessenheit geriet, dabei steht es ersterem in nichts nach. Maestro Morricone musste erst überzeugt werden, "Chi Mai" für den Film als Hauptthema zu nutzen, einen Track, den er eigentlich für den 1971 erschienen Film Maddalena von Jerzy Kawalerowicz geschrieben hatte. In den Film geht es um eine die Verführung eines Priesters durch eine Frau, die wahre Liebe im weltlichen Leben nicht finden kann.

Music Box Records: Le Professionnel (Der Profi) - Ennio Morricone

Die Musik von Le Professionnel auf dem Album besteht im Kern aus drei Themen.

 

Das premier thème "Le vent, le cri" (Der Wind, der Schrei) ist Pop-Scoring der absoluten Extraklasse und lässt die Genialität eines Morricone und seine Fähigkeit Melodien zu komponieren aufblitzen (über das gleiche Talent verfügte sein Landsmann Henry Mancini). Entgegen der in der Moderne spielenden Handlung wählt Morricone als musikalischen Ansatz das Zeitalter des Barock für seine Melodie und schichtet nach und nach 3 Themen übereinander, die er mit Schlagzeug und Bass vorantreibt. Das 5:20 Minuten lange Stück wird in der Folge vier Variationen unterworfen, in denen Morricone das Tempo, die Klangfarbe und die Instrumentalisierung verändert. Man hört beim dem Hauptthema die Liebe von Morricone zu Experimentalmusik, zu Geräuschen heraus, so, wie er das Klavier in dem Stück benutzt, je weiter die Musik voranschreitet.

 

Auf dem Sender VOX gibt es Sonntags eine Sendung mit und von Koch Tim Mälzer. Im Vorspann gibt es einen grandios-trashigen und verherrlichenden Einzeiler eines Kochkollegen, der mich jedesmal zum Lachen bringt (ich schaue die Sendung nicht): "Das ist ganz großes Mälzer-Kino!".

 

"Le vent, le cri", das ist ganz großes Morricone-Kino, ganz groß!

 

Als zweites Thema führt er "Bach" ein, weniger als musikalische, eher als respektvolle Hommage an den genialen Komponisten des Barock. Das wird so so erklärt, als dass ein weiteres Thema, "Le Retour" um vier Noten aufgebaut ist B-Moll/A/C/B-Dur, was in der deutschen Notation zu "BACH" wird. Dieses Thema wird von Morricone dreimal variiert, wobei die zweite Variation hörenswert ist.

 

Track 12 ist "Vintage Morricone" und zeigt die Vorliebe dieses Komponisten für Klänge, Töne, Geräusche. In "Fée Morgane" (2 interludes pour harpes) hört man nur zwei Harfen, deren Töne leicht verfremdet wirken. Das wiederum ist hardcore scoring!

 

Das Album endet mit einer der schönsten Melodien, die Morricone jemals komponiert hat, dem Eingangs erwähnen "Chi Mai" (was wohl soviel wie "Wer schon?" bedeutet). Das 03:27 Minuten lange Stück ist pure akustische Schönheit getränkt in ergreifender Melancholie. Diese Musik berührt jeden, darin liegt ihre grosse Wirkung und Kunst. Besser hätten die Macher des Films das Thema nicht verwenden können, denn es passt kongenial zu dem Schicksal des Hauptdarstellers Josselin Beaumont.

 

"I often use the same harmonies as pop music because the complexity of what I do is elsewhere."

 

Ennio Morricone.

 

Ein Profi.

 

Rick Deckard

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