YVON - Im Kreis der Liebe

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  3. Oktober 2020, 18:03  -  #Popmusik

YVON - Im Kreis der Liebe

"Das Leben ist ein Traum."

Eine schöne Vorstellung. Genauso wie die Imagination der Realität als Traum ist die Vorstellung dieser Musik: Ein Traum!

Meiner Auffassung nach erfordert deutschsprachige Popmusik ausgeprägte skills, denn die Grenze zum Kitsch, Schlager oder Mainstream-Pop ist schmal. Popmusik mit deutschen Texten geniesst nicht nur auf diesem Blog, sondern auch in der eigenen Sozialisation höchstes Ansehen.

Das letzte Mal, dass ich mich über so grossartig klingende Musik gefreut habe, die neben wunderbaren Melodien auch mit ebensolchen Texten aufwartet, das ist lange her. Blumfeld und Jochen Distelmeyer. Kante. Rocko Schamoni. Die Sterne ... . Seufz! Lang ist es her ... .

Die Erwartungshaltung im Laufe der Jahre sank immer tiefer und so drückte ich auch bei YVON auf Play und wendete mich meinem PC zu, um in den Weiten des Zwischennetzes auf und in den Fang zu gehen. Doch bereits nach den ersten Takten von "Im Kreis der Liebe" schaltete ich den Rechner aus, drehte mich den Boxen zu, verschloß die Augen und liess mich treiben von dieser schönen Stimme und den federleichten Songs. Eine solche Körperhaltung beim Musikhören ist der Ritterschlag und bei diesem Album kann man nicht anders als zu träumen, sich gehen zu lassen, zu geniessen und zu schmunzeln.

Im Kreis der Liebe ist ein Album dessen Präzision besticht. Eine erstklassige Produktion, die den Ohren schmeichelt. Die einzelnen Instrumente sind klar und deutlich voneinander zu unterscheiden, der Sound ist weich, mollig und transparent. Erinnerungen kamen hoch an die Sixties und Seventies, an Marion Maerz und Burt Bacharach, an Style Council, Disco.

Wie wunderbar die Instrumentierung in den einzelnen Tracks ist, seien es das Glockenspiel, der Synthesizer oder die Flöten, dazu noch der mehrstimmige Background-Gesang (eine längst vergessene Kunst in Popsongs, der eine grosse Bereicherung darstellen kann, wenn ökonomisch angewendet)! Klare Akkorde, heimelige Harmonien. Hier spiegelte sich der eigene popmusikalische Kosmos wieder.

Doch das i-Tüpfelchen und Weltklasse (ein Begriff aus der Welt des Fußballs, der hier aber zutrifft) ist die Sängerin mit ihrer bezaubernden Stimme: Deutlich, verständlich, distanziert, aber doch nicht unnahbar, bittersüß und leicht resignativ, beobachtend und belehrend (ohne den erhobenen Zeigefinger), seltsam abgewandt und doch bei der Sache. Die Texte mit ihrer bildhaften und zum Teil kryptischen Sprache sind ein weiteres und großes Plus dieses Albums, denn eine gelungene Symbiose aus Wort und Ton ist das Non-Plus-Ultra.

Heavy Rotation. Gerade jetzt zur trüben Herbstzeit laden die federleichten, sonnigen, wunderschönen Songs zum Träumen ein. Mit Nikotina und ohne.

Eines der besten deutschsprachigen Popmusik-Alben seit langem!

Aus weiter Ferne,

Rick Deckard

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