Die schwarze Windmühle - Don Siegel

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  10. Oktober 2020, 17:20  -  #Filme

Bildquelle: Koch Media

Bildquelle: Koch Media

Eine halbe Ewigkeit ist es her, dass ich diesen Film im Fernsehen gesehen habe und er ist mir in guter Erinnerung geblieben. Don Siegel und Michael Caine. Der amerikanische Regisseur ist für mich einer der besten seiner Zunft und hat für mich mit DER TOD EINES KILLERS, DIRTY HARRY und CHARLEY VARRICK Meisterwerke gedreht.

In dem Spionagethriller aus dem Jahr 1974 spielt Michael Caine John Tarrant,  einen Agenten des britischen Geheimdienstes MI6, der Waffenschmuggler infiltrieren soll, die Terroristen in Nordirland mit Waffen aus Russland beliefern. Als diese seinen Sohn entführen, ihn erpressen und die Regierung sich weigert das Lösegeld zu zahlen, nimmt John Tarrant das Schicksal selbst in die Hand.

Wie ich bereits oft genug bekräftigt habe, liebe ich analoge Filme, Filme aus meiner Jugend, die mich in der Sozialisation mit dem Kino geprägt haben. Es war ein schöner Moment DIE SCHWARZE WINDMÜHLE wieder neu gesehen und entdeckt zu haben. Das letzte Mal sah ich den Film auf einem Röhrenfernseher im letzten Jahrhundert.

​​​​​​​Nach all den Jahren und einer persönlichen Weiterentwicklung mit dem Hobby Kino & Filme, komme ich nicht umhin zu sagen, dass die Betrachtung dieser Filme neben einem nostalgischen einen durchaus beruhigenden Aspekt hat. Das liegt an der Art, wie diese Filme gedreht wurden: Lange Einstellungen, Panavision Format (bei dem es immer so viel auf der Leinwand zu entdecken gibt!), einen Schnitt, der einen Rhythmus erzeugt, der einen nicht ermüdet.

Nostalgisch deswegen, weil diese Filme (ich schrieb bereits einige Male darüber) auch einen Blick in die Vergangenheit ermöglichen, in Architektur, Kultur und Popkultur vergangener Jahrzehnte. Insofern ist es abseits der Filmhandlung imponierend, London aus dieser Zeit zu sehen. Wunderschön eine Szene, in der Siegel Caine in einem Restaurant in Paris filmt. Man kann sich förmlich nicht satt sehen. Ein anderes Mal ist ein Hoovercraft zu sehen, samt Szenen aus dem Innenraum dieses fast schon futuristisch anmutenden Gefährts. Was für eine großartige Szene!

Der Film selbst bietet eine fast schon meditative Spannung in den ersten zwei Dritteln, danach zieht der Regisseur das Tempo im letzten Drittel merklich an. Michael Caine ist wie gewohnt souverän und "very British" in seiner Rollengestaltung, der auf sich aufmerksam macht, weil ihm die Entführung seines eigenen Sohnes rein äusserlich kaum zu beeindrucken scheint. Sehr gut gespielt! Hörenswert auch die Filmmusik von Roy Budd (funky style).

Ein Augenschmaus ist DIE SCHWARZE WINDMÜHLE aber auch wegen zweier weiterer Darsteller. Zum einen den von Donald Pleasance sensationell gespielten Chef von Michael Caine, Cedric Harper. Wie Pleasance diesen eiskalten, hochgradig neurotischen Bürokraten verkörpert, ist famos. Dazu hat er noch einige wirklich gelungene Lacher auf seiner Seite. Skurril! Der andere ist der (wie Lomax sagen würde) ewig unterschätzte John Vernon, der hier einen skrupellosen Kriminellen mit (seinen charakteristisch gespielten) sadistischen Zügen und absolut passenden Mienenspiel gibt. Vernon spielt viel über seine Augen und mit einer zurückhaltenden Gestik, was ihn noch bedrohlicher erscheinen lässt. Grossartiger Schauspieler, der von POINT BLANK bis DER TEXANER in einigen hochkarätigen Filmen mitgespielt hat.

​​​​​​​Grosses Lob - wieder einmal - für Koch Media Films, die unermüdlich Klassiker in sehr ansprechendem Format veröffentlichen, wie auch in diesem Fall. Der Film ist als Media Book erschienen mit blu Ray und DVD und einigen tollen, sehens-, lesens- und hörenswerten Specials. Hoch interessant die als Beigabe veröffentlichten Interviews mit Michael Caine, Joss Ackland und dem Kameramann Ousama Rawi. Als i-Tüpfelchen erhalt man ein 24 Seiten Booklet mit Informationen zu Don Siegel und seinen Filmen.

Ich bin sehr froh darüber, dass es im digitalen (Streaming) Zeitalter solche Veröffentlichungen noch gibt, die man anfassen und in denen man auch blättern kann.

Aus Sussex,

Rick Deckard.

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