FIGHT CLUB - David Fincher
Unfug. Chaos. Seife.
Fight Club funktioniert 20 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung, jedoch nur bedingt. Der Film ist ein klassisches Beispiel für ein prächtig wirkendes Produkt seiner Ära, zwei Jahrzehnte später betrachtet man diesen Film aus einem ganz anderen Blickwinkel. Hier hinterlassen die persönliche Entwicklung und die sich verändernden Wertvorstellungen Spuren in der Rezeption eines Films mit einem solchen Inhalt.
Chuck Palahniuk, der Autor, auf dessen Roman die Verfilmung beruht, spricht diverse Themen an: Konsum, Anarchie, Faschismus. Die filmische Umsetzung dieser Themen ist Fincher zeitlos gut gelungen, das steht ausser Frage. Audio-visuell ist Fight Club nach wie vor eine Wucht. Kameramann Jeff Cronenweth, Sohn des legendären Jordan Cronenweth (Blade Runner), kreiert einprägsame Bilder, sei es auf mikro- oder makroskopischer Ebene. Die Titelsequenz ist spektakulär und auch auch Beweis für Finchers aussergewöhnliche Fähigkeiten.
Der Regisseur erzählt die Geschichte äusserst packend und hat auch den Mut den Off-Kommentar zu nutzen, der sonst in der Filmbrache verpönt ist, hier aber durchaus Sinn macht. Die Zusammenfassung der genannten Themen in filmischer Form erzielt auch heute noch ihre Wirkung und kann geradezu als visionär betrachtet werden, dies jedoch mehr dem Autoren geschuldet.
Fight Club ist bis zu Dreiviertel der Zeit atemberaubend, selbst dann, wenn man die Geschichte und den Twist kennt. Erstaunlicherweise flacht der Film aber jetzt nach dem Twist enorm ab. Der 1999 noch funktionierende "Aha"-Effekt greift jetzt nicht mehr. Nun könnte man das allen Filmen mit Wendungen dieser Art vorwerfen (The Sixth Sense). Filme mit Twist-Endings definieren sich aber nicht nur durch einen Twist, sondern auch durch die Handlung, die diesem vorausgeht.
Bei Fight Club verhält es sich so, dass der Abschluss der Geschichte zur komplett uninteressanten und überflüssigen Nebensache wird, formal dem Umstand geschuldet, die Geschichte irgendwie zu Ende erzählen zu müssen. Das nimmt dem Film seine einst so subversive Wirkung.
Was 1999 nachdenklich machte, wirkt jetzt nur noch wie die legendäre "erhobene Zeigefingernummer". Die Kritik am Konsumismus kommt "pädagogisch wertvoll" daher, vermag aber nicht mehr so recht zu überzeugen, gerade, weil der Kapitalismus unibeirrt seinen "Sieges"zug fortsetzt und fortgesetzt hat. Palahniuk findet einen Ausweg in seinem Roman aus diesem Irrsinn, ob aber Anarchie und Faschismus überhaupt ein Weg sind, diese Diskussion ist überflüssig.
Interessanterweise schrieb Werner Herpell seinerzeit in der Rhein-Zeitung in der Kritik zu dem Film:
"Selten wurde effektvoller vorgeführt, wie Orientierungslosigkeit und Lebensüberdruss in den Faschismus führen können."
Das stimmt einen sehr nachdenklich und vielleicht liegt darin das Erbe von Palahniuk und Fincher begründet.
In 10 Jahren werde ich Fight Club wieder ansehen.
Bis dahin,
Rick Deckard