Disaster Movie Soundtrack Collection - La-La Land Records

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  11. April 2020, 12:41  -  #Orchestrale Musik

Bildquellen: La-La Land Records

Bildquellen: La-La Land Records

Das Label La-La Land Records veröffentlichte jüngst drei Scores von John Williams zu Filmen aus den Siebziger Jahren, in der die sogenannten disaster movies (Katastrophenfilme) ihren Höhepunkt erlebten. Als Filmmusik-Aficionado sind die Kompositionen aus historischer Sicht interessant. Zum einen, da Williams bereits lange Zeit vor seinem Durchbruch Musiken für allerlei fantastische Welten für das Fernsehen komponierte und zum anderen, weil Blockbuster in nicht allzu ferner Zukunft filmmusikalisch untrennbar mit dem Namen John Williams verbunden sein sollten.

Zu hören, wie Williams Filme vor der Lucas - Spielberg Ära mit seiner Musik untermalte, ist das spannendste an dieser Veröffentlichung, um seine späteren Werke, für die er berühmt werden sollte, in einen historischen Kontext einordnen zu können.

Erschienen sind drei der Kompositionen in einem Samtschuber, wie gewohnt mit ausführlichen Liner Notes und filmhistorischen Erläuterungen.

Disaster Movie Soundtrack Collection - La-La Land Records

Den Anfang macht die Musik zu dem Film The Poseidon Inferno, einem Klassiker der Katastrophenfilme und einer der größten Hits der damaligen Zeit. Bei diesem Film zeichnet sich das Muster der kommenden Filme ab: Ein "who's who" an Schauspielern findet sich unverhofft in einer natürlichen oder menschengemachten Katastrophe wieder und versucht sich aus der prekären Lage zu befreien. Nicht, dass das Desaster gefährlich genug wäre, zu der Katastrophe gesellen sich interpersonelle Schicksale und Verflechtungen. Genau diese Kombination machte das Genre filmhistorisch populär und zugleich erfolgreich an der Kasse.

Williams aus 18 Stücken bestehende Musik mit einer Gesamtlaufzeit von 36 Minuten und 43 Sekunden ist klassisch atmosphärisches "underscoring". Der Komponist schrieb ein eher zurückhaltendes Titelthema und konzentrierte sich im Weiteren auf die zwischenmenschlichen Emotionen, die durch die Katastrophe heraufbeschworen werden. Wer also nach den klassischen "Williams-Themen" auf der Suche ist, der ist hier fehl am Platz. Hier bieten sich dem Hörer Stücke, die abseits des Films mit Verständnis für Film & Musik und die Funktion von Filmmusik genossen werden können. Sie sind allesamt aus dieser Warte heraus betrachtet unterhaltsam und bieten eine gute Einsicht in das musikalische Universum eines John Williams.

Disaster Movie Soundtrack Collection - La-La Land Records

Als nächstes folgt seine Musik zu einem weiteren Klassiker dieser Ära, Earthquake, ebenfalls sehr erfolgreich an der Kasse. Das produzierende Studio machte Gebrauch von einem neuen Sounddesign, Sensurround, das den Untergang der Stadt Los Angeles durch ein Erdbeben akustisch besonders effektreich darbieten sollte. Die Innovation machte sich bezahlt, der Schrecken in den Kinosälen war gross.

Williams Musik ist in zwei Fassungen hörbar, zum einen in der Fassung, so wie auf der LP 1974 erschienen (The 1974 Soundtrack Recording), zum anderen, so, wie im Film zu hören (The Film Score Recording). Letztere wird Filmmusik Fans ans Herz gelegt.

Die Musik ist zweigeteilt. Zu Beginn werden die Charaktere und deren Beziehungen zueinander eingeführt und passend dazu schrieb Williams melodische, unterhaltsame, eingängige Themen in hellen Klangfarben ganz im Stile der Zeit im Lounge- und Pop-Charakter mit viel Rhythmik und Groove. Man hätte Williams diese Art Musik gar nicht so recht "zugetraut", aber auch er ist ein Kind seiner Zeit gewesen und war selbstredend den Auflagen des Studios unterworfen. Sehr interessante Kompositionen. Die zweite Hälfte ist deutlich dunkler, bedrohlicher und untermalt die Folgen der Katastrophe auf der Leinwand.

Die Filmmusik zu Earthquakes ist ein erstes Highlight in dem so vielfältigen Oeuvre des Meisterkomponisten.

Disaster Movie Soundtrack Collection - La-La Land Records

Das definitive Highlight der Dreier-Box ist die Komposition zu einem Klassiker der Katastrophenfilme schlechthin, The Towering Inferno. Der, wie auch die vorgenannten, mit Stars gespickte Megaerfolg von 1974, mit Paul Newman und Steve McQueen in den Hauptrollen, ist ein Beleg für die aufkeimende Genialität des Komponisten. Hier ist die Basis dessen in Teilen hörbar, die später zum Markenzeichen des Musikers werden und den Sternenflug von Williams charakterisieren sollte.

Die Eröffnung des Films ist 70er Jahre pur und für sich allein ein Highlight: Man sieht einen Hubschrauber eine Küstestrasse entlang zur Stadt San Francisco fliegen. Für diesen Flug komponierte Williams ein 5:07 Minuten langen Main Titel, der es in sich hat. Episch, klassischer Williams. Pure Grandezza. 

Doch neben dem fantastischen Main Title hat die Musik einiges mehr zu bieten. Da wären die beiden famosen Lounge-Easy-Listening Stücke "Something For Susan" und "Lisolette And Harlee" als auch die dramatischen und äußerst effektiven musikalischen Untermalungen bedrohlicher und spannungsgeladner Szenen im Film ("The Helicopter Explodes" oder "Setting The Charges").

Mit 34 Stücken ist dies auch zugleich die umfangreichste und längster aller "Disaster" Musiken. Auf einer weiteren CD sind anhängig Additional und Source Musik, sowie das Original Soundtrack Album aus 1974.

 

In der Summe bieten alle drei Musiken einen hörenswerten Einblick in die Ära 1969 bis 1974. Das Kino war erneut dabei sich zu verändern, New Hollywood war Geschichte, die Ära der Blockbuster kündigte sich an und Regisseure wie George Lucas und Steven Spielberg sollten lange Zeit die Leinwände nicht nur beherrschen sondern auch revolutionieren.

Für die Filme dieser beiden Regisseure schrieb John Williams die vielleicht besten Musiken der Filmgeschichte.

Rick Deckard

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