The Morning Show – Jay Carson – Apple TV+

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  7. Januar 2020, 10:47  -  #Fernsehen, #Kommunikation, #serien

The Morning Show – Jay Carson – Apple TV+

Jennifer Aniston, Steve Carell, Reese Witherspoon arbeiten für Amerikas populärster Morning Show. Alex Levy (Aniston) verliert wegen Belästigungs-Vorwürfen ihren langjährigen Co-Moderator Mitch Kessler (Carell). Intrigen, Politik, Spannung: Im Hintergrund des Senders wurde längst an einem Ersatz gearbeitet. Eine junge Reporterin (Witherspoon) steht in den Startlöchern.

Apple‘s neuer Streamingdienst startet mit einer Serienbombe der feinsten amerikanischen Art. Was sich im ersten Absatz, wie eine ziemlich langweilige Darstellung von irgendwelchen daher gelaufenen Mediengestalten anhört, ist in wirklich ein eine glorreiche Abrechnung mit dem Thema #MeToo, welche in dem Mikrokosmos Unterhaltungsshow nur Verlierer hervorbringt.

Die Abgründe die sich hinter den Kulissen der freundlichen positiven und allseits beliebten „Morning Show“ auftun, werfen nicht nur relevante Fragen der Gegenwart und Zukunft auf, sondern räumen ordentlich mit den schon lange vergifteten Machtgefällen in der Gesellschaft und der Unterhaltungsindustrie auf.

Dabei geht die erste Staffel der Serie sehr klug, zum Teil behutsam, zum Teil aber auch radikal mit den prominenten Angeklagten Harvey Weinstein oder Bill Cosby um.

 Klar, dass ist nicht nur ein rein amerikanisches Thema. Deutlich stellt man als europäischer Zuschauer, aber die kulturellen und mentalen Unterschiede, zu den amerikanischen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt und der sehr pathetischen Art und Weise der Protagonisten fest. Aber wie die grandios angelegt und verkörperten Charaktere, deren unterschiedlichen Motive, Ambitionen und Haltung sind, ist enorm interessant zu verfolgen. Und der geneigte Zuschauer sollte schon eine Affinität zur amerikanischen Gegenwartskultur haben, um den Witz, die Arglosigkeit und die furiose Umsetzung der Sets in New York und L.A. zu verstehen und zu mögen.

Das The Morning Show, die Serie der nächsten Jahre, wird, die mit jeder neuen Staffel, neue Preise bekommen und Rekorde brechen wird, steht bereits geschrieben. The Morning Show sticht viele andere Serien mit einer enormen Wucht, Kraft und Dynamik, dass es einem Bange wird.

Die popkulturelle Relevanz ist doppelbödig und vielleicht kann dieser sogar eine gewisse Tiefe bescheinigen werden, wenn man sich erstmal nur auf die tolle an Saul Bass erinnernde Titelsequenz einlässt, die mit dem mahnenden Song „Nemesis“ von Benjamin Clementine unterlegt ist.

Clementine singt über die Göttin des gerechten Zorns, der ausgleichenden Gerechtigkeit. Die Menschen vor allem wegen Selbstüberschätzung straft. „Ich bin Deine Nemesis“ wird in der Serie, dann richtig mit „Du bekommst, was Du verdienst“ interpretiert. Anschauen, sich öffnen und komplizierte Vorgänge aus einer anderen Perspektive zu betrachten sind vielleicht die schönsten und einbringlichsten Elemente der Serie. Wenn dann endlich verstanden wurde, dass eine Serie nicht an dem Sujet zu messen ist, sondern an den Motiven der Erzählung.  

„Noch 5, 4, 3, …2, 1 und drauf“

Alan Lomax

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