Widows – Steve McQueen
Die folgende Feststellung ist eine Feststellung von mir, von heute. Also aus dem Jahr 2019! Widows ist der Einzige mir bekannte Heist-Film, in dem Frauen Dreh- und Angelpunkt der Geschichte sind. Wenn Ihnen ein Film einfällt, der diese Feststellung wiederlegt, so schreiben Sie mir bitte!
Der deutsche Verleih hatte die grandiose Idee dem Film den Subtitel „Tödliche Witwen“ zu geben. Dazu fällt mir nur der schlaue Satz von Mrs. Lomax ein: „Gut, dass sie nicht ‚Die tödlichen Witwen schlagen zurück‘ gewählt haben“. Das traurige an dieser Feststellung ist, dass das die einzige öffentliche wahrnehmende Veränderung in 40 Jahren Film- und Gleichberechtigungsgeschichte ist.
Ich habe trotzdem mal tief gewühlt. Dabei ist mir ein Robert Altmann Streifen aus dem Jahr 1977 (Drei Frauen) eingefallen. Altmann damals links, liberal und als radikaler Filmemacher eingeordnet, besticht in diesem Pre-Me-Too Film mit sensiblen Bildern, die ästhetisch ehr an Ingmar Bergman erinnern, als an eine „New Hollywood Produktion“. Männer spielen in der Geschichte eine radikale Nebenrolle. Altmann zeichnet „uns“ fast als Wesen aus einer anderen Welt.
Steve Mc Queen Filme haben auch avantgardistische Anteile! Sein Erzählmuster ist kompliziert, zeitlich häufig versetzt. Seine Kameraästhetik auch immer ehr dem europäischen Film zugeneigt, als dem amerikanischen Mainstream. Mc Queen spielt z. B. sehr gelungen mit unglaublichen Leinwandpräsenz von Viola Davis. Er seziert dabei häufig ihren Körper und ihr Gesicht, weil er weiß, dass auch die Einzelteile, der großartigen Schauspielern, mehr bleibendes haben, als das Gesamtbild so manch anderer Schauspieler. In einer sehr langen Sequenz sehen wir z. B. nur das linke Auge der Davis. Kein unnötiges Spiel, sondern eingebetet in eine grandiose suggestive Inszenierung. Und zurecht hitchcockesk in der Verliebtheit zu seiner Schauspielerin.
In Widows sind die Männer übrigens keine fremden Wesen. Sondern die üblichen Lumpen in der temporären Welt. Bestrebt an sich selbst zu denken, die Politik zu dominieren und ihre miese Existenz durch Raub, Mord und Todschlag zu manifestieren.
Dummerweise gelingt dies nicht den Partner der Protagonistinnen. Alle gehen bei einem Raubüberfall drauf! Die Witwen haben nun Schulden und sind auf sich alleine gestellt. Ein Notizbuch taucht auf. Die Damen planen einen weiteren Raubüberfall.
Filmbesprechungen sind nicht dafür da, die Handlung wiederzugeben. Daher fasse ich mich d. b. kurz, auch weil es nicht, die trotz allem spannende Geschichte ist, die diesen Streifen besonders erwähnenswert macht. Von Cast und Unterhaltungswert sowieso einmal abgesehen.
Dieser Film lässt einen mit der kleinen Hoffnung zurück, dass das Kino immer noch stärker ist als, jede gute Inszenierung für Netflix und dass es ein solcher Film relevant ist zwischen den Megablockbustern und irgendwelchen kleineren Arthouse Produktionen.
Steve McQueen beweist, dass ein gutes Erzähl- und Genrekino auch immer zwischen Kunst und uramerikanischen Kino stehen kann und muss. Wir dürfen solche Regisseure namentlich und in Bezug auf Popkultur nicht vergessen.
Selbstverständlich ist die Relevanz zu Rassismus, Gleichstellung, Politik und Gesellschaft noch immer sehr groß, aber auch wir leidenden Cineasten, die kaum noch bedient werden, müssen immer wieder eine Rekapitulation bei Genregrößen wie Michael Mann, Brian De Palma, Clint Eastwood und Abel Ferrara (mühelos um zehn weitere Namen zu erweitern und auch willkürliche Auswahl) anstoßen, damit diese großen Künstler nicht in Vergessenheit geraten.
Steve McQueen erweitert die Liste ab sofort. Denn seine Filme sind hoch emotional und getrieben davon, Vielschichtige Storys geschlossen und atemberaubend zu erzählen…
Aus dem 18 Bezirk Chicago IL
Alan Lomax