The Big Lebowski - III. Teil der Retrospektive

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  1. Mai 2019, 14:26  -  #Klassiker

The Big Lebowski - III. Teil der Retrospektive

Ausgesprochen: Lebauski.

Bekannter als: Der Dude.

Die Eröffnungssequenz, in der Gangster Jeffrey Lebowski aufsuchen und bedrohen gehört zu den komischsten und ungewöhnlichsten der Filmgeschichte: Zwei Mobster dringen in die Wohnung von dem Dude ein. Sie drohen ihm, stecken seinen Kopf in die Toilette, fragen nach Geld und einer verschwundenen Frau (die das Geld schuldet) urinieren auf seinen Teppich und verlassen die Wohnung wieder, nach dem ihnen die Verwechslung mit einem gleichnamigen Millionär aufgefallen ist. Was Lebowski auf die Frage nach dem verschwundenen Geld antwortet gehört zu den Meilenstein-Einzeilern und bringt einen noch immer zum Lachen.

Der Film der Coen Brüder erreichte sehr bald Kultstatus, was v.a. der Darstellung des kauzigen Althippies Jeffrey Lebowski, seiner Kleidung und v.a. seiner Art zu leben geschuldet ist. In der Wohnung ist nicht viel. Der Dude liegt meist auf dem Sofa, hört auf Kassetten Walgesänge, trinkt mit Vorliebe White Russians und raucht Joints.

Ende der 90'-er Jahre vermochte das, 20 Jahre nach dem Ende der Hippie Kultur, zum Ideal erhobene Bild des kiffenden Hippies einen Kult zu generieren, im Jahr 2019 funktioniert das nicht mehr. Dafür sind leben wir in einer anderen Zeit. Das ist aber nicht weiter massgeblich, denn der Charakter des Dude fasziniert auf eine andere Weise und das tut er 20 Jahre nach der Ersterscheinung immer noch und zwar aus folgendem Grund:

Der Dude ist intelligent, hat einen sehr eigenwilligen Kleidungsstil, geniesst den Müßiggang, lässt in Ruhe und will in Ruhe gelassen werden, wird er es nicht, so verliert er nicht die Fassung, sondern hält sein Gleichgewicht. Diese Essenz des von Jeff Bridges unnachahmlich  gespielten Charakters weiss auch heute noch zu überzeugen. Das spricht neben dem Kult- auch für einen Klassikerstatus.

The Big Lebowski - III. Teil der Retrospektive

Der Dude vertreibt sich die Zeit mit seinen Kumpels Walter Sobchak, verkörpert von John Goodman und Theodore Donald Kerabatsos, gespielt von Steve Buscemi, beim Bowlen. Die Coens erheben diese Freizeitbeschäftigung in ihren Bildern und Einstellungen fast schon zum Lebensinhalt, zum Fetisch. Allein für die Präsentation dieses Präzisionssports in einem Hollywoodfilm gebührt den Regisseuren Respekt. Auf diese Idee muss man erst einmal kommen!

Was in THE BIG LEBOWSKI neben der Darstellung von Bridges weiterhin den Klassiker-Status untermauert, das sind zum einen die skurrilen Einfälle der Regisseure, die Reminiszenz an das Golden Age und die präzise Beobachtung von Charakteren.

Allen voran der von John Goodman porträtierte, hochneurotische Kriegsveteranen Walter Sobchak, der im leisesten Widerstand und Widerspruch einen kriegerischen und feindlichen Akt sieht und mit Wut und Jähzorn reagiert. Diese Darstellung eines psychisch erkrankten Kriegsveteranen gelingt Goodman mit furiosem Overacting. Zu Overacting heisst es bei Wikipedia:

"Unter Overacting (englisch für "übertreiben, übertrieben spielen") versteht man in der Schauspielkunst den übertriebenen Einsatz nonverbaler Ausdrucksmittel wie Gesten und Mimik. Schlecht ausgebildete Schauspieler spielen eine Rolle meist unbeabsichtigt "übertrieben"."

John Goodman ist mitnichten ein schlechter Schauspieler, sondern weiss diese Form des Schauspiels perfekt einzusetzen. Sein enervierendes Verhalten und Querulantentum ist eines der Highlights von THE BIG LEBOWSKI und es funktioniert (zeitlose Qualität).

The Big Lebowski - III. Teil der Retrospektive

Was den Coens eigen ist, ist ihr Anarcho-Humor, der einen auch bei der x-ten Betrachtung des Films zum Lachen bringt. So bauen die beiden Regisseure in die Filmhandlung Traumsequenzen ein und verbeugen sich (oder machen sich lustig?) über das Hollywood-Musical. Diese Kreativität ist es, die die Coens von anderen Regisseuren unterscheidet. Neben der Komik beinhalten Szenen dieser Art jedoch auch eine Ästhetik, die diesen Film wieder und wieder sehenswert macht.

Die augenzwinkernde und bisweilen auch überzogene und kritische Darstellung von Charakteren ist ein weiterer Höhepunkt des Films, ob die von Juliane Moore verkörperte Feministin und die Kunstszene oder die grandiose Darstellung des "Perversen" Jesus Quintana von John Turturro (die Kleidung!).

Der Soundtrack von THE BIG LEBOWSKI hat es in sich und beweist auch den Geschmack der Coen: Bob Dylan, Dean Martin, Creedence Clearwater Revival, Wolfgang Amadeus Mozart, Elvis Costello, Henry Mancini, Townes van Zandt - ein Who's Who der Popmusik Historie. Alle Songs sind in die Rahmenhandlung perfekt eingebettet. Ein akustisches Erlebnis!

THE BIG LEBOWSKI hält seinen Status weiterhin in allen Belangen aufrecht und hat von seiner Qualität über die Jahre nichts eingebüßt. Der Humor weiss noch immer zu überzeugen, trotzdem man die Handlung kennt, schaut man sich den Film immer wieder gerne an, der Unterhaltungswert ist hoch und die diversen Einfälle und originellen Szenen überzeugen weiterhin. Das spricht für eine hohe Qualität, einen hohen Wiedererkennungswert, ein gewisser Einfluss auf die Kultur kann dem Film nicht abgesprochen werden und er geniesst weiterhin überregionale Bekanntheit, weltweit.

Klassiker.

Jeffrey Lebowski: "Ich kann Ihren Drecksnamen nicht leiden, ihr Drecksbenehmen nicht leiden, ihre Drecksfresse nicht leiden. Hab ich mich klar genug ausgedrückt?"

Der Dude: "Tut mir leid, hab grad nicht zugehört."

Mit einem White Russian Walgesänge hörend,

Rick Deckard

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